Die zwei Gesichter des Airbus Konzerns
Innerhalb des Flugzeugbauers gibt es einen lachenden und weinenden Teil. Und Augsburg steckt mittendrin
Im Flugzeugbau sind Fachkräfte gerade in Bayern heiß begehrt. Wenn es bei einem Hersteller nicht mehr in allen Bereichen rund läuft, strecken die Personalmanager eines anderen Luftfahrt-Unternehmens schnell die Fühler nach möglichen neuen Mitarbeitern aus.
So verwundert es nicht, dass der Münchner Triebwerkshersteller MTU Aero Engines am 24. Februar in dieser Zeitung eine große Anzeige geschaltet hat. Demnach sucht das Unternehmen zur Verstärkung des Teams in München Zerspanungsfachkräfte, Fluggerätemechaniker und Qualitätsprüfer. Solche Spezialisten gibt es beim Airbus-Zulieferer Premium Aerotec in Augsburg. Daher dürfte mancher Beschäftigte des Werkes mit rund 4000 Mitarbeitern die Anzeige nach den Nachrichten des Wochenendes genauer studieren. Denn bei Premium Aerotec könnten in den nächsten Jahren Arbeitsplätze wegfallen, auch wenn noch unklar ist, wie viele Stellen betroffen sind. Die kursierende Zahl von 300 bis 400 Jobs beruht auf einer reinen Hochrechnung. Es könnten auch deutlich weniger werden. Diskussionen mit den Mitarbeiter- haben erst begonnen. Die Gespräche werden sich nach Informationen unserer Zeitung über Monate hinziehen. Erst dann ergibt sich, ob bei Airbus und Töchtern wie Premium Aerotec wirklich bis zu 3600 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Damit unterscheidet sich der Fall des Flugzeugbauers elementar vom Vorgehen der SiemensSpitze in der Kraftwerkssparte. Dort war das Unternehmen zur der Gewerkschaft mit der Ankündigung vorgeprescht, Standorte komplett zu schließen.
Bei Airbus und damit Premium Aerotec sucht die Konzern-Spitze um Tom Enders dagegen zunächst die Diskussion mit Betriebsräten und Gewerkschaftern. Wenn es gut läuft, kann der Arbeitsplatzabbau deutlich geringer als jetzt befürchtet ausfallen. Deshalb halten sich Spitzen-Männer der IG Metall noch zurück und wollten am Montag gegenüber unserer Zeitung keine offiziellen Statements abgeben.
Eines ist aber klar: Der AirbusKonzern hat zwei Gesichter, ein fröhliches und ein ernstes. Das hängt mit der Nachfrage nach bestimmten Flugzeugtypen zusammen: Dabei sind die kleinen Maschinen der A320-Familie weltweit enorm begehrt – und das nicht nur unter Billigfliegern. Die Flugzeuge für 100 bis 240 Passagiere lassen sich von den Airlines kostengünstig betreiben. Gerade der neue A320 ist ein Kassenschlager. Bei dem NeoModell kann Airbus mit leistungsstarken Triebwerken punkten.
Die Kunden reißen dem europäischen Hersteller die kleinen Flugzeuge aus den Händen. So müssen die Maschinen immer schneller provertretern duziert werden. Inzwischen werden 50 pro Monat hergestellt. Das ist der größte Teil des fröhlichen AirbusGesichts. Der andere geht auf das stark gefragte Airbus-Langstreckenflugzeug A350 zurück, das in der Standard-Dreiklassenversion 325 bis 366 Menschen Platz bietet.
Für beide bestens laufenden Flugzeugtypen werden wichtige Bauteile in Augsburg produziert. Dass aber an dem Standort überhaupt Arbeitsplätze auf der Kippe stehen, hängt mit zwei anderen Fliegern – den großen Sorgenkindern des Airbus-Konzerns – zusammen. Da ist zum einen das militärische Transportflugzeug A400M, das Enders sicher mehr als eine schlaflose Nacht gekostet hat. Der in Deutschland als Nachfolger für die Transall gedachte Flieger wurde zum Pannen-Flugzeug. Auch wenn Airbus die immer wieder auftretenden technischen Probleme besser in den Griff bekommen hat, stellt das A400M-Progranm für den Konzern eine extreme finanzielle Belastung dar. Weil in den kommenden Jahren die Produktionsrate auf nur noch acht pro Jahr zurückgehen soll, gibt es auch für die Beschäftigten in Augsburg in dieser Sparte weniger Arbeit. Gleiches gilt für den RiesenVerärgerung Airbus A380, in den Airlines 379 bis 615 Passagiere packen. Für die zweistöckige Maschine hatte der Flugzeughersteller einen erheblich höheren Bedarf vorhergesagt. Doch wenn die Scheichs von Emirates nicht noch einmal nachbestellt hätten, wäre die Gefahr groß gewesen, dass die Modellreihe langfristig wegen Käuferstreiks sogar eingestellt wird. Nun sollen nur noch sechs Airbus A380 pro Jahr (!) gefertigt werden. Das trifft Augsburg ähnlich wie die rückläufigen Produktionszahlen beim A400M hart. Denn für beide Flugzeugtypen werden an dem Standort in hohem Maße Bauteile hergestellt. Und hinter den Kulissen heißt es, die starke Nachfrage nach kleinen Flugzeugen könne die Probleme beim A380 und A400M nicht ganz ausgleichen. So sind Arbeitsplätze aus Sicht des Unternehmens tendenziell gefährdet.
Es sei denn, Airbus und Premium Aerotec gelingt es, zusätzliche Arbeitspakete, die an andere Zulieferer vergeben wurden, wieder nach Augsburg zu holen. Das könnte den Druck, Stellen zu streichen, mindern. Vielleicht erliegt auch der ein oder andere Beschäftigte den Lockrufen von MTU. Dann müsste Premium weniger Jobs abbauen.