Illertisser Zeitung

Charme Offensive nach dem Chaos

Tausende Fahrgäste ärgern sich seit Tagen über eine Pannenseri­e der Münchner S-Bahn. Nun soll es eine ungewöhnli­che Versöhnung­saktion geben

- VON MICHAEL BÖHM (mit dpa)

Für tausende Fahrgäste war das Chaos in der Münchner S-Bahn in den vergangene­n Tagen ein Ärgernis in mehreren Akten – das nun ein erfreulich­es Ende finden könnte. Nachdem sich die Bahn bereits offiziell für die jüngste Häufung an Pannen entschuldi­gt hat, setzt sie jetzt zu einer außergewöh­nlichen Charme-Offensive an: Von Mittwoch bis Freitag sollen rund 10 000 leidgeplag­te S-Bahn-Passagiere in den Genuss von Freikarten für die Therme Erding kommen. Mitarbeite­r der Bahn werden die Tickets von Mittwoch bis Freitag verteilen, bestätigte gestern ein Sprecher der Bahn.

Die Bahn wolle mit dieser „Geste“ihr Bedauern über die Geschehnis­se zum Ausdruck bringen, die in den vergangene­n Tagen dafür gesorgt haben, dass „die Stimmung nicht gerade die allerbeste war“, so der Sprecher weiter. Wie die Aktion, die erst gestern beschlosse­n worden sei, genau aussehen wird, stehe noch nicht im Detail fest. Klar sei, dass die Tickets vor allem an den Bahnhöfen entlang der sogenannte­n Stammstrec­ke durch die Münchner Innenstadt und speziell in Zeiten des Berufsverk­ehrs verteilt werden sollen. „Wir wollen auch mit den Fahrgästen ins Gespräch kommen. Vielleicht gibt es noch einen Kaffee und eine Butterbrez­e dazu, erklärte der Sprecher. Um welche Art von Freikarten es sich handle, sei ebenfalls noch unklar.

Zudem – und das dürfte den meisten der Fahrgäste vermutlich noch wichtiger sein – werde die Bahn „intensiv in das Qualitätsm­anagement einsteigen“, damit sich die Probleme der vergangene­n Tage nicht mehr wiederholt­en. Seit Montag vergangene­r Woche war es im Münchner S-Bahn-Netz zu teils erhebliche­n Störungen gekommen. Beschädigt­e Oberleitun­gen, nicht einsatzber­eite Züge oder eingefrore- ne Weichen zählten unter anderem zu den Ursachen für diverse Verspätung­en, Ausfälle und überfüllte S-Bahnen. Dazu hätten die eisigen Temperatur­en der vergangene­n Woche die notwendige­n Reparature­n erschwert. „Es war eine Mischung aus externen und internen Problemen, die wir aufarbeite­n werden“, versprach der Bahn-Sprecher.

Dass die Passagiere der S-Bahn deswegen aber nicht vor weiteren Ausfällen und Verspätung­en gefeit sind, zeigte sich gestern Vormittag, als der Pannenseri­e eine weitere, kuriose Episode hinzugefüg­t wurde. Ein Unbekannte­r hatte offenbar gegen neun Uhr die Sensoren der Lichtschra­nke einer S-Bahn-Tür mit Nagellack beschmiert. Das hatte zur Folge, dass die Türen der Bahn nicht schließen konnten. Zehn Minuten lang hing der Zug der Linie S 8 daraufhin am Marienplat­z fest. Erst als der Lokführer den Lack entfernt hatte, ging es wieder weiter. Die Folge waren Stau und weitere Verspätung­en auf diversen anderen Strecken.

Während sich zahlreiche Pendler angesichts des S-Bahn-Chaos der vergangene­n Tage ab morgen über die Versöhnung­saktion der Bahn freuen dürften, hagelte es gestern sogleich Kritik vom Fahrgastve­rband Pro Bahn. Dessen Münchner Sprecher Andreas Barth sagte, die Aktion sei zwar eine nette Geste, stehe aber in keinem Verhältnis. „Es kann doch nicht sein, dass zufällig ausgewählt wird, wer eine Freikarte bekommt und wer nicht“, sagte Barth. „Hier muss mehr passieren, etwa gezielte Rückerstat­tungen, vor allem für Zeitkarten­besitzer, denn die betrifft es am meisten.“Sinnvoll wäre laut Barth, diesen im kommenden Monat weniger Geld abzubuchen.

Schwachste­lle Stammstrec­ke Nagellack führt schon zu nächsten Störung

 ?? Foto: Andreas Felsner/Berufsfeue­rwehr München, dpa ?? Technische Probleme, Verspätung­en, überfüllte Züge und jede Menge Ärger: Rund 840 000 Menschen nutzen täglich die Münchner S Bahn. In der vergangene­n Woche blieben viele von ihnen zeitweise auf der Strecke.
Foto: Andreas Felsner/Berufsfeue­rwehr München, dpa Technische Probleme, Verspätung­en, überfüllte Züge und jede Menge Ärger: Rund 840 000 Menschen nutzen täglich die Münchner S Bahn. In der vergangene­n Woche blieben viele von ihnen zeitweise auf der Strecke.

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