Schlagabtausch der Jahrhundertfrauen
Die Gruppe „Spielplatz Bühne“zeigt Thea Dorns Stück „MarLeni“. Es geht um die verhängnisvolle Begegnung von Marlene Dietrich und Leni Riefenstahl
Was scheut eine alt gewordene Diva mehr als das Licht, weil es unbarmherzig den Verfall der einstigen Schönheit Preis gibt? Marlene Dietrich, die Antifaschistin von einst, die dem Nazi-Regime den Rücken kehrte, vegetiert in ihrem Pariser Apartment vor sich hin, und trifft auf Leni Riefenstahl, der man nachsagt, mit den damaligen Machthabern paktiert zu haben. Thea Dorns Bühnenerstling zeigt die fiktive Begegnung zweier Frauen, wie sie gegensätzlicher kaum sein könnten. Die Vöhringer Gruppe „Spielpatz Bühne“hat das Stück „MarLeni“auf den Spielplan gesetzt und den Titel ergänzt durch „Preußische Diven blond wie Stahl“. Ein durchaus schwieriges Unterfangen für ein Amateurtheater, das aber, dank einer gut geführten Dialogregie durch Günther Habisreitinger, gelingt.
Recht unkonventionell betritt Leni Riefenstahl (Tanja Hörmann) die Szene. Glas splittert, begleitet von ungewohntem Gepolter. Die rüstige Kamerafrau und Fotografin erklimmt den Balkon, wenn auch ergraut, so sprüht sie doch noch vor Tatendrang. 50 Jahre lang hat man sie nicht an eine Kamera gelassen, jetzt will sie ein letztes Projekt umsetzen. Aber dafür muss sie Marlene Dietrich (Edith Habisreitinger) gewinnen. Die lebt verwahrlost in ihrer Wohnung, zugestellt mit Umzugskartons, einem kleinen ZweiPlatten-Kocher am Bett und den flüssigen Tröster Whiskey in Reichweite.
Die Begrüßung lässt schon ahnen, was folgt. „Nazinutte“schnarrt Marlene, „Amihure“schnoddert Leni zurück. Es beginnt eine verbale Auseinandersetzung der „Jahrhundertfrauen“, die die Vergangenheit in die Gegenwart holt. Die Stimmungen zwischen den beiden Frauen wechseln so schnell wie das Wetter, die Themen auch. Es fallen bitterböse Sätze, sie schlagen Kerben in die ohnehin zerfurchten Herzen. Beide geben sich bissig, sie rechnen gegenseitig mit sich ab, lassen keine verletzenden Bemerkungen aus, ein Duo der Boshaftigkeiten. Und immer wieder beklagt Leni die gegen sie gerichteten Anschuldigungen, sich an die damaligen Machthaber heran geschleimt zu haben.
Doch die Fassade Marlenes, die zunächst das Filmprojekt kategorisch ablehnt, beginnt zu bröckeln. Sie kramt eine weiße Perücke aus ihrem Kleiderschrank und macht sich kamerafein. Die Animositäten der beiden Frauen schwinden dahin. Übrig bleiben zwei arme Gestalten, die in der Vergangenheit leben und die von der Gegenwart vergessen wurden.
Tanja Hörmann bleibt in ihrer Rolle als Leni Riefenstahl gleichbleibend androgyn. Sie bittet, bettelt, weint, um Marlene für ihr Projekt zu begeistern, bleibt aber dabei das Energiebündel, das mit allen Tricks arbeitet, um Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Edith Habisreitinger versucht erst gar nicht, sich äußerlich der Diva Marlene Dietrich anzupassen. Dafür spielt sie überzeugend deren Attitüden, wie sie sich diese vorstellt: Augenaufschlag, das Zupfen am verschlissenen Nachtgewand, das Spielen mit einem Kuscheltier und Aufzählen ihrer zahlreichen Liebhaber, deren Bilder das Zimmer schmücken. Und so ganz en passant streut sie ihre boshaften Bemerkungen in jede Szene. Habisreitinger hat schlicht die dankbarere Rolle und lässt darin ihre Facetten leuchten. Die Abrechnung beider Frauen endet schwesterlich im Bett, in dem Marlene ihr Leben sang- und klanglos aushaucht, während Leni plötzlich hilflos und zerbrechlich wirkt. Beifall für eine stimmige Inszenierung und vor allem für die beiden Darstellerinnen, deren Textvolumen beeindruckend ist.
Die Abrechnung der beiden Frauen endet im Bett