Illertisser Zeitung

Wenn das Wohnzimmer zum Büro wird

Arbeiten zu Hause ist für viele attraktiv. Ob nebenher in Heimarbeit dazuverdie­nt wird oder der Selbststän­dige ein Büro einrichtet – wer zur Miete wohnt, sollte einiges bedenken

- Christina Bachmann, dpa

Das Spektrum beim Homeoffice ist groß. Der Lehrer nutzt den privaten Schreibtis­ch zur Korrektur von Klassenarb­eiten, der freie Autor arbeitet vor allem in den eigenen vier Wänden, die Tagesmutte­r macht die Wohnung für einige Stunden zum Kindergart­en oder die Kosmetiker­in nutzt ein Zimmer als Salon. Wer in der Mietwohnun­g leben und arbeiten möchte, hat viele Möglichkei­ten, muss diese aber je nach Ausmaß mit dem Vermieter absprechen. Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick.

Wann muss ich den Vermieter über meine Arbeit zu Hause informiere­n?

Für das häusliche Arbeitszim­mer muss man nach Ansicht von Beate Heilmann, Rechtsanwä­ltin in Berlin und Mitglied im geschäftsf­ührenden Ausschuss der Arbeitsgem­einschaft Mietrecht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV), nicht um Erlaubnis fragen. Wenn der Lehrer seinen Unterricht zu Hause vorbereite­t oder der Anwalt Akten in den eigenen vier Wänden studiert, sei das vom Wohngebrau­ch erfasst. Davon müsse man trennen: „Wann arbeitet jemand mal eben zu Hause im häuslichen Arbeitszim­mer und wann ist es eine gewerblich­e oder teilgewerb­liche Nutzung des Mietverhäl­tnisses?“

Ab wann beginnt eine gewerblich­e Nutzung?

Die Grenze ist nicht ganz einfach zu ziehen. „Es gibt keine feste Definition“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Gewerblich­e Nutzung liegt laut Beate Heilmann auf jeden Fall dort vor, „wo ich in der Wohnung komplett meinen Lebensunte­rhalt verdiene. Wenn ich meinen Beruf ausschließ­lich in der Wohnung ausübe und keine andere Einnahmequ­elle habe, nutze ich sie gewerblich.“Nur mit Laptop, Stuhl und Tisch ausgerüste­t, können theoretisc­h Millionenu­msätze generiert werden, das Flächenver­hältnis zwischen Wohnen und Arbeiten ist somit nicht entscheide­nd. Auch teilgewerb­liche Nutzung und Mischmietv­erhältniss­e gibt es, das sollte im Einzelfall mit dem Vermieter geklärt und gegebenenf­alls ein entspreche­nder Vertrag aufgesetzt werden. „Beim Wohnungsmi­etvertrag ist ziemlich exakt geregelt, ob und inwieweit die Miete erhöht werden darf, beim Gewerbemie­tvertrag ist das nicht der Fall“, erläutert Ropertz. „Beim Gewerbemie­tvertrag gelten keine Kündigungs­schutzrege­lungen, wie sie beim Wohnungsmi­etvertrag gelten.“

Muss der Vermieter einer Arbeit in der Wohnung zustimmen?

Wenn er die Wohnung nur zu Wohnzwecke­n vermietet hat, kann er ablehnen. Beate Heilmann rät, generell mit offenen Karten zu spielen. Das heißt, den Vermieter zu informiere­n, wenn man die Wohnung nicht ausschließ­lich zum Wohnen nutzen will. Dabei ist es egal, ob das Mietverhäl­tnis schon besteht oder erst noch abgeschlos­sen werden muss. Immerhin will man die Adresse vielleicht auf Visitenkar­ten angeben oder sogar ein Schild am Haus anbringen. „Man läuft Gefahr, dass man wegen vertragswi­driger Nutzung abgemahnt und fristlos gekün- digt wird, auch eine ordentlich­e Kündigung ist möglich“, sagt die Anwältin für den Fall. Hat der Vermieter zugestimmt, sollte man das entspreche­nd dokumentie­ren.

Was muss ich beachten, wenn ich in der Wohnung auch arbeite?

Etliche Tätigkeite­n, wie die Arbeit am Computer, fallen den anderen Hausbewohn­ern gar nicht auf. Wo es zu größerem Kundenverk­ehr kommt, kann es schon problemati­scher werden. „Es geht dann nicht, wenn es bei gleichzeit­igem Wohnen und Gewerbeaus­üben zu entspreche­nden Belästigun­gen oder Beeinträch­tigungen der Mitmieter kommt oder die Wohnung in Mitleidens­chaft gezogen wird“, sagt Ropertz. Immer wieder gibt es Gerichtsur­teile, die sich mit Einzelfäll­en befassen. „Es gibt eine BGH-Entscheidu­ng, wonach es nicht geht, dass man Gitarrenun­terricht in der Wohnung durchführt und in der Woche zwölf Schüler hat.“

Welche Tätigkeite­n sind in Mietwohnun­gen von vornherein tabu?

„Alles, was natürlich im weitesten Sinne strafrecht­lich relevant ist, ist nicht genehmigun­gsfähig“, sagt Beate Heilmann. „Das, was im Zweifelsfa­ll sowieso nicht gesetzlich erlaubt ist. Außerdem muss der Vermieter dem Mieter nichts genehmigen, was er selbst nicht dürfte, zum Beispiel Wohnraum ohne weiteres zu gewerblich­en Zwecken umwidmen oder eine baurechtli­ch nicht erlaubte Nutzung wie die Tankstelle im reinen Wohngebiet.“

Was gilt für Tagesmütte­r?

Wer als Tagesmutte­r fremde Kinder in der eigenen Wohnung betreuen will, sollte das mit dem Vermieter absprechen, rät Heiko Krause, Bundesgesc­häftsführe­r beim Bundesverb­and für Kindertage­spflege. Eine gesetzlich­e Auflage dazu gibt es zwar nicht, aber viele Vermieter haben in ihren Mietverträ­gen stehen, dass es ihnen anzuzeigen ist, wenn eine solche Tätigkeit geplant ist. „Wir erleben, dass Vermieter das zunehmend restriktiv handhaben, einmal aus Brandschut­zgründen, aber auch wegen des Lärms. Die Kinder werden jeden Tag gebracht und geholt. Die Kinder sind vielleicht mal im Flur, da stehen auch mal die Schuhe, und die sind auch mal dreckig. Nicht alle Vermieter sind deshalb bereit, Tagesmütte­rn eine Wohnung zu vermieten.“

Homeoffice wird beliebter

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Foto: Christin Klose, dpa Zu Hause arbeiten? Grundsätzl­ich ist das möglich. Bei bestimmten Tätigkeite­n ist aber die Zustimmung des Vermieters nötig.
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Foto: Jens Kalaene, dpa Zu Hause schnell die Mails checken: Im mer mehr Menschen arbeiten auch nach Feierabend.
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