Warum Gribl Seehofer einen Korb gab
Augsburgs OB sollte Staatssekretär in Berlin werden. Er entschied sich für die Heimat
Anfang des Jahres war Kurt Gribl thematisch ganz in seinem Element. Der Augsburger Oberbürgermeister führte für die CSU in Berlin die GroKo-Verhandlungen zum Wohnen und Mieten. Es war einer der wichtigsten Punkte auf der Agenda der Großen Koalition. Und es ist ein Thema, mit dem sich Gribl besonders gut auskennt. Der 53-Jährige ist Baujurist und als OB ständig mit praktischen Fragen konfrontiert, die den Mangel an bezahlbarem Wohnraum betreffen.
Dem Vernehmen nach hat Gribl seine Sache bei den Koalitionsverhandlungen so gut gemacht, dass er nicht nur der Bundeskanzlerin aufgefallen ist. Auch seinem langjährigen Förderer Horst Seehofer hat sich der Augsburger damit spätestens jetzt für höhere Aufgaben empfohlen. Der CSU-Chef und neue Bundesminister für Inneres, Bau und Heimat wollte Kurt Gribl nach Informationen unserer Zeitung aus CSU-Kreisen als beamteten Staatssekretär in seinem Ministerium haben. Und er hat dies Gribl Ende vergangener Woche auch unmissverständlich am Telefon mitgeteilt. Doch Gribl lehnte dankend ab.
Von ihm selbst ist dazu wenig zu hören. Nur ein Satz: „Ich habe mich für die Heimat entschieden.“Wer aber in den vergangenen Wochen und Monaten genau hingehört hatte, konnte Gribls Entscheidung für Augsburg wohl schon vorhersehen. Gribl betonte immer wieder, dass er bis zum Ende seiner Amtsperiode am 30. April 2020 OB bleiben will. Er weiß, dass er in Berlin ohne Bundestagsmandat anderen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert wäre. Was würde zum Beispiel aus ihm, sollte Seehofer doch nicht die volle Amtszeit Minister bleiben? Zudem hat Gribl in Augsburg Jahrhundertprojekte angestoßen. Zum Beispiel den Umbau des Hauptbahnhofs und die Sanierung des Theaters. Ganz offensichtlich will er dabei sein, wenn sie Realität werden. Wahrscheinlich ist im Moment, dass Gribl 2020 noch für eine dritte Amtszeit in Augsburg kandidiert. Sollte nicht im Herbst nach der Landtagswahl ein Angebot aus München kommen, das er nicht ablehnen kann.
Immer wieder wurde der Augsburger OB, der als parteiloser Quereinsteiger begann und inzwischen bayerischer Städtetags-Chef und CSU-Vize ist, für ein Ministeramt in der bayerischen Staatsregierung gehandelt. Dass er bei der gestrigen Kabinettsumbildung nicht dabei war, hat noch nichts zu bedeuten. Je nachdem, wie das Wahlergebnis der CSU im Oktober ausfällt, kann die Lage schon wieder anders sein.