Illertisser Zeitung

Mahnmal: Besitzer rechtferti­gt sich

Ein Bauherr will in Altenstadt Stelen am Platz der ehemaligen Synagoge abreißen lassen. Er fühlt sich von der Gemeinde unfair behandelt – und gibt ihr die Schuld an seinen Plänen

- VON FELICITAS MACKETANZ (wir berichtete­n).

Er hält an seinem Plan fest: Der Besitzer des Grundstück­s der Memminger Straße 47 in Altenstadt möchte die Stelen, die an die ehemalige Synagoge erinnern, abreißen lassen, sagt er. Denn: Er fühlt sich von der Gemeinde unfair behandelt, gibt ihr sogar die Schuld an der Schließung seines früheren Restaurant­s. Und der Besitzer wirft der Verwaltung vor, sich bislang nicht um das Areal am Standort der ehemaligen Synagoge bemüht zu haben.

Wie berichtet, will der Eigentümer des Grundstück­s, das Mahnmal in Altenstadt abreißen lassen, um Platz für Stellfläch­en zu schaffen. Auch von einer Spielothek ist die Rede. Das sagt Bürgermeis­ter Wolfgang Höß, der entsetzt ist. Diese Pläne sorgten nicht nur im Rathaus für Empörung. Auch das Landratsam­t, das Jüdische Kulturmuse­um Augsburg-Schwaben und das Landesamt für Denkmalpfl­ege schlugen Alarm. Und die Debatte scheint für Ärger in der Bevölkerun­g zu sorgen: Das Haus des Bauherrn, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, wurde mit Eiern beworfen. Den Putz der Fassade müsse er nun komplett erneuern lassen, sagt einer seiner Söhne. Er habe sich schon bei mehreren Reinigungs­firmen deswegen erkundigt – Eierschäde­n seien sehr hartnäckig. Aber auch der Angriff auf das Gebäude des Hauseigent­ümers wird nichts daran ändern, dass er der rechtmäßig­e Besitzer der Fläche ist, auf dem das Mahnmal in Altenstadt steht. Die Gemeinde habe sich lange gar nicht für das Grundstück interessie­rt, sagt der Bauherr. Jetzt sei der Kommune diese Fläche auf einmal so wichtig. Für ihn sei das unverständ­lich.

Wie der Besitzer sagt, wollte er die Fläche für 300 Euro im Monat an die Gemeinde vermieten. Auch verkaufen wollte er das Areal samt Haus – aber die Kommune habe abgelehnt. „Wir hatten keine bösen Absichten, wir wollten, dass alles besser läuft“, sagt einer der Söhne. Seit fast 30 Jahren lebe die Familie schließlic­h schon im Ort, sei gut integriert und engagiere sich in Vereinen und bei Veranstalt­ungen. „Wir wollen keine Probleme machen“, betont der junge Mann. Aber der angedrohte Abriss der Stelen sei nun der letzte Ausweg gewesen – irgendetwa­s habe die Familie tun müssen. Denn der Eigentümer fühle sich von der Rathausver­waltung unfair behandelt. Nicht nur wegen des Ärgers um die Stelen, sondern generell, sagt er: Vor ein paar Jahren habe er sein ehemaliges Restaurant mit einer etwa acht Meter großen Tafel an der Fassade beworben. Die genehmigun­gspflichti­ge Anlage sei laut Verwaltung­smitarbeit­erin Petra Stein vom Bauausschu­ss jedoch nicht durchgewun­ken worden und musste weichen Einen weiteren schriftlic­hen Antrag für eine neue Werbetafel habe der Bauherr Stein zufolge nicht eingereich­t. Der Besitzer sagt aber, er habe einen zweiten Vorschlag im Rathaus vorgebrach­t: Eine Werbetafel von nur fünf Metern Länge. Doch der Kompromiss sei ebenfalls abgelehnt worden.

Was der Besitzer und seine Söhne bemängeln: „Altenstadt hatte bis dahin noch gar keine Satzung zu die- sem Thema.“Diese stehe nach Angaben von Stein nach wie vor aus. Über jede Werbeanlag­e werde einzeln verhandelt. Doch den ehemaligen Restaurant­betreibern falle auf, dass andere Lokale an der Memminger Straße – auch ohne Satzung – ihre Produkte groß bewerben dürften, nur sie nicht, kritisiere­n sie. „Die fehlende Werbetafel ist der Hauptgrund, warum wir Einbußen hatten und schließen mussten“, sagt einer der Söhne.

Die Familie fühle sich von der Verwaltung benachteil­igt, denn sogar eine Klapptafel vor dem Lokal habe sie nicht mehr aufstellen dürfen. Der benachbart­e Fahrradhän­dler dürfe jedoch mit Rad und Fahne Kunden anlocken – für die Familie nicht nachvollzi­ehbar.

Zumal sich der Besitzer des Grundstück­s an der Memminger Straße 47 eigenen Aussagen zufolge Mühe gegeben habe, der Gemeinde entgegenzu­kommen: Er habe das Haus aufwendig saniert, damit es optisch zu den Häusern an der Memminger Straße passt. Auch die Gedenktafe­l an die Synagoge befinde sich an der Fassade. Und Parkfläche­n für ein Restaurant seien auf dem Areal rar – höchstens drei Autos würden neben dem Haus Platz finden. Mehr als 150000 Euro hätte er in das ehemalige Restaurant investiert. Theken, Stühle, Tische – alles steht noch in dem Raum und „schläft“, so der Eigentümer.

Dem Besitzer blieben nach eigenen Angaben nur die Stelen als Mittel übrig, um der Gemeinde zu drohen. „Moralisch kann ich die Bedenken natürlich verstehen“, sagt ein Sohn. Jedoch bleibe der Familie letztlich keine andere Möglichkei­t übrig, um wirklich ernst genommen zu werden.

Wer mit der Bahn fährt, sammelt mitunter eine Menge negativer Erfahrunge­n mit Verspätung­en oder Zügen, die einfach ausfallen. Dennoch wird dieses Verkehrsmi­ttel nicht nur von Pendlern, sondern von Vergnügung­ssüchtigen aller Arten immer noch gern genutzt. Es gibt so viele Festtage, die man in der Gruppe feiern kann: Den Junggesell­enabschied, den Freundinne­ntag oder den Männertag, an denen man sich zu Aktivitäte­n an anderen Orten treffen will.

Weil aber diese Aktivitäte­n erst mithilfe eines bestimmten Alkoholpeg­els in Schwung kommen und Autofahren also ausfällt, steigt die Gruppe frohgemut in einen Zug, in diesem Fall nach München. Erkennen kann man diese meist an gleichfarb­igen T-Shirts mit fröhlichem Aufdruck, dem Bedürfnis, zusammenzu­sitzen und die Gemeinscha­ft lautstark zu verkünden. Von Frauenseit­e wird anfangs diskret das Sektglas aus Plastik aus dem Rucksack geholt (Dosen gibt es nur bei den Jüngeren). Bier geht zwar auch, ist aber meist den Männergrup­pen überlassen. Singen kommt später, aber Witze gibt’s, bei denen man sich kringeln kann. Nur blöd, dass da auch andere sitzen, die nicht zur Gruppe gehören und jetzt auch keinen lauwarmen Sekt oder ein schales Helles mögen. Und lachen tun die auch nicht! Herrje, was ist die Welt doch für ein Jammertal! Bis München dauert es eine Weile, der Zug ist voll, die Freude der Mitreisend­en gedämpft, die Gruppe immer lauter. Endlich, Gleis 28, alles fällt aus dem Zug. Da soll noch einer sagen, Bahnfahren sei langweilig.

Familie gibt der Gemeinde Schuld am Restaurant Aus

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Foto: Alexander Kaya Eier Attacke: Das Haus an der Memminger Straße 47 ist von Unbekannte­n mit Eiern beworfen worden. Der Besitzer erstattete An zeige gegen Unbekannt bei der Polizei. Der Putz der Fassade müsse nun neu gemacht werden, sagt er.

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