Nuxit: Wie geht es weiter?
Der Antrag soll jetzt zügig verschickt werden – dann ist Geduld gefragt. Die Initiatoren für ein Bürgerbegehren machen weiter mobil
Nach der Entscheidung ist vor der Entscheidung: Der Stadtrat Neu-Ulm hat sich mit klarer Mehrheit für den Nuxit ausgesprochen, doch nun liegt der Ball bei der Staatsregierung. Dass jetzt Ruhe einkehrt in die Diskussion um die Kreisfreiheit, ist aber nicht zu erwarten. Denn es gibt noch viele Unwägbarkeiten. Und eine Initiative, die weiter für ein Bürgerbegehren kämpft.
Der Antrag auf Kreisfreiheit wird derzeit von verschiedenen Abteilungen im Rathaus erarbeitet. „Wir versuchen, ihn alsbald rauszuschicken“, sagte Pressesprecherin Sandra Lützel. „Dann wird die Staatsregierung das Ganze prüfen.“Wie lange das dauert, ist unklar. Im zuständigen Innenministerium gibt es niemanden, der Erfahrung mit dem Thema hätte: Dass eine bayerische Stadt ihren Landkreis verlässt, gab es noch nie. Wenn die Regierung grünes Licht gibt, muss noch der Landtag zustimmen. Angepeilt ist, dass der Nuxit zum 1. Mai 2020 vollzogen wird. Denn in zwei Jahren sind Kommunalwahlen. Würde Neu-Ulm vorher für kreisfrei erklärt werden, müsste der Kreistag neu gewählt werden, da die Stadt nicht mehr Teil des Kreises wäre und somit die Neu-Ulmer Räte ausscheiden würden. Fallen die Termine zusammen, erübrigt sich eine zusätzliche Wahl.
Doch diese Pläne will die Initiative „Nuxit – so geht’s net“durchkreuzen. „Wir machen selbstverständlich weiter“, sagte der Sprecher der Interessengemeinschaft, Klaus Rederer. 1800 Unterschriften für ein Bürgerbegehren haben die Initiatoren bereits gesammelt, etwa 900 fehlen noch. „Da sind wir in ein paar Wochen durch“, glaubt Rede- rer. Dass der Stadtrat über den Nuxit entschieden hat, obwohl die Vorbereitungen für ein Bürgerbegehren bereits liefen, ist für den Grünen eine Sauerei – und eine Missachtung der bayerischen Verfassung und der Bürger: „Der Stadtrat sagt: Ihr könnt uns den Buckel runterrutschen“, so Rederer. „Das ist ein ganz dickes Ding.“Die Initiative werde sich wegen dieser Vorgehensweise an die Staatsregierung und den Landtag wenden. Die Unterschriften sollen weiter mit den bestehenden Listen gesammelt werden, auch wenn die Formulierung darauf durch den Stadtratsbeschluss teilweise überholt ist. Erst wenn der Antrag auf ein Bürgerbegehren eingereicht wird, soll die bisherige Fragestellung geändert werden. „Wir werden eine Formulierung wählen, dass die Stadt Neu-Ulm den Antrag zurückziehen soll“, erläuterte Rederer. Dabei werde sich die Initiative rechtlich beraten lassen. „Das Spiel ist noch nicht vorbei.“
Ein erfolgreicher Bürgerentscheid könnte den Beschluss des Stadtrats kippen. Dazu müsste es eine Mehrheit geben, und diese müsste mindestens 15 Prozent der Stimmberechtigten betragen. Das wären in Neu-Ulm derzeit etwa 6500. Bevor es soweit kommt, muss allerdings der Stadtrat die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens feststellen. Und hier könnte es heikel werden. Denn laut Anton Bullinger, dem Leiter des Fachbereichs Personal, Organisation und Bürgerdienste, ist rechtlich nicht abschließend geklärt, ob ein Bürgerentscheid über die Kreisfreiheit einer Stadt überhaupt zulässig ist. Schließlich handle es sich bei der „Auskreisung“um einen staatsorganisatorischen Akt. Ein Bürgerentscheid kann nur über Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises einer Gemeinde beantragt werden.
Doch auch wenn die Initiative scheitert, ist noch nicht sicher, dass der Nuxit kommt. Denn es handelt sich um eine Ermessensentscheidung des Freistaats. Ein Rechtsanspruch auf Kreisfreiheit besteht nicht, selbst wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Nuxit-Gegner mutmaßen, dass die Staatsregierung keinen Präzedenzfall schaffen will, damit nicht weitere Städte auf die Idee kommen, ihre Landkreise zu verlassen. Genannt werden beispielsweise Freising und Dachau. Freising hat 2017 die Marke von 50 000 Einwohnern überschritten, Dachau liegt noch etwas darunter. Damit sind die beiden Städte aber deutlich kleiner als Neu-Ulm.