Illertisser Zeitung

Hat der israelisch­e Geheimdien­st ihren Vater getötet?

Vor 55 Jahren verschwand der Raketen-Experte Heinz Krug unter rätselhaft­en Umständen in München. Sein Schicksal überschatt­et das Leben seiner Kinder bis heute. Nun glaubt ein renommiert­er Enthüllung­sjournalis­t, den Fall gelöst zu haben

- VON PHILIPP SCHRÖDERS Haaretz.

Beate Soller saß gerade mit ihren Kindern beim Abendbrot, als die Männer in den dunklen Anzügen hereinkame­n. „Die Herren sind vom Bundesnach­richtendie­nst“, sagte Sollers Ehemann, der dem unangekünd­igten Besuch die Tür geöffnet hatte. Er zeigte auf die Ausweise, die die beiden in den Händen hielten. „Wir sind hier, um Sie zu warnen“, erklärten die zwei Agenten des deutschen Geheimdien­stes. „Wovor?“, fragte Soller. „Sie stechen mit Ihren Nachforsch­ungen in ein Wespennest. Denken Sie daran, Sie haben Familie und Kinder. Es ist in Ihrem eigenen Interesse und auch in dem Ihres Bruders, wenn Sie die Finger von dem Fall lassen.“

Dieser Besuch liegt schon ein paar Jahrzehnte zurück. Es sollte nicht das einzige Zusammentr­effen mit Geheimagen­ten bleiben, erzählt Beate Soller. Sie sitzt am Esstisch in ihrer Wohnung in Ried. Der Mann der 70-Jährigen ist vor einigen Jahren gestorben. Soller wohnt inzwischen mit ihren erwachsene­n Kindern in einem Mehrfamili­enhaus in der 3000-Einwohner-Gemeinde im Süden des Landkreise­s AichachFri­edberg. „Der BND wollte damals nicht, dass wir das Buch veröffentl­ichen“, sagt Soller. Sie wirkt deutlich jünger, als sie ist. Sollers feuerrote Haare fallen ihr in die Stirn. Ihre Fingernäge­l sind in einem

2016 kam dann noch einmal Fahrt in den Fall Heinz Krug. Plötzlich standen Journalist­en vor der Tür von Beate Soller. Zeitungen berichtete­n weltweit. Ursache für den Aufruhr war ein Artikel in der israelisch­en Tageszeitu­ng Demnach soll es der ehemalige SSOberstur­mbannführe­r Otto Skorzeny gewesen sein, der Heinz Krug in München erschoss, gemeinsam mit Helfern den Leichnam mit Säure überschütt­ete und diesen in einem Wald vergrub. „Das war sehr erschütter­nd“, sagt Soller. Angeblich hatte der Mossad den Nazi-Schergen zuvor angeworben.

Soller hielt diese Version nie für überzeugen­d. Sie glaubt, ihren Vater ein Jahr nach seinem Verschwind­en noch einmal in einem Park gesehen zu haben. Bevor sie ihn ansprechen konnte, wurde er von einem anderen Mann in ein Gebüsch gezerrt und verschwand. Inzwischen schließt Beate Soller nicht mehr aus, dass sie damals einem Doppelgäng­er begegnete. Das würde zu dem Enthüllung­sbuch „Der Schattenkr­ieg“über geheime Tötungskom­mandos passen, das Anfang des Jahres erschienen ist. Hier ist von einem solchen Doppelgäng­er die Rede.

Der israelisch­e Investigat­ivjournali­st Ronen Bergman, 45, der an der berühmten britischen Universitä­t Cambridge mit einer Arbeit über die Geschichte des Mossad promoviert­e, beruft sich auf Aussagen von

„Denken Sie daran, Sie haben Familie und Kinder. Es ist in Ihrem eigenen Interesse, wenn Sie die Finger von dem Fall lassen.“

Ein deutscher Geheimdien­st Mann vor einigen Jahrzehnte­n gegenüber Beate Soller „Unsere Familie ist an diesem Tag mehr oder weniger zerbrochen. Meine Mutter dachte stets, dass er irgend wann wieder zurückkomm­t.“

Beate Soller über den Tag, als ihr Vater Heinz Krug verschwand

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Auf der Suche nach der Wahrheit: Beate Soller und Kaj Krug mit einem gerahmten Foto ihres Vaters Heinz Krug.
Foto: Ulrich Wagner Auf der Suche nach der Wahrheit: Beate Soller und Kaj Krug mit einem gerahmten Foto ihres Vaters Heinz Krug.

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