Mehr als eine Stimmungsgruppe
Die Illerzeller Trachtenkapelle zeigt in der Aula des Illertal-Gymnasiums ein facettenreiches Programm
Die Trachtenkapelle Illerzell wird gerne als reine Stimmungskapelle eingestuft, die vornehmlich in Festzelten ihre Auftritte absolviert. Dass die Gruppe aber auch anders kann, zeigte sich beim jüngsten Konzert in der Aula des IllertalGymnasiums. Rainer Tschamler am Pult hat einen Klangkörper geformt, der musikalisch an Qualität hörbar gewonnen hat, mit beeindruckend reinen Soli die Zuhörer verzauberte und sich überhaupt mit einem ansprechenden Programm präsentierte.
„Kaiserin Sissi“von Timo Dellweg stand am Anfang, ein Konzertmarsch, der hohe instrumentale Präzision erforderte. Spanische Einflüsse spiegelten sich in „Alcazar“von Llano wieder, wechselnde Rhythmen geben das Kolorit, das Lebenslust verheißt. Frantisek Manas schrieb den „Mährischen Tanz Nr. 4“, eine moderne Version einer Musik, die die Herzen mit einem Hauch Romantik berührte und Lebensfreude nicht vermissen ließ. „Traum einer Marketenderin“, ein wunderschöner Marsch von Franz Meierhofer, führte nach Südtirol, „O Vitinho“von Francisco Marques Neto nach Portugal. Letzteres ist eine Komposition, die ebenfalls der Marsch-Richtung zuzuordnen ist, aber mit zarten Piano-Einlagen. Dirigent Tschamler und seine Musiker vermittelten dieses Wechselspiel gefühlvoll.
Nach der Pause wurde es dann modern. „Stage Flight“nach Darrol Barry führte nach Hollywood. Richtig jazzig wurde es dann mit „Lilo & Stitch“in einem Arrangement von Peter Kleine Schaars. Die Besucher hörten bekannte Songs, die ins Ohr gingen. Da wippten beim ein oder anderen die Fußspitzen im Takt mit. Die Trachtenkapelle durchlief musikalisch alle Variationen – vom Boogie, über Jazz-Impressionen bis hin zu Songs, die bis heute nichts von ihrem Reiz verloren haben. Mit dem Schemua-Marsch aus Österreich von Anton Blaton ging das „Pflichtprogramm“zu Ende.
Dirigent Tschamler hatte zusammen mit einer auffallend jungen Trachtenkapelle ein Programm zusammengestellt, das in sich stimmig war und durch das Jungmusikerin Sabrina führte. Die Kompositionen, an denen – wie der Beifall zeigte – sich das Publikum hörbar erfreute, waren aufeinander abgestimmt. Auffallend waren die Sauberkeit der Intonation, die Dynamik zwischen Piano und Forte, die sensibel herausgearbeitet waren und die Homogenität des Klangs. Da war eine Zugabe fällig.
Überraschend war jedoch der Schluss: Es wurde die Bayernhymne gesungen. Warum das?, fragte sich mancher Zuhörer. Die Erklärung kam vom Vorsitzenden der Kapelle, Dietmar Hofherr. Der Präsident des Allgäu-Schwäbischen Musikbunds, Franz Josef Pschierer, erst jüngst zum Wirtschaftsminister des SöderKabinetts aufgestiegen, hatte an alle Kapellen die Empfehlung ausgesprochen, bei großen Konzerten mit der traditionsreichen Hymne das 100-jährige Bestehen des Freistaats zu feiern. Von den Besuchern gab es am Ende lang anhaltenden Applaus für einen ansprechenden Konzertabend.