Breitet sich die Krätzmilbe aus?
Ärzte verordnen immer häufiger Medikamente gegen die Infektion. Wie sich die Erkrankung überträgt und wie sie zu behandeln ist
„Wie diese Schwankungen zu bewerten sind, ist unklar“, sagt der Wissenschaftler. Möglicherweise tritt die Infektion in Zyklen auf. Eindeutig ist für Aebischer jedenfalls: „An der Behauptung, dass Geflüchtete die Milben eingeschleppt hätten, ist nichts dran. Skabies hat es in Deutschland immer gegeben.“
Aus Flüchtlingsunterkünften werden aber öfters Fälle gemeldet: Wenn Menschen auf engstem Raum zusammenleben, ist das für die Parasiten ideal. Sie verbreiten sich nämlich über intensiven Hautkontakt, also beim gemeinsamen Spielen, Kuscheln oder beim Sex. Dann haben die winzigen Milben, die mit bloßem Auge kaum sichtbar sind, Gelegenheit, sich einen neuen Wirt zu suchen. Die Parasiten graben sich in die obere Hautschicht ein und leben dort vier bis acht Wochen. Währenddessen legen sie in den Hautgängen Eier und Kot ab. Dieser löst in der Regel eine Abwehrreaktion des Immunsystems aus, die mit Juckreiz verbunden ist. Hat man sich zum ersten Mal infiziert, dauert es zwei bis fünf Wochen, bis sich solche Anzeichen zeigen. In dieser Zeit kann man unbemerkt weitere Menschen anstecken. Auch deshalb ist es schwer, einen Krätze-Ausbruch in den Griff zu bekommen. Besonders vorsichtig muss man sein, wenn jemand an Borkenkrätze erkrankt ist: Diese Skabies-Form, die sich bei Menschen mit einer Immunschwäche entwickeln kann, ist besonders ansteckend, da extrem viele Milben auf der Haut leben.
Krätze lässt sich auch deshalb schwer ausrotten, da die Infektion nicht leicht zu erkennen ist. Gerade bei Patienten, die intensiv Körperpflege betreiben, kann es sein, dass die Hautveränderungen – etwa einzelne Bläschen – wenig auffallen. „Es kommt immer wieder vor, dass Skabies als Ekzem fehldiagnostiziert wird“, sagt Hamm. Entscheidender Hinweis sind die winzigen, gewundenen Milbengänge, die der Arzt per Dermatoskop (Lupenleuchte) entdecken kann. „Man muss aber immer wissen, wonach man sucht“, erklärt der Dermatologe.
Behandeln lässt sich Skabies dagegen in der Regel gut. In vielen Fällen verschreibt der Arzt eine Creme mit dem Insektizid Permethrin. Neben weiteren Lotionen und Salben ist seit 2016 auch ein Mittel zum Einnehmen (Ivermectin) auf dem Markt. Und ein kleiner Trost: Über Polster, Kissen oder Decken, auf denen Milben kriechen, infiziert man sich laut RKI nur selten.