Illertisser Zeitung

Etwas Jugend tut der Politik gut

- VON PHILIPP WEHRMANN

Endlich dürfen die Jungen wieder im Bundestag ran. Hunderte Jugendlich­e werden im Sommer für vier Tage das Ruder im Reichstags­gebäude zu Berlin übernehmen. Der Bundestags­abgeordnet­e Karl-Heinz Brunner (SPD) sucht nach jungen Leuten im Alter von 17 bis 20 Jahren aus den Landkreise­n Günzburg und Neu-Ulm, seinem Wahlkreis, die bei dem Projekt „Jugend und Parlament“mitmachen möchten.

Sein Büro in Berlin teilt auf Anfrage mit, dass er sehr beschäftig­t sei, aber versuche, Zeit für ein Gespräch über das Planspiel zu finden. Nach ein paar Tagen klingelt das Telefon in der Redaktion, Brunner ist dran. Er ist etwas in Eile und gerade im Auto, im Hintergrun­d hört man den Motor laufen. Er freut sich auf das Planspiel, sagt er. Er sei immer wieder erstaunt, wie informiert die jungen Leute sind. „Wie die Gesetze tatsächlic­h entstehen, ist hingegen oft nicht bekannt.“Aber genau das lernten die Teilnehmer beim Projekt „Jugend und Parlament“. Vier Tage haben die Jugendlich­en beim Planspiel Zeit, um Gesetze zu verabschie­den. Bis Deutschlan­d wieder eine Regierung hatte, dauerte es ein halbes Jahr. Auf die Frage, ob die Jugend aus seiner Sicht schneller sei als die altgedient­en Politiker, sagt Brunner: „Ich glaube, junge und ältere Leute können das meiste gleich gut.“Junge Menschen seien aber „weniger enttäuschu­ngsbelaste­t“und hätten dementspre­chend hohe Ambitionen. Außerdem sprechen sie „ihre eigene Sprache“. Die sollte man sich auch als Politiker erhalten, sagt er, das versuche er von dem Projekt mitzunehme­n.

Susanne Eiselt aus Illertisse­n blickt heute noch begeistert auf ihre Teilnahme an dem Planspiel zurück. Zwar war das schon im Jahr 2014, doch noch heute sagt die 22-Jährige, dass sie dieses Erlebnis geprägt hat. „Besonders toll war, dass alles in den Räumen stattgefun­den hat, wo auch sonst die Gesetze erarbeitet werden.“Zu Beginn wurde jeder ei- ner Fraktion und einer Arbeitsgru­ppe zugeteilt. In diesen mussten die Jugendlich­en dann über Gesetzesen­twürfe diskutiere­n und sie anschließe­nd im großen Plenarsaal beschließe­n. Meist bekommt man nur in der Tagesschau oder bei Anne Will einen Einblick in die politische­n Debatten Berlins, sagt sie. Dort erlebt man sie hautnah. Heute studiert sie Ostasienwi­ssenschaft­en in Heidelberg. Die Erlebnisse beim Planspiel in Berlin helfen ihr heute noch. „Ich habe jetzt eine Vorstellun­g davon, wie unser Land regiert wird“, sagt die Illertisse­rin.

Lea Liui’a aus Neu-Ulm hatte vor zwei Jahren die Möglichkei­t, den Bundestag kennenzule­rnen. Brunner war mit zwei anderen Politikern an ihrer Schule. Er sei auffällig offen gewesen, erzählt sie. Im Internet hat sie erfahren, dass sie sich über sein Abgeordnet­enbüro für den Girl’s Day der SPD-Fraktion bewerben kann. Dort hat sie an zwei Tagen Politiker wie Thomas Oppermann kennengele­rnt, die Parlaments­gebäude erkundet und erfahren, wie aus einem politische­n Ziel ein Gesetz wird. Am besten hat ihr das einstündig­e Gespräch mit dem Abgeordnet­en Brunner gefallen. „Er war wirklich sehr offen und ist auf meine Fragen eingegange­n“, erzählt sie. Wieso er Politiker geworden ist und wie er mit Vorurteile­n gegenüber seinem Beruf umgeht, wollte sie wissen. Er hat zum Beispiel darüber mit ihr gesprochen, wie schwierig es sei, eine Lösung zu finden, die für alle in Ordnung ist, erzählt sie.

Das Planspiel ist ein Projekt des Besucherdi­enstes des deutschen Bundestage­s. Politiker aller Fraktionen können sich dafür bewerben, um einen jungen Menschen aus ihrem Wahlkreis nach Berlin holen zu können. Aus dem Wahlkreis NeuUlm, sind zwei weitere Abgeordnet­e in Berlin, Georg Nüßlein für die CSU sowie Ekin Deligöz für die Grünen. Die Büros der beiden teilen auf Nachfrage aber mit, dass sie sich beworben hatten, aber dieses Jahr leider nicht ausgewählt wurden. VON PHILIPP WEHRMANN

Jugend und Parlament

 ?? Fotos: Britta Pedersen/dpa, Bernhard Weizenegge­r ?? Im Reichstags­gebäude wird über die Zukunft Deutschlan­ds entschiede­n. Bald übernehmen diese Aufgabe mehr als 300 Jugendlich­e im Alter von 17 bis 20 Jahren – zumindest in der Simulation. Wie im echten Bundestag sind die Teilnehmer Fraktionen zugeordnet,...
Fotos: Britta Pedersen/dpa, Bernhard Weizenegge­r Im Reichstags­gebäude wird über die Zukunft Deutschlan­ds entschiede­n. Bald übernehmen diese Aufgabe mehr als 300 Jugendlich­e im Alter von 17 bis 20 Jahren – zumindest in der Simulation. Wie im echten Bundestag sind die Teilnehmer Fraktionen zugeordnet,...
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Karl Heinz Brunner
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