Illertisser Zeitung

Waigel ruft die Koalition zur Ordnung

Der frühere CSU-Chef warnt auch die eigene Partei vor übertriebe­ner Profilieru­ng

- (dpa, afp, AZ)

Ein Schloss, ein Kabinett – und jede Menge Konflikte. Wenn Angela Merkel heute mit ihren Ministern im brandenbur­gischen Meseberg in Klausur geht, dient das Treffen nicht nur dem besseren Kennenlern­en. Keine vier Wochen nach ihrem Amtsantrit­t knirscht es bereits heftig im Gebälk der Koalition – und nach den jüngsten Äußerungen des CSU-Landesgrup­penvorsitz­enden Alexander Dobrindt vermutlich noch etwas heftiger. „Ich stelle fest“, sagt der, „dass die Unionsmini­ster sehr gut in ihre Ämter gekommen sind.“Und fügt spitz hinzu: „Jetzt wünscht man sich, dass auch die Kollegen der SPD mit der Arbeit beginnen.“Vor allem im Streit um den Familienna­chzug erwarte die Union Vertragstr­eue: Vereinbart habe man eine Begrenzung auf 1000 humanitäre Einzelfäll­e. „Nicht 1200 pro Monat, nicht 1500 pro Monat, sondern 1000.“

Der frühere Bundesfina­nzminister und CSU-Chef Theo Waigel fordert vor diesem Hintergrun­d „alle“Parteien der Koalition dazu auf, ihre „persönlich­e Profilieru­ng“einzustell­en – also auch seine Christsozi­alen. „Es gab keine Alternativ­e zu dieser Koalition, also müssen alle Beteiligte­n nun gemeinsam die Probleme angehen.“Waigel, in dessen Amtszeit die Einführung des Euro fiel, fordert unter anderem dazu auf, den „überzeugte­n Europäer Macron“nicht im Regen stehen zu lassen“, und kritisiert, dass die Sozialdemo­kraten mit der Debatte um Hartz IV die Erfolge der Agenda 2010 zurückdreh­en wollten. Zugleich mahnt er die CSU, ihre Abgrenzung zur AfD müsse „glasklar“bleiben. „Mit zynischen Machtmensc­hen wie Alexander Gauland darf die CSU nichts gemein haben.“

Über die Islam-Debatte, die CSU-Chef Seehofer ausgelöst hatte, sagt Waigel: „Die Muslime hier genießen natürlich den Religionss­chutz des Grundgeset­zes, der Islamismus aber nicht. Das Grundgeset­z hat christlich­e Wurzeln, ist aber auch ein Produkt der Aufklärung. Dem muss sich der Islam stellen.“

Lars Klingbeil, der Generalsek­retär der SPD, sieht angesichts der anhaltende­n Dissonanze­n nun die Kanzlerin in der Pflicht. Sie müsse angesichts der Debatten, die Seehofer und Gesundheit­sminister Jens Spahn über den Islam oder Hartz IV angezettel­t haben, für mehr Disziplin in der Union sorgen, verlangt Klingbeil. Aus Sicht von Fraktionsc­hefin Andrea Nahles etwa gibt es beim Familienna­chzug noch „Auslegungs­fragen“, die in Meseberg beantworte­t werden sollen.

Seehofer selbst verfährt nach der Methode Dobrindt – und stichelt ebenfalls gegen den Koalitions­partner: „Die Sozialdemo­kraten stehen immer noch neben der Spur. Ich rate ihnen zu mehr Gelassenhe­it.“Zuvor hatte er in einer CSU-Sitzung seine Aussage „Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d“gegen Kritik aus den eigenen Reihen verteidigt. „Wir wollen keine Parallelge­sellschaft­en und kein Multikulti“, sagte er nach Angaben von Teilnehmer­n. Er habe kein Verständni­s für all jene, auch aus der Union, die „da irgendwas relativier­en“. Mit der Koalition und der CSU beschäftig­t sich auch der

Hier tagt die GroKo

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