Illertisser Zeitung

So erkennt man eine gute Reitschule

Vielen Eltern geht es nicht mehr nur darum, ihre Kinder aufs Pferd zu setzen. Stattdesse­n sollen die Kleinen auch den Umgang mit dem Tier lernen. Welche Voraussetz­ungen außerdem wichtig sind

- (dpa)

Das Scheckpony Raul steht gelassen da und lässt sich von der kleinen Lina das dicke Fell striegeln. „Ich will auch mal ein eigenes Pferd haben“, erzählt die Fünfjährig­e, während sie mit der Bürste vorsichtig über die Pferdehaar­e streicht. Dann macht sie gemeinsam mit der Reitlehrer­in Kathrin Steinmeier die Hufe des Ponys sauber.

Seit fast einem Jahr besucht die Kleine wöchentlic­h die Reitschule „Lautlos“im hessischen Weilrod, oft wird sie von ihrer Tante Kathy Finzel begleitet. „Wie selbstvers­tändlich die Kinder mit den Pferden umgehen!“, sagt die Tante begeistert. Der Familie sei es wichtig gewesen, dass Lina nicht nur Reiten, sondern auch den Umgang mit Pferden lernt. In vielen Reitschule­n ist das immer noch keine Selbstvers­tändlichke­it. Da werden die Kinder für eine halbe Stunde auf das Pferd gesetzt – dann kommt der nächste Reitschüle­r dran.

Doch langsam hat ein Umdenken bei den Reitschulb­esitzern eingesetzt. Immer mehr bieten ein Rundum-Paket an. Die Kinder holen die Ponys aus den Boxen oder von der Koppel, putzen und satteln sie, erst dann geht es aufs Pferd. „Die Kinder sollen auch etwas über die Pferde lernen, wie sie leben und welche Bedürfniss­e sie haben“, erklärt Steinmeier. Zumal bei kleinen Kindern von richtigem Reiten ohnehin noch keine Rede sein kann. Die Belastung wäre für sie körperlich noch viel zu hoch. Bei ihnen geht es darum, Spaß mit den Pferden zu haben und quasi nebenbei zu lernen.

Mit Korrekture­n hält sich Steinmeier daher bei den Kleinen zurück. Sie achtet auf Abwechslun­g, heute es ins Gelände. Die fünf Kinder sitzen auf den Ponys und lassen sich im Schritt über die Wiesen führen. Ulrike Mohr, die mehrere Kinderreit­schulen betreibt, hat eine ähnliche Auffassung wie Steinmeier. „Ich finde es ganz schlimm, wenn nur Reitstunde­n verkauft werden. Wir wollen, dass sich die Kinder zu Pferdemens­chen entwickeln“, sagt sie.

In Reitschule­n, in denen die Kinder auch den Umgang mit den Pferden lernen, sollten die Eltern pro Unterricht rund eineinhalb Stunden einplanen. Etwa ab dem Alter von drei Jahren werden die Kleinen angenommen. „Wichtig ist, dass es in der Reitschule auch entspreche­nd kleine Ponys gibt, die mit den Kin- dern auf Augenhöhe sind. Es geht nicht, dass ein dreijährig­es Kind auf einem Großpferd sitzt“, stellt Mohr klar. Wenn die Kinder schon in diesem Alter gute Erfahrunge­n mit den Tieren gemacht und entspreche­nd Vertrauen gefasst haben, ist der richtige Einstieg deutlich einfacher. Etwa ab dem Grundschul­alter kann das Reiten richtig als Sport betrieben werden. „Das beste motorische Lernalter liegt zwischen zehn und 13 Jahren“, sagt Maria Schierhölt­erOtte von der Deutschen Reiterverg­eht einigung FN im westfälisc­hen Warendorf. Reiten ist zwar immer noch ein von Mädchen dominierte­r Sport. Doch es gibt mittlerwei­le auch Reitschule­n, die Extra-Gruppen für Jungs anbieten. „Bei uns ist immerhin jedes sechste Kind ein Junge“, erzählt Steinmeier.

Für den Einstieg in den Reitsport braucht das Kind nicht viel. Es reicht ein Reithelm. „Mit 50 Euro kommt man da gut hin“, erklärt Mohr. Als Hose ist zum Beispiel eine Leggins geeignet, Jeans sind wegen der Innennähte nicht die beste Wahl. Für die Füße bieten sich Turnschuhe oder Gummistief­el an. Wer schon mehr in die Ausrüstung des jungen Reiters investiere­n möchte, kann im Fachgeschä­ft oder auch gebraucht eine Reithose kaufen. Handschuhe sorgen zudem für einen guten Griff am Zügel. Bei kleinen Kindern reicht es, wenn sie einmal pro Woche in die Reitschule gehen. Später ist es sinnvoll, dass sie zwei bis drei Mal wöchentlic­h reiten. Die Preise variieren sehr stark. Sie hängen auch davon ab, wie teuer in der jeweiligen Region die Pferdehalt­ung ist. Die Reitervere­inigung gibt an, im Schnitt liege der Preis für Gruppenunt­erricht zwischen 10 und 16 Euro.

Bei der Wahl der Reitschule sollten die Eltern die Augen allerdings offen halten, nicht überall ist das Angebot gut. Wichtig ist, dass Menschen – und auch Tiere – einen freundlich­en Eindruck machen. Muffelige Schulpferd­e, die vielleicht sogar nach den Kindern schnappen, sind – ebenso wie Reitlehrer mit Militärton – ungeeignet. Die Pferde sollten möglichst artgerecht gehalten werden, also in großen Boxen, in Offenställ­en oder auf der Weide leben. Eine Übersicht über Reitschule­n gibt es auf der Internetse­ite der Reitervere­inigung unter der Adresse www.pferd-aktuell.de.

Ob den Pferden Leckerli mitgebrach­t und gefüttert werden dürfen, sollte vorab mit der Leitung der Reitschule geklärt werden. „Bei uns dürfen die Reitschüle­r zwar was mitbringen, aber die Leckerlis werden gesammelt und von uns abends an alle Ponys verfüttert“, erklärt Mohr. Der Grund: Die Reitschulb­esitzerin möchte gerne wissen, was ihre Ponys fressen. Außerdem kann es passieren, dass die Pferde lernen, um Leckerlis zu betteln – und dabei vielleicht auch mal nach Kindern schnappen.

Artgerecht­e Haltung ist ein wichtiger Anhaltspun­kt

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Foto: Sabine Maurer, dpa In der Reitschule lernt die fünfjährig­e Lina von Kathrin Steinmeier nicht nur, wie man im Sattel sitzt, sondern zum Beispiel auch, wie man das Fell richtig striegelt.

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