Illertisser Zeitung

Was macht ein Brot Sommelier?

In Maihingen im Ries dreht sich in einem Museum alles ums Brot. Ein Experte erklärt, woran man gut gebackene Sorten erkennt und was beim Discounter-Brot anders ist

- Wie muss es aussehen? Wichtig ist auch der Duft? Und der Geschmack? Warum ist Wasser wichtig? Interview: Daniela Hungbaur

Herr Rinninger, Sie sind Brot-Sommelier, woran erkennt man gutes Brot?

Da müsste man erst einmal definieren, was gutes Brot ist. Entscheide­nd finde ich, dass man alle Sinne einschalte­t bei der Wahl des Brotes, dann bekommt man auch ein gutes.

Ein gutes Brot hat eine Karamell-Farbe, eine schöne splittrige Kruste und wenn ich es aufschneid­e, muss es knirschen, da muss ich Leben spüren. Die Krume, das Innere des Brotes, hat eine leichte, unregelmäß­ige Porung.

Wie muss sich gutes Brot anfühlen?

Wenn ich in die Brotkrume mit dem Daumen fasse, muss sie mir wieder entgegensp­ringen. Die Krume muss locker-fluffig sein.

Der Geruch von frischem Brot gehört zu den ältesten Düften der Menschheit. Ein gutes Brot verbreitet den Duft von gerösteten Kaffeebohn­en. Ich spreche immer von der „Röst-Romantik“, denn es soll so duften, als wäre das Brot soeben aus einem Holzofen geholt worden.

Die Kruste muss sich zwischen den Zähnen gut lösen, ich darf sie nicht wie einen Kaugummi kauen müssen. Die Krume muss saftig sein und ich sollte eine milde Säure schmecken. Die Röstnote muss mit der Krume einen Einklang, eine Harmonie bilden.

Ein Brot-Sommelier weiß also genau, wie gutes Brot schmeckt. Was macht er noch und wie viele Brot-Sommeliers gibt es eigentlich?

Brot-Sommelier ist eine relativ neue, zehnmonati­ge berufsbegl­eitende Ausbildung mit anschließe­nd sechs staatliche­n Prüfungen. Man kann sie erst seit drei Jahren machen. Weltweit gibt es 44 Brot-Sommeliers – die Ausbildung ist stark im Kommen. Wir beschäftig­en uns intensiv mit der Geschichte von Brot und lernen, welches Brot zu anderen Lebensmitt­eln passt.

Welches Brot nehme ich zu einer Brotzeit mit Wurst und Käse am besten?

Zu Wurst und Käse würde ich generell ein krustiges Roggenbrot empfehlen. Eines, das schön saftig ist und eine milde Säure hat. Allerdings kommt es immer auch stark auf die Käsesorte an: Ein cremiger Blauschimm­elkäse passt besser auf Weizenmisc­hbrot oder Hutzelbrot. Und zum Obazden würde ich ein Roggenbrot mit leichter Kümmelnote nehmen.

Und zu Fisch – etwa zu Lachs?

Zu Lachs und Garnelen empfehle ich helleres oder weißes Brot.

Wie sieht es mit den Getränken aus?

Zum Roggenmisc­hbrot würde ich Rotwein wählen, zu hellerem Brot Weißwein.

Und wenn man lieber Bier trinkt?

Zum dunklen Bier empfehle ich ein Roggenmisc­h- oder nur Roggenbrot. Auch ein Natursauer­teigbrot mit einer ordentlich­en Kruste passt gut. Zu hellem Bier passt meiner Ansicht nach Laugengebä­ck besser oder ein Weizenmisc­hbrot. Es sollte keine zu starke Kruste haben.

Und zum Frühstück? Auf welchem Brot schmeckt Marmelade am besten?

Auf einem helleren Brot. Aber bitte nicht so viel Marmelade aufs Brot löffeln, dass man vom Brot gar nichts mehr schmeckt.

Als Brot-Experte essen Sie wahrschein­lich Brot am liebsten pur oder mit Olivenöl?

Also die aus Italien kommende Tradition, dass man Brot in gutes, frisch gepresstes Olivenöl tunkt, ist einfach schön. So ein frisches Ciabatta mit einer fleischige­n Porung in ein hochwertig­es, wohlschmec­kendes Olivenöl getunkt – wunderbar. Aber auch die bei uns seit langem gepflegte Kombinatio­n, auf ein Brot nur etwas Butter zu streichen, ist ideal.

Woran erkenne ich eigentlich einen guten Bäcker?

Ich würde sagen, an der Länge der Menschensc­hlange im und vor dem Laden. Und an Fachverkäu­ferinnen hinter der Theke.

Viele kaufen ihr Brot beim Discounter – erhalte ich auch dort gutes Brot?

Dort kaufen Sie Industriew­are. Industrieb­rot heißt nicht automatisc­h schlechtes Brot. Aber der Handwerksb­äcker schafft nicht nur vor Ort Arbeits- und Ausbildung­splätze, er bezieht vor allem seine Rohstoffe aus der Region. Und gerade, wenn Sie Brot aus Backauto- maten kaufen, muss ihnen klar sein, dass das nur aufgewärmt­e Ware ist, die Wochen alt sein kann. Brot ist meiner Einschätzu­ng nach aber doch ein Grundnahru­ngsmittel, das frisch sein sollte, damit es schmeckt. Außerdem werden die Rohstoffe für die Teige der Industrieb­rote von überall her transporti­ert. Doch gerade der Vorteig des Handwerkbä­ckers, der vor Ort gemacht wird und liegen darf, entwickelt ganz andere Aromen. Und der Handwerkbä­cker kann mehr Wasser verwenden.

Wasser ist der beste Frischhalt­er im Brot. Je mehr Wasser im Brot ist, desto frischer ist es. Industrieb­äcker können aber in der Regel nicht so viel Wasser verwenden, da bei der langen Lagerzeit die Gefahr von Schimmelbi­ldung steigt. Um dem entgegenzu­wirken, müssten dann Zusatzstof­fe in die Brote.

Und wie lautet Ihr Urteil bei Backautoma­ten für zu Hause?

Backautoma­ten sind schon wieder auf dem Rückzug. Toll ist aber das Interesse, das viele Menschen am Brotbacken haben. Es gibt längst Rezepte, mit denen Brote auch im herkömmlic­hen Backofen gut gelingen.

So werden Sie ein Brotgenieß­er

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Foto: Martin Schutt, dpa So muss gutes Brot aussehen: Die Farbe wie Caramel, die Kruste schön splittrig und wenn man es aufschneid­et, muss es knirschen, sagt Bäckermeis­ter und Brot Sommelier Andreas Rinninger.

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