Gedenken an den Ehrenbürger
Pfaffenhofen ehrt Hermann Köhl, der vor 90 Jahren als erster Mensch von Ost nach West über den Atlantik flog. Bei der Feier erklingen auch mahnende Worte
Gedenken bedeutet Verstehen der eigenen Gegenwart. Unter diesem Credo hat die Marktgemeinde Pfaffenhofen am Samstag ihres Ehrenbürgers Hermann Köhl gedacht, der vor 90 Jahren als erster Mensch mit einem Flugzeug von Europa nach Amerika flog.
Die Feierlichkeiten begannen am Nachmittag auf dem Friedhof mit einer Kranzniederlegung durch Bürgermeister Josef Walz. Er fand treffende Worte am Grab des Atlantiküberquerers. Walz lobte, was Menschen mithilfe der Technik gelingen kann, mahnte aber zugleich: „Wenn wir heute sehen, was mit Flugzeugen gerade in Syrien bewirkt wird, dann macht das schon nachdenklich.“Ebenso erinnerte der Rathauschef an den Terroranschlag auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001. Er betonte jedoch: „Hermann Köhl und seine Fliegerkameraden waren dem Leben zugewandte Menschen.“
Walz fragte sich, was der Flugpionier den Menschen denn heute anraten würde. Seine Antwort: „Er würde uns raten, uns von dem Missbrauch der Fliegerei, wie wir ihn erdulden mussten, nicht entmutigen zu lassen, sondern die Technik gerade jetzt als Mittel zur Erreichung von Zielen und zur Realisierung von Visionen zu nutzen.“
Im Anschluss an die Gedenkfeier auf dem Friedhof führte ein Festzug zur Pfarrkirche St. Martin. Nur etwas mehr als 70 Leute nahmen daran teil und die, die mitgingen, waren über den geringen Zulauf enttäuscht. Mancher Passant oder Fahrradfahrer blieb dann aber doch stehen und schaute gespannt dem Festzug zu. Offenbar hatten in der Marktgemeinde nicht alle mitbekommen, dass ihr Ehrenbürger an diesem Tag gefeiert wird.
Den ökumenischen Gottesdienst leiteten die beiden Pfarrer Reinfried Rimmel und Andreas Erstling. Auch sie mahnten die Zwiespältigkeit der Moderne an. Die Gesellschaft müsse darauf achtgeben, dass Technik tatsächlich dem Menschen diene – und nicht umgekehrt. „Technik darf kein Selbstzweck sein, sondern muss da eingesetzt werden, wo sie Gutes bewirkt“, sagte Erstling. Ebendies sei Hermann Köhl mit seinem Flug über den Atlantik gelungen. Er habe Grenzen überwunden und gezeigt: „Wir gehören zusammen auf dieser einen Welt.“Die Gesellschaft brauche Menschen, die immer wieder Herausforderungen annehmen. „Selig sind nicht die, die auf dem Sofa sitzen“, schloss Erstling.
Nach dem Gottesdienst versammelte sich die Gemeinde in der Hermann-Köhl-Schule. Dort nahm der Andrang der Teilnehmer deutlich zu. Die Aula war gut gefüllt. Zu Gast waren unter anderem der Oberbürgermeister der Stadt Neu-Ulm, Gerold Noerenberg, Vertreter der Hermann-Köhl-Kaserne in Niederstetten (Main-Tauber-Kreis) sowie die ehemalige Staatsministerin Beate Merk. Letztere lobte in ihrer Rede den Wagemut des Pioniers: „Es gibt noch Geschichte zum Anfassen, die uns direkt unter die Haut geht.“Zugleich sprach sie über die „Erdverbundenheit“Köhls, die so typisch schwäbisch sei. Wie sonst sei es zu erklären, dass ein Weltenbürger wie Köhl, der in der Region aufgewachsen war, auch in Pfaffenhofen beerdigt wurde. „Erst in der Ferne lernt man die Heimat schätzen“, schlussfolgerte Merk.
Mit einem eigens für diesen Tag gedichteten Rap-Song gestalteten Schüler der Hermann-Köhl-Schule der Feierlichkeit mit. Ein Schlusswort von Josef Walz und die Bayernhymne erklangen zum Ende des Festakts, mit dem die Marktgemeinde wieder einmal das Andenken an Hermann Köhl wachhalten wollte. Denn trotz seiner Pionierleistung vor 90 Jahren droht die Geschichte des mutigen Piloten zunehmend in Vergessenheit zu geraten.