Die Bayern an der Kreuzung
Wohin führt die Saison des Meisters? Noch gibt es Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Münchner. Die Partie gegen Leverkusen könnte dazu dienen, diese zu beseitigen
Die Bayern stehen sowohl in der Champions League als auch im DFB-Pokal im Halbfinale, haben sich frühzeitig die Meisterschaft gesichert – und doch gilt die Frage nach der wirklichen Leistungsstärke der Münchner als unbeantwortet. Über den Verlauf einer kompletten Saison kann kein deutsches Team den Bayern folgen, weshalb die Meisterschaft die logische wie unglamouröse Konsequenz ist. Bleiben die Duelle in den K.-o.-Wettbewerben. Wer es nicht ganz so gut mit der Heynckes-Mannschaft meint, weist auf glückliche Fügungen hin, die den Münchnern ein beschwerdefreies Vorrücken in die Vorschlussrunden ermöglicht hat.
Im nationalen Pokal entledigten sich die Münchner ja immerhin der Teams aus Leipzig und Dortmund. Während der BVB aber schlicht nicht auf der Höhe seiner Schaffenskraft war, benötigten die Bayern gegen Leipzig das Elfmeterschießen. Lotterie also. In der Champions League wiederum bekam man mit Sevilla und Besiktas Istanbul zwei nicht dem europäischen Hochadel zugehörige Klubs vorgesetzt. Besiktas schwächte sich selbst durch eine frühe Rote Karte, Sevilla unterliefen zwei Eigentore. Wo also stehen die Bayern? Möglicherweise gibt die Partie am heutigen Dienstag in Leverkusen darüber Aufschluss (20.45 Uhr, und Trainer Heiko Herrlich (siehe
es, seine Elf pünktlich zu den entscheidenden Wochen in Form zu bringen. Zwei 4:1-Siege gegen Frankfurt und Leipzig ebneten Bayer zuletzt den Weg auf Platz drei in der Tabelle, die Qualifikation zur Champions League ist nahe.
Heynckes sieht sein Team aber dennoch im in einer guten Ausgangslage. „Wir haben den Vorteil, dass wir rotieren können. Wir haben ein ganz hohes Niveau“, sagte er in der Pressekonferenz vor dem Pokalspiel. Allerdings wird er seine Mannschaft nicht in dem Rahmen verändern können, den er sich gewünscht hatte. Am Sonntag verletzte sich Arturo Vidal im Training, am Montag entfernten Ärzte einen Gelenkkörper aus dem Knie des Chilenen. Ob und wann der Mittelfeldspieler in dieser Saison zurückkehrt, ist offen. Vor allem in den Spielen gegen Real Madrid hätte der Trainer gerne einen kämpferischen Ausgleich zu seinen Virtuosen James und Thiago zur Verfügung gehabt.
Vor allem in der Offensive verfügt auch Leverkusens Herrlich über allerhand Gestaltungsspielraum. Zuletzt schoss sich Kevin Volland mit einem Hattrick sogar wieder in die Reihe jener, die sich Hoffnungen auf eine WM-Nominierung machen können. „Das wird ein Leckerbissen für Fußballkonsumenten, weil zwei Mannschaften aufeinandertreffen, die gut Fußball spielen“, freut sich Heynckes auf die Partie.
Der Coach geht mit einer Gelassenheit in die Partie, die nicht nur auf seine 72-jährige Lebenserfah- rung zurückzuführen ist. Er habe die Gewissheit, dass sein Team die Nerven behält, wenn es eng wird. „Deswegen mache ich mir um meine Mannschaft überhaupt keine Sorgen.“
Vielleicht sind es dann ja auch gar keine glücklichen Fügungen, die den Münchnern die lukrative Ausgangsposition ermöglichte. Rom machte es Barcelona 90 Minuten lang auch nicht wirklich schwer. Dann brach Barça ein. Ähnlich erging es Madrid mit Turin. Die Münchner nutzten nur all die Schwächen ihrer bisherigen Kontrahenten am konsequentesten aus. Leverkusen immerhin hat in den vergangenen Wochen zumindest keine allzu offensichtliche Blöße gezeigt.
Wer sich einen korrupten Funktionär ausdenken sollte, der käme möglicherweise auf einen wie Anders Besseberg. Sofern er eine blühende Fantasie hat. Denn wenn es stimmt, was in einem Bericht der Wada steht, hat es der Präsident des Biathlon-Weltverbandes ziemlich bunt getrieben. Mit russischem Geld soll er sich feudale Jagdausflüge und amouröse Abenteuer im horizontalen Gewerbe gegönnt haben. Der Mann ist 72 und offenbar noch ziemlich gut in Form. Als Gegenleistung für die Gefälligkeiten, garniert mit diversen Barzahlungen, sollen der IBU-Chef und seine Generalsekretärin Nicole Resch auffällige Blutwerte russischer Biathleten unter den Tisch fallen gelassen haben. Zudem erfreute sich die Bewerbung des russischen Tjumen um die BiathlonWM 2021 großer Unterstützung.
Das System scheint über Jahre hinweg funktioniert zu haben. Seit 2011 seien 65 Dopingfälle russischer Biathleten vertuscht worden. In der vergangenen Saison hatten angeblich 17 von 22 russischen Athleten verbotene Substanzen im Körper. All diese Vorwürfe, so unglaublich sie sind, waren stichhaltig genug, dass österreichische Staatsanwälte ausrückten und die IBU-Zentrale in Salzburg durchsuchten. Noch ist nicht bekannt, was sie fanden. Noch muss deshalb die Unschuldsvermutung gelten.
Grundsätzliche Fragen sind aber erlaubt. Zum Beispiel die nach der Sinnhaftigkeit einer Sportart, die sich selbst auf Doping kontrolliert. Die Richtlinien gestatten das. Ein Weltverband kann beispielsweise zu Weltmeisterschaften seine eigenen Kontrolleure schicken. Was mit deren Ergebnissen geschieht, ist ebenfalls dem Verband überlassen. Im Biathlon hatte die Generalsekretärin Resch die Hoheit über die Blutwerte. Gab es Auffälligkeiten, soll sie in Russland angerufen haben. Aus dem geschlossenen System drang nichts nach außen.
Bis jetzt. Um einen Einblick zu bekommen, bedurfte es auch in diesem Fall des Wissens von Insidern. Whistleblower (übersetzt: Hinweisgeber) sind die schärfste Waffe im Kampf gegen Doping. Sie riskieren viel, manchmal sogar ihr Leben. Grigorij Rodchenkov, ehemaliger Leiter des Moskauer Kontrolllabors und inzwischen Hauptbelastungszeuge gegen das russische Staatsdoping, lebt an einem geheimen Ort in den USA. Angeblich hat er sogar sein Aussehen operativ verändert, denn viele in Russland sähen ihn gerne maximal schweigsam. Ohne Menschen wie Rodchenkov würden aber Menschen wie Besseberg weiterhin auf Bärenjagd gehen, während sie der Welt erzählen, wie sauber der Sport doch ist.