Die Bayern fahren nach Berlin
In einem packenden Spiel sichert sich der Rekordmeister mit einem 6:2-Sieg bei Bayer Leverkusen das Ticket fürs Finale
Der Traum vom Triple lebt – und wie! Der FC Bayern München hat auch den selbstbewussten Herausforderer Bayer Leverkusen eindrucksvoll bezwungen und Trainer Jupp Heynckes ein weiteres DFB-Pokalfinale beschert. An einem begeisternden FußballAbend setzte sich der deutsche Rekordsieger mit 6:2 (2:1) bei der zuletzt so starken Werkself durch und greift am 19. Mai im Berliner Olympiastadion nach dem 19. Cup-Erfolg.
Die Triple-Krönung soll für den deutschen Meister dann eine Woche später im Champions-League-Finale in Kiew folgen – doch dafür muss erst Real Madrid im Halbfinale der Königsklasse bezwungen werden. In der Gala-Form vom Dienstag ist das sicherlich möglich. DreifachTorschütze Thomas Müller (52./64./78.), Robert Lewandowski (2./9. Minute) sowie Thiago (60.) erzielten vor 30120 Zuschauern in der ausverkauften BayArena die Treffer für die Münchner.
Nach dem Anschlusstor von Lars Bender (16.) hatte Leverkusen noch die erste Finalteilnahme seit 2009 hoffen können, doch in der zweiten Halbzeit demontierte der FC Bayern den Kontrahenten. Leon Baileys Freistoßtor (72.) änderte letztlich nichts an der höchsten Niederlage von Bayer in der Pokalgeschichte. Der Münchner Finalgegner wird am Mittwoch zwischen dem FC Schalke 04 und Eintracht Frankfurt ermittelt. Mit einem Sieg in Berlin könnten die Münchner ihr zwölftes Double perfekt machen.
Einen Fußball-Leckerbissen hatte Heynckes angekündigt. Und die Partie war gleich ganz nach seinem Geschmack. Nach Flanke von Jérôme Boateng konnte BayerSchlussmann Bernd Leno den Kopfball von Müller noch gut parieren. Doch Martinez kam vom Strafraumrand frei zum Schuss. Lewandowski touchierte den Ball mit der Sohle, stand jedoch nicht wie von den Leverkusenern reklamiert im Abseits.
Der Treffer zeigte Wirkung bei Bayer. Zu leicht konnten die Bayern durch die Abwehr wirbeln – gerade über den überragenden Franck Ribéry. Lewandowski schoss mühelos nach Flanke des Franzosen zum zweiten Tor ein. Nun drohte schnell Langeweile. Doch schon zwischen den Treffern hatte Bayer angedeutet, dass die Offensive das eigene Rezept ist. Bayern-Torwart Sven Ulreich parierte einen Kopfball von Kevin Volland (5.).
Und Bayer kam tatsächlich ins Spiel zurück. Lars Bender nutzte eine kurze Konfusion in der Gästeabwehr zum Anschlusstreffer. Nun war wieder Spannung drin – und sogar Zeit für Kunststückchen. Arjen Robben (21.) zelebrierte an der Seitenlinie artistisch eine Ballannahme. Die Bayern waren weiter am Drücker, doch Leverkusen hatte Chancen zum Ausgleich. Nachdem Volland Ulreich zunächst irritierte, parierte der Schlussmann einen Schuss von Lars Bender (32.). Einen kraftvollen Schuss von Karim Bellarabi parierte Ulreich (37.) bravourös.
Bayers akut Gelb-Rot-gefährdeter Verteidiger Panagiotis Retsos musste zur Halbzeit raus – für ihn kam Bailey: Ein klares Signal für mehr Mut und Offensive. Ulreich rückte auch schnell in den Blickauf punkt und parierte gegen Bellarabi (49.) mit einem Reflex überragend.
Eiskalt agierten die Bayern praktisch im Gegenzug. Thiago servierte brillant auf Müller und der Kapitän schob zum 3:1 ein. Nun ging es wieder viel zu schnell für Bayer. Thiago erhöhte. Müller stocherte einen Ball von Robben über die Linie. Innerhalb von 13 Minuten hatten die Bayern ihren Triple-Kurs fortgesetzt. Die Tore von Bailey und erneut Müller beendeten einen packenden Fußball-Abend. Jetzt blicken die Bayern Richtung Madrid.
Leno – L. Bender, S. Bender, Tah, Retsos (46. Bailey) – Ch. Aranguiz, Baumgartlinger (62. Alario) – Bellarabi (67. Henrichs), Havertz, Brandt – K. Volland
Ulreich – Kimmich, Boateng, M. Hummels, Alaba (46. Rafinha) – Javi Martinez – Thiago (85. Süle) – Rob ben, T. Müller (80. James Rodriguez), F. Ri béry – Lewandowski
0:1 Javi Martinez (3.), 0:2 Lewan dowski (9.), 1:2 L. Bender (16.), 1:3 T. Müller (52.), 1:4 Thiago (60.), 1:5 T. Müller (64.), 2:5 Bailey (75.), 2:6 T. Müller (78.)
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Es ist eine allzu menschliche Eigenheit, sich benachteiligt zu fühlen. Kaum ein Schüler, der konzertiert: „Ganz große Klasse, wie Frau Meier die Mathe-Klausur korrigiert hat.“Wenige Ruheständler, die einen Blick auf den Rentenbescheid mit einem anerkennenden Kopfnicken für die richtige Berechnung quittieren. Stattdessen: alle böse. Die Lehrerin, die einen kreativen Rechenweg mit der Begründung beiseite wischt, er lasse sich mit keinerlei mathematischen Grundlagen in Einklang bringen. Der Sachbearbeiter, der die jahrelange Schwarzarbeit als Hundesitter einfach nicht anrechnen will.
Fußballer sind auch nur Menschen. Also fühlen sie sich ungerecht behandelt. Kein Applaus, wenn der Schiedsrichter eine perfide Schwalbe als solche entlarvt. Dafür Tiraden, falls der Unparteiische den Einwurf auf Höhe der Mittellinie der falschen Mannschaft zuordnet. Die Referees und Verbandsoberen hatten irgendwann genug vom Wehklagen erwachsener Männer. Um wenigstens die gröbsten Ungerechtigkeiten zu vermeiden, installierten sie den sogenannten Video-Schiedsrichter. Das technische Sieb sollte Ungerechtigkeiten herausfiltern.
Das gelingt in der Rückrunde besser als in der Vorrunde. Ein Fußballer bleibt aber ein Mensch, bleibt ungerecht behandelt. Wie die Freiburger. Die befanden sich schon auf dem Weg in die Halbzeitpause, als Schiedsrichter Guido Winkmann sie wieder auf das Feld beorderte. Nur um sie zusehen zu lassen, wie ein Elfmeter in ihr Tor geschossen wird. Die Freiburger fühlten sich ungerecht behandelt. Wäre Winkmann allerdings nicht auf das Handspiel aufmerksam gemacht worden, hätten sich die Mainzer verständlicherweise beklagt. Wenn aber die Schlussfolgerung ist, dass es egal ist, wer sich benachteiligt fühlt, können alle Schiedsrichter abgezogen werden. Dann sollen das die Mannschaften unter sich ausmachen. Gerechter freilich ist es, zu so vielen richtigen Entscheidungen wie möglich zu gelangen. Dann muss man aber auch akzeptieren, dass der Weg dorthin Zeit benötigen kann.