Viel Geflatter am Kettershauser Stausee
Bei einer Exkursion erfuhren die Teilnehmer einiges über die Vielfalt der Wasservögel. Etwa, was „gründeln“bedeutet und was die Kreuzritter mit dem Höckerschwan zu tun hatten
Graugänse, Haubentaucher, Fluss-Seeschwalbe: Um die Vielfalt der Wasservögel am Stausee bei Kettershausen hat sich eine Exkursion der Stiftung Kulturlandschaft Günztal gedreht. Mehr als 30 Personen, darunter auch einige Kinder, nahmen daran teil. Gestartet ist die Gruppe am Gemeindeamt, wo Claudia Nägele vom Förderverein der Stiftung wartete. Zu Fuß ging es dann zum rund einen Kilometer entfernten Günz-Stausee.
Der Mann, der nach eigenen Worten „den Leuten den Vogel zeigen“durfte, war Ornithologe Helmar Schreiter aus Obergünzburg. Der Vogelkundler hatte am Ufer des Sees bereits zwei Spektive – auch Beobachtungsfernrohr genannt – positioniert. „Das trübe Wasser des Stausees lässt wenig Licht durch“, erklärte er. Dadurch werde das Wachstum von Wasserpflanzen behindert. Die Sedimente, die für die Wassertrübheit verantwortlich seien, lagerten sich am Grund des Sees ab – und stellten dort einen Lebensraum für Bodenlebewesen wie kleine Krebse oder Würmer dar. Für Wasservögel, die sich von solchen Tieren ernähren, herrschten am Kettershausern Stausee sehr gute Bedingungen.
Der Haubentaucher mit seiner Federhaube ist ein auffälliger Wasservogel. Als ausgezeichneter Unterwasserjäger verspeist er kleine Fische und auch Krebse. Er war einer der ersten Vögel, welchen die Teilnehmer der Exkursion weit entfernt im See entdeckten. Mithilfe von Fernglas und Teleskop beobachteten sie, wie er immer wieder untertauchte und einmal mit einem Fisch im Schnabel wieder an die Oberfläche kam.
Aber auch Graugänse konnten die Vogelfreunde bestaunen. Ein Mädchen wusste, dass Nils Holgersson auf seiner „Wunderbaren Reise“mit solchen Graugänsen geflogen ist. Die Figur aus dem Roman bekamen die Teilnehmer zwar nicht zu Gesicht – dafür aber durften sie miterleben, wie das Gänsepaar begann, am bewachsenen Ufer des Sees ein Nest für seinen Nachwuchs herzurichten. Zwei Blesshühner zogen auf dem Wasser einträchtig ihre Bahnen. Ansonsten war es vorerst eher ruhig auf dem Gewässer.
Langweilig wurde es trotzdem nicht. Auf Plakaten zeigte Schreiter Abbildungen, etwa von Gründelenten, die man am Stausee oftmals beobachten könne. Dazu gehören auch Stock- und Schnatterenten. Diese „gründeln“, sie fressen also von der Wasseroberfläche aus und tauchen selten komplett unter. Vom Höckerschwan – eine Art der Entenvögel – wusste er zudem Geschichtliches: Kreuzritter hätten das Tier einst vom Orient mitgebracht. Sie wollten mit dem schönen stattlichen Vogel wohl ihre Burganlagen zieren.
Die Teilnehmer der Exkursion, die mit ihren Ferngläsern immer aufmerksam den See im Auge be- hielten, kamen dann doch noch auf ihre Kosten. Knäk- und Reiherenten gesellten sich zu ihren Artgenossen. Ein Silberreiher setzte zur Landung an. Eine Fluss-Seeschwalbe saß zunächst lange auf einer Insel. Dann zeigte sie ihre galanten Flugkünste, mit denen sie über den See zog. Am Schluss wurde sogar ein Schwarzmilan gesichtet. „Ein seltener Vogel, der wohl jetzt gerade erst aus seinem Winterquartier in Afrika gekommen ist“, wie der Vogelexperte vermutete.
Die Wasservögel-Exkursion stellte die Auftaktveranstaltung zu einer Veranstaltungsreihe der Gemeinde Kettershausen dar, die heuer zum ersten Mal ein Jahresprogramm als Naturgemeinde umsetzen will Wie der anwesende Zweite Bürgermeister Markus Koneberg informierte, ist am 17. Juni auch erstmals ein Naturgemeindetag geplant.
Dem Förderverein der Stiftung Kulturlandschaft Günztal ist Kettershausen 2015 beigetreten. Die Stiftung arbeitet seit 2000 daran, der Natur an der Günz – dem längsten Bachsystem Bayerns – wieder mehr Raum zu geben. Claudia Nägele vom Förderverein erklärte den Teilnehmern der Exkursion, dass dies etwa durch Projekte geschehe, die darauf abzielen, Flächen aus der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung herauszunehmen. Durch extensive Nutzung soll die biologische Vielfalt erhalten und gefördert werden. Kettershauser Landwirte nehmen bereits daran teil.