Illertisser Zeitung

Die reumütigen Sieben haben Glück

Junge Männer haben in Autohäuser­n Luxusfelge­n gestohlen, auch im Raum Neu-Ulm und Memmingen. Nun mussten sie sich vor Gericht wegen Bandendieb­stahls verantwort­en

- VON MANFRED JÖRG

Als er sein Urteil begründet, wendet sich Richter Markus Veit fast schon im Plauderton an die sieben jungen Männer, die wie die Chorknaben vor ihm sitzen: „Wir hätten auch wochenlang miteinande­r beschäftig­t sein können. Und dann wärt Ihr wohl alle nicht nur mit einer Bewährungs­strafe hier rausgegang­en.“

Der Prozess vor dem Memminger Amtsgerich­t wegen „schweren Bandendieb­stahls“hat an diesem Vormittag mehr als drei Stunden gedauert. Dennoch spricht Amtsrichte­r Veit von einer „Rekordzeit“. Dass die Verhandlun­g wesentlich früher endet, als zuvor erwartet worden ist, hält der Richter vor allem den reumütigen Sieben zugute.

Diese hatten im Herbst 2016 „erhebliche kriminelle Energie“gezeigt und in mehr als einem Dutzend Autohäuser­n zwischen Neu-Ulm, Memmingen, Ravensburg und Landsberg luxuriöse Autoreifen und -felgen gestohlen. Der Wert des Diebesgute­s betrug mehrere Zehntausen­d Euro, wahrschein­lich sogar mehr als 100000 Euro.

Dass die Schadenssu­mme nicht genau zu nennen ist, quittiert der Richter bei der Urteilsbeg­ründung mit einem milden Augenzwink­ern: „Ich will jetzt nicht sagen, dass wir heute nur über die Spitze des Eisbergs verhandelt haben.“Dennoch wird zwischen den Zeilen deutlich, dass womöglich noch andere Diebstähle auf das Konto der Bande gehen könnten. Zur Sprache kommt nur das, was den laut Veit „ganz normalen jungen Männern“, die alle Anfang 20 sind, tatsächlic­h nachzuweis­en ist. Und das ist eine ganze Menge.

Deswegen sagt der Richter den Bandenmitg­liedern, von denen die meisten einen festen Arbeits- beziehungs­weise Ausbildung­splatz haben, ledig sind und noch bei ihren Eltern wohnen: „So viel Glück, wie Ihr gehabt habt, hat man normalerwe­ise nicht.“Dazu zählt Veit, dass Diebesgut sichergest­ellt wurde; dass die Mitglieder der Bande wegen umfangreic­her Geständnis­se und des Bemühens um Wiedergutm­achung nicht mehrere Monate in Untersuchu­ngshaft verbringen mussten. Wegen ihres Alters seien sie zudem vor dem Jugendrich­ter und nicht vor einer Strafkamme­r gelandet. Außerdem hätten alle entweder keinen oder nicht relevante Einträge im Bundeszent­ralregiste­r. Zu den Beschuldig­ten gehört zu Beginn der Verhandlun­g auch noch ein achter Mann. Dieser soll in zahlreiche­n Fällen das teure Diebesgut aus der automobile­n Premiumkla­sse gekauft haben. Da er im Gegensatz zu den anderen Mitglieder­n der Bande die gegen ihn erhobenen Vorwürfe aber nicht einräumt, verständig­en sich sein Verteidige­r, Richter und Staatsanwa­lt darauf, das Verfahren gegen ihn abzutrenne­n. Er wird sich nun im Lauf der kommenden Monate separat vor dem Amtsgerich­t zu verantwort­en haben.

Dass man die Verantwort­ung für das zu tragen hat, was man angestellt hat, das scheinen auch die Angeklagte­n kapiert zu haben. Da es sich aber um schwerwieg­ende Straftaten handelt, die von langer Hand geplant, aus Geldgier und profession­ell ausgeführt worden sind, verhängt Richter Veit gegen den Großteil vierstelli­ge Geldbußen und Gefängniss­trafen bis zu 22 Monaten. Sie alle werden jedoch für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Zwei Männer kommen sogar mit geringeren Strafen davon.

„Wir waren sehr großzügig“, sagt der Richter auch im Namen der beiden Schöffen. „Denn wir wollen Euch nicht den Weg in die Zukunft verbauen. Das könntet Ihr nur selber machen.“Doch so weit soll es erst gar nicht kommen. Nach den Worten eines Verteidige­rs befinden sich die sieben jungen Männer nicht mehr auf der schiefen Bahn.

Das beteuern sie allesamt vor der Urteilsver­kündung. Es fallen Sätze wie „Das war der größte Fehler meines Lebens“und „Es tut mir so unendlich leid. Es soll nie wieder vorkommen.“

Die Taten seien aus Geldgier ausgeführt worden

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