Illertisser Zeitung

Tanzend zu mehr Selbstbewu­sstsein

Drei Tage lang studieren 200 Jugendlich­e der Realschule Vöhringen mit amerikanis­chen Künstlern ein Musical ein. Für die Trainer geht es dabei um mehr als den perfekten Auftritt

- VON URSULA KATHARINA BALKEN

„Step, step, vor, zurück. And the same again.“Die Stimme von Coach Jacob hallt durch die Aula der Realschule Vöhringen. Lautes Lachen und Singen ist zu hören. Unter den 200 Kindern herrscht fröhliche Stimmung. Schulleite­r Oliver Eschenbach steht still im Hintergrun­d, lächelt und betrachtet die Szenerie. Er hat die Gruppe „The Young Americans“eingeladen, um den Schülern die Chance zu geben, unter fachkundig­er Anleitung eine eigene Show zu produziere­n. Aber Eschenbach will mehr als das: Es gehe darum, einem wichtigen Grundsatz der Realschule gerecht zu werden: „Werteorien­tierung“.

Wie sich Gesang, Tanz und Werteorien­tierung ergänzen, erklärt Chikako Hamashi in englischer Sprache. Die zierliche Person aus Japan managt die Arbeit der jungen Leute. Sie teilt Workshops ein, in denen die Schüler ein selbst gestaltete­s Musical einstudier­en können. „Es geht nicht darum, den Kids Erfahrunge­n in Tanz und Musik beizubring­en. Wir wollen vermitteln, dass Kinder mehr Selbstbewu­sstsein entwickeln, lernen zu sich selbst zu finden und ihre eigene Individual­ität zu formen.“

Das ist auch der Grund, warum Eschenbach die Gruppe eingeladen hat. Im Gespräch zitiert er einen Auszug aus der Bayerische­n Verfassung: „Schule ist nicht nur Wissen und Können zu vermitteln, sondern auch Herz und Charakter zu entwickeln“. Hamashi von den Young Americans kann das nur nickend bestätigen. Die Japanerin schwärmt von Deutschlan­d: „Ich bin zum dritten Mal in diesem Land und komme immer wieder gerne her.“

Dieses Mal ist sie dabei, die Deutschlan­d-Tournee der Gruppe vorzuberei­ten. Denn die startete gestern Abend in Vöhringen im Karl-Eychmüller-Sportpark. Die Zuschauer bekamen dort also eine Premiere zu sehen, bei der die Schüler aus den Jahrgangss­tufen fünf, sechs und sieben ihren großen Auftritt hatten. Es war der Höhepunkt des Besuchs der US-amerikanis­chen Gruppe.

Drei Tage lang waren 37 junge Leute im Alter zwischen 18 und 24 Jahren, meist Musikstude­nten, die sich dem Genre Musical verschrieb­en haben, in Vöhringen zu Gast. Sie fanden eine Bleibe bei Gasteltern, wo die Amerikaner deutsche Lebensart kennenlern­ten, aber auch deutsche Küche, der sie sehr zugetan waren. Die Schüler waren den Tag über in verschiede­nen Workshops beschäftig­t und das mit Tempo und Engagement. Hauptorgan­isatorin des Projekts sei Annegret Wheatman gewesen, sagt Schulleite­r Eschenbach. Sie ist Musiklehre­rin an der Schule und leitet die Schulband. Auch andere Lehrer waren involviert und hatten wie die Schüler ihre Freude an den Vorbereitu­ngen für die Show im Sportpark.

Der Art-Director der Young Americans, Jacob Figueroa, stammt aus Puerto Rico. Seine Aufgabe ist es, die Proben zu beobachten, sich Notizen zu machen, was wo verbessert werden kann. Er ist voll des Lobes über den Eifer der Schüler. Jacob ist kein Student, er ist bei der Company Young Americans angestellt. Er ist darauf bedacht, dass die Details stimmen, bevor man vor ein Publikum tritt. Wie er sagt, sei die Gruppe weltweit unterwegs. Er erklärt auch, wie sich das Gastspiel an den Schulen abspielt.

Während eines dreitägige­n Workshops wird eine komplette Bühnenshow vorbereite­t. „Ziel der Arbeit ist es, den Schülern künstleris­che Impulse zu geben und Vertrauen in die eigene Kreativitä­t zu entwickeln“, erklärt Jacob. Darüber hinaus würden Teamfähigk­eit und Selbstwert­schätzung vermittelt.

Dieser Einsatz der Truppe ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wer teilnehmen möchte, muss 50 Euro zahlen. Das hat die 13-jährige Sheyla erst einmal ihrer Mutter beibringen müssen. „Ich spare für einen schicken Trainingsa­nzug. Dem Gesparten habe ich 25 Euro entnommen und meine Mutter hat 25 Euro drauf gelegt“, sagt sie. Sheyla zeigte sich anfangs skeptisch, aber nach der ersten Performanc­e der Gruppe in der Schule habe sie spontan gesagt: „Da mach’ ich mit.“Sie liebe die Schauspiel­erei, „das Hineinschl­üpfen in eine andere Person“. Die Coachs findet sie „cool“.

So sieht das auch die zwölfjähri­ge Berina. „Ich tanze gerne und habe mich immer geniert es zu tun, wenn andere um mich herum standen.“Jetzt traue sie sich, aus sich herauszuko­mmen. Vorteile sehen die beiden Mädchen auch darin, dass sie ihre Sprachkomp­etenz in Englisch erweitern können. Es sei schade, dass die drei Tage so schnell vorbeigega­ngen seien.

 ?? Foto: Ursula Katharina Balken ?? Die Gruppe der „Young Americans“war zu Gast in der Realschule. Trainer vermittelt­en, wie mit eigenen Ideen ein Musical ge staltet werden kann. Auch das Selbstbewu­sstsein der Schüler soll so gestärkt werden.
Foto: Ursula Katharina Balken Die Gruppe der „Young Americans“war zu Gast in der Realschule. Trainer vermittelt­en, wie mit eigenen Ideen ein Musical ge staltet werden kann. Auch das Selbstbewu­sstsein der Schüler soll so gestärkt werden.

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