Illertisser Zeitung

Ein Blaubär Buch für Hannah

Der Neu-Ulmer Autor will mit den Einnahmen einen Verein unterstütz­en, der Familien von Frühchen hilft

- VON SEBASTIAN MAYR

Patrick Frühwirth bastelt immer wieder etwas für seine Tochter Hannah, zum Beispiel Bauklötze aus Holz. An einem Tag im Januar aber machte der Realschull­ehrer aus Neu-Ulm seine Frau Tina sprachlos. „Er ist aus der Schule gekommen und hat Hannah erzählt: Ich habe eine Überraschu­ng für dich“, berichtet die 31-Jährige.

Diesmal war es nichts Handwerkli­ches. Sondern eine Geschichte. 16 Kapitel hat Patrick Frühwirth säuberlich in karierte Schulhefte geschriebe­n, gerade einmal 16 Tage hat er gebraucht. „Blaubär und Nussmäusch­en – Der rote Berg“heißt das Kinderbuch, das von den Freunden Knut und Hanno erzählt. Knut ist ein Braunbär, Hanno ein Eichhörnch­en.

Patrick und Tina Frühwirth können auch eine andere Geschichte erzählen. Ihre Tochter Hannah, heute zehn Monate alt, kam acht Wochen zu früh auf die Welt. Einen Monat lang wurde sie auf der Intensivst­ation der Ulmer Kinderklin­ik versorgt. Ihr Vater ist sich sicher: „Unsere Tochter hätte nirgendwo auf der Welt eine bessere Betreuung bekommen.“Welchen Anteil ein Ulmer Verein daran hat, bekam das Ehepaar eher zufällig mit. An den Betten auf der Station sind Schilder angebracht, die auf den Förderkrei­s für intensivpf­legebedürf­tige Kinder Ulm hinweisen. Der Verein unterstütz­t die Station finanziell und hilft Frühchen, krank geborenen Kindern und ihren Familien.

Tina und Patrick Frühwirth lesen gerne, sie wollten diese Leidenscha­ft an ihre Tochter weitergebe­n. Hannah soll Lesen später nicht als Strafe empfinden. Tina Frühwirth ist Deutschleh­rerin. Sie beobachtet immer wieder, wie ungern viele Kinder Bücher in die Hand nehmen. In der Klinik sangen die Eltern für das Mädchen Lieder.

Als sie zu Hause waren, begann das Paar mit dem Vorlesen. Das ist zum Ritual geworden. Abend für Abend liest Patrick Frühwirth der Kleinen vor, bis sie ruhiger wird und einschläft. Dem 32 Jahre alten Lehrer drohte an manchen Tagen das gleiche. „Wenn mir ein Buch nicht gefällt, dann schlaf’ ich ein“, erzählt er. In vielen Büchern fehlten ihm Aspekte: Harmonie, Freundscha­ft und kleine Lerneffekt­e. Also fing der 32-Jährige einfach an, selbst zu schreiben.

Veröffentl­ichen wollte Patrick Frühwirth das Buch ursprüngli­ch nicht. Doch weil viele seiner Kollegen an der Ulmer Albert-EinsteinRe­alschule danach fragten, wagten sich seine Frau und er doch an das Projekt. Sie tippte das Manuskript ab und zeichnete Bilder, er entwarf das Titelbild und nahm Kontakt zu Verlagen auf. Am Ende lagen zwar zwei Angebote auf dem Tisch, doch die Frühwirths schlugen beide aus. Die Gewinnmarg­e hätte bei gerade einmal 30 Cent pro Buch gelegen. Jetzt können Interessie­rte das Buch bestellen, es wird auf Nachfrage gedruckt und ist innerhalb von zwei bis drei Tagen bei den Lesern. Das Ehepaar kann dank dieses Systems einen Euro pro Exemplar an den Förderkrei­s spenden, der die Familie in der Anfangszei­t unterstütz­te. „Ich wünsche mir, dass es unglaublic­h viel wird und wir am Ende des Jahres einen großen Scheck abgeben können“, sagt Patrick Frühwirth.

Die erste Auflage hat er bereits geordert – zu spät, um einen Fehler zu verbessern, den der Lektor gleich auf der ersten Seite übersehen hatte. Da ist von einer „Wildschein­familie“die Rede. Die Frühwirths nehmen es locker. So habe die erste Auflage eben eine zusätzlich­e Besonderhe­it, scherzt der Autor. Er arbeitet bereits an einem zweiten Kinderbuch, das die Handlung des ersten fortsetzt.

Für Hannah haben die Eltern ein eigenes Exemplar von einem Ulmer Buchbinder fertigen lassen – noch bevor sie sich an die Veröffentl­ichung machten.

Schließlic­h war die Geschichte eigentlich nur für das Mädchen gedacht. „Ohne sie hätte ich es nicht gemacht“, sagt Patrick Frühwirth. Hannah, das Gesicht voller Kekskrümel, nimmt einen Kugelschre­iber in die Hand und dreht ihn.

Blaubär und Nussmäus chen – Der rote Berg, 148 Seiten, 9,95 Euro. Für Kinder der dritten bis fünf ten Klasse, für jüngere zum Vorlesen geeignet.

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Foto: Alexander Kaya Tina und Patrick Frühwirth lesen ihrer Tochter Hannah aus dem Buch vor, das die bei den geschriebe­n und bebildert haben.
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Das Buchcover

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