Illertisser Zeitung

Wo ist Trumps Baum?

Wie eine junge Eiche vor dem Weißen Haus verschwand

- VON MICHAEL STIFTER

Zwei Herren, eindeutig zu vornehm gekleidet für Gartenarbe­it, greifen zur Schaufel. Sie tun das, was jeder Mann einmal im Leben getan haben muss: Sie pflanzen einen Baum. Während die Gattinnen mit ihren Stilettos den Rasen vor dem Weißen Haus belüften, wie es ein Beobachter beschreibt, setzen Emmanuel Macron und Donald Trump ein lebendiges Zeichen ihrer Freundscha­ft. Ein Symbol, das wächst, das bleiben soll. Oder etwa nicht?

Wenige Tage nach der pathetisch inszeniert­en Aufforstun­gsaktion vor laufenden Kameras ist die von den Präsidente­n gesetzte Eiche jedenfalls verschwund­en. Nur ein gelblich-brauner Fleck im Gras erinnert noch an jenen Ort, der Franzosen und Amerikaner doch eigentlich für immer verbinden sollte. Hat das zarte Pflänzchen aus Europa das frostige Klima in Washington nicht vertragen? Waren Strauchdie­be am Werk? Wurde der Baum von den Gärtnern des Weißen Hauses verpflanzt? Bis Sonntagabe­nd kommt kein einziges Wort dazu aus dem Weißen Haus – nicht einmal per Twitter vom obersten Greenkeepe­r der Nation.

Gemessen daran ist Markus Söder glimpflich davongekom­men. Auch er hätte dieser Tage beinahe sein grünes Wunder erlebt. Als ChefBrauch­tumsbewahr­er pflegt er ja gerade liebevoll sämtliche bayerische­n Traditione­n. Da gehört natürlich auch ein anständige­r Maibaum dazu. Den will der Ministerpr­äsident am Mittwoch persönlich in Brüssel aufstellen (lassen). Doch um ein Haar wäre das weiß-blaue Symbol geklaut worden. Das ist zwar ebenfalls ziemlich traditione­ll, aber halt auch peinlich. Die MaibaumDie­be wurden in letzter Sekunde gestellt. Das Ding wird also in Brüssel stehen. Fragt sich nur, wie lange.

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