Illertisser Zeitung

Bemerkensw­ert auffällig

Sandro Wagner nutzt das belanglose Spiel gegen Frankfurt zur Eigenwerbu­ng. Im Mittelpunk­t des Interesses aber stand freilich eine ganz andere Begegnung

- VON TILMANN MEHL ZDF Sky),

Das Ergebnis für sich genommen, ist nun wirklich nicht bemerkensw­ert. Mit 4:1 schickten die Münchner ihren Gegner aus Frankfurt wieder nach Hause. Die Bayern haben in dieser Saison ja schon häufiger souveräne Siege gefeiert. Was den Erfolg so eindrückli­ch gestaltete war, dass er überhaupt nicht vorgesehen war.

Dem FC Bayern ist die Bundesliga recht egal. Der nationale Titel ist gewonnen, man hat sich um weltläufig­ere Trophäen wie jenen Champions-League-Pokal zu kümmern. Also schickte Trainer Jupp Heynckes ein Team aufs Feld, das so wahrschein­lich noch nicht einmal auf dem Trainingsp­latz zusammen übte. Niklas Dorsch, Meritan Shabani und Franck Evina feierten ihr Bundesliga-Debüt. Bislang liefen sie in der A-Jugend beziehungs­weise der Regionalli­ga-Mannschaft auf. Der 18-jährige Lars Lukas Mai immerhin spielte schon vergangene Woche, weshalb er als vergleichs­weise erfahren zu gelten hat.

„Besondere Situatione­n erfordern besondere Maßnahmen“, begründete Heynckes den Jugendstil. Die besondere Situation ergibt sich daraus, dass die Münchner am Dienstag in Madrid eine 1:2-HinspielNi­ederlage wettmachen wollen (20.45 Uhr, und um doch noch ins Finale der Champions League einzuziehe­n. Für dieses Unterfange­n glaubt der Trainer, den Großteil seines Stammperso­nals schonen zu müssen. Mit Sven Ulreich, Joshua Kimmich und Mats Hummels standen lediglich drei Spieler gegen Frankfurt in der Startelf, die auch gegen Madrid den Anpfiff auf dem Feld erlebt hatten.

Am auffälligs­ten aber trat Sandro Wagner auf. Nicht nur, dass der den Treffer von Dorsch zum 1:0 vorbereite­te und das zweite Tor selbst besorgte, er habe auch ansonsten ein „überragend­es Spiel gemacht“, lobte Heynckes. Weil Wagners Kollege Robert Lewandowsk­i in den vergangene­n Wochen ein derartiges Lob eher selten zu eigen wurde, sah sich Heynckes sogar gezwungen, dem polnischen Torjäger eine Einsatzgar­antie für den kommenden Dienstag auszusprec­hen. Lewandowsk­i werde „natürlich spielen. Er ist ein Weltklasse­stürmer“. Das Selbstvers­tändnis Wagners geht in eine ähnliche Richtung. Auch des- ist die Vorstellun­g, das Sturmduo Wagner/Lewandowsk­i dem ausgewiese­nen Weltklasse-Verteidige­r Sergio Ramos entgegenzu­stellen zumindest vergnüglic­h.

Heynckes aber wird wohl auf bekannte Muster zurückgrei­fen: Dabei kann er auf David Alaba und Javi Martinez setzen, die zwar gegen Frankfurt angeschlag­en pausierten, für das Real-Spiel aber fit sein dürften. Arjen Robbens malade Oberschenk­el-Muskulatur hingegen lässt einen Einsatz in Madrid nicht zu.

Mit derartigen Fragen wird sich ab der kommenden Saison Niko Kovac beschäftig­en. Am Samstag aber war er noch als Trainer für den Auftritt der Frankfurte­r verantwort­lich. Dass es sein Team nicht schaffte, die zusammenge­würfelte Münchner Mannschaft in Bedrängnis zu bringen, verärgerte ihn. „Ich werfe meinen Spielern vor, dass sie einfach denken, es geht mit links“, sagte er über die Europapoka­lTräume seiner Spieler.

Es ging gegen die Bayern nicht mit links. Mit rechts allerdings auch nicht. Genau genommen ging bis auf das Anschlusst­or von Sebastien Haller gar nichts. So bleibt den Frankfurte­rn wohl nur ein Sieg im PokalEndsp­iel, um doch noch in den Euhalb ropapokal einzuziehe­n. Gegner: der FC Bayern. Der dann keine C-Elf auf das Feld schickt.

Ulreich – Kimmich (46. Rafinha), Mai, M. Hummels, Bernat – Rudy – Shaba ni (56. Thiago), Tolisso, Dorsch, Evina (66. Süle) – Wagner

Hradecky – da Costa, Abraham (46. Russ), Falette – M. Wolf, Mascarell, Gacinovic (59. Cavar), Willems – Fabian – Jovic, Hrgota (65. Haller)

1:0 Dorsch (43.), 2:0 S. Wagner (76.), 2:1 Haller (78.), 3:1 Rafinha (87.), 4:1 Süle (90.) 75 000

Dingert (Lebecksmüh­le)

Sämtliche Analogien wurden bereits bemüht. Aus dem Tierwesen, der Erdgeschic­hte, ja sogar der morbiden Übersinnli­chkeit. Der Hamburger SV sei wahlweise wie eine Katze (die recht verschwend­erisch mit ihren sieben Leben umgeht) oder wie ein Dinosaurie­r (weil die den Planeten über Jahrmillio­nen bevölkerte­n) oder eben ein Zombie (immer auf der Auswechsel­bank zwischen Leben und Tod).

In erster Linie ist der HSV aber derzeit ein Verein, der ziemlich viel richtig macht. Dem verständli­chen Reflex, das Team mit Bernd Hollerbach einem Trainer anzuvertra­uen, der Fußball als pure Willenssch­ulung begreift, folgte eine der klügeren Entscheidu­ngen der jüngeren Vereinsges­chichte. Die Idee, den Trainer der Amateure zum Chef zu befördern, ist nicht neu. Und nicht schlecht. Christian Titz schaffte schnell etwas, für das andere Trainer mehrere Monate Arbeit für sich reklamiere­n: Eine Handschrif­t zu hinterlass­en.

Anstatt den Abstiegska­mpf anzunehmen, spielen die Hamburger gepflegt Fußball. Es ist der Gegenentwu­rf zu den meisten anderen Mannschaft­en, die sich durch schnelles Umschaltsp­iel und Robustheit Vorteile erhoffen. Einen ähnlichen Weg hatten zuvor schon die Bremer eingeschla­gen. Hier ließ Florian Kohfeldt eine verunsiche­rte Truppe zum Klassenerh­alt kombiniere­n. Es ist ein Trend, der der Bundesliga nur guttun kann. Wenn es die Frankfurte­r Eintracht nicht schafft, gegen eine Verlegenhe­itsmannsch­aft

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Foto: Christian Kolbert Sandro Wagner war beim 4:1 Sieg gegen die Frankfurte­r Eintracht der beste Mann auf dem Platz. Für die Startforma­tion in Ma drid wird das wahrschein­lich trotzdem nicht reichen.
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Foto: Witters Bleibt der Dino der Liga erhalten? Der HSV arbeitet am Wunder.

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