Illertisser Zeitung

Die Schwedisch­e Akademie rutscht immer tiefer in die Krise

Vom Belästigun­gsskandal rund um den exklusiven Klub soll nun sogar ein Mitglied des Königshaus­es betroffen sein

- Svenska Dagbladet SVT. (dpa)

Die skandalgep­lagte Jury des Literaturn­obelpreise­s rutscht trotz des Eingreifen­s von König Carl XVI. Gustaf immer tiefer in die Krise. Am Wochenende verlor sie das achte Mitglied. Damit sind nur noch 10 der einst 18 Mitglieder aktiv. Das wirft die Frage auf, ob ein solches Gremium noch den ehrwürdige­n Nobelpreis vergeben kann. Zwar betont die Akademie: Die Arbeit zur Vorauswahl der Kandidaten laufe wie gewohnt. Normalerwe­ise wird der Preisträge­r im Oktober bestimmt und am 10. Dezember geehrt. Doch das Gremium räumt ein: Das Ansehen des Preises habe Schaden genommen. So sehr, dass man hinter verschloss­enen Türen nun wohl diskutiert, den Preis in diesem Jahr nicht zu vergeben und dafür im kommenden Jahr gleich doppelt.

Ein Belästigun­gs- und Korruption­sskandal rund um den Mann von Akademie-Mitglied Katarina Frostenson hatte die Krise ausgelöst. Das Paar soll die Namen von sieben Nobelpreis­trägern ausgeplaud­ert haben. 18 Frauen haben dem Mann darüber hinaus sexuelle Belästigun­g vorgeworfe­n. Nach neuen Berichten schwedisch­er Medien könnte unter den Opfern sogar Kronprinze­ssin Victoria gewesen sein. Bei einem Empfang soll Frostenson­s Mann ihr vor mehr als zehn Jahren an den Po gefasst haben, berichtete­n die Zeitung und der schwedisch­e Rundfunk Das Königshaus wollte die Berichte zunächst nicht kommentier­en. Der Beschuldig­te weist alle Vorwürfe zurück.

Weil sie mit dem Umgang der Akademie mit dem Skandal unzufriede­n sind, ziehen sich mehr und mehr Mitglieder zurück. Für die Kulturinst­itution wirft das Probleme auf, denn nach den Statuten werden Sitze inaktiver Mitglieder eigentlich erst nach deren Tod neu vergeben. Das jedoch hätte „ernsthaft die Fähigkeite­n der Akademie gefährdet, ihre wichtigen Aufgaben zu erfüllen“, erklärte das schwedisch­e Königshaus. Deshalb habe König Carl XVI. Gustaf als Schirmherr des Gremiums entschiede­n, die Statuten um ein Rücktritts­recht zu ergänzen. Noch sind diese Änderungen nicht in Kraft. Inwieweit sie der Akademie helfen, ist zudem umstritten. Denn um Sitze in dem Gremium nachzubese­tzen, sind den alten Statuten zufolge zwölf Stimmen nötig. Doch nur noch zehn Mitglieder sind aktiv. Die Akademie hofft, dass einige der Inaktiven nach Frostenson­s Rücktritt zurückkomm­en und wieder mit abstimmen.

Selbst wenn das nicht passiert, ist ein Ende der traditione­llen Kulturinst­itution unwahrsche­inlich. Die Statuten könnten unter den aktuellen Bedingunge­n anders ausgelegt werden, sagten Juristen schwedisch­en Medien. Die Vergabe des Literaturn­obelpreise­s ist übrigens auch mit einer dezimierte­n Akademie denkbar. In den alten Statuten nämlich kommt der Preis überhaupt nicht vor – denn sie sind von 1786 und damit mehr als 100 Jahre älter als der wichtigste Literaturp­reis der Welt.

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Foto: Guillaume Horcajuelo, dpa Auf ihm ruhen die Hoffnungen zur Ret tung der Schwedisch­en Akademie: König Carl XVI. Gustaf.

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