Illertisser Zeitung

Spannung, bis der Vorhang fällt

Im neuen Stück der Vöhringer Bühne Podium 70 ist schnell klar, wer der Mörder ist. Mitreißend bleibt die Aufführung dennoch bis zuletzt – vor allem wegen der Darsteller

- VON URSULA KATHARINA BALKEN

Ein englisches Landhaus im Grünen, einsam gelegen, Idylle pur. Cecily ist glücklich. Die junge Frau findet die Erfüllung ihres Lebens, ihren Mann Bruce. Er umgibt sie mit Schmeichel­eien und Aufmerksam­keiten. Scheinbar die perfekte Zweisamkei­t – oder etwa nicht?

Mit Agatha Christies „Ein Fremder im Haus“gelingt es der Vöhinger Laienbühne Podium 70, einen Thriller auf die Bühne des evangelisc­hen Gemeindeha­uses zu bringen, dessen Spannung sich wie ein verbales Crescendo steigert. Dank der Regie von Peter Kelichhaus wird aus dem Krimi nicht nur eine spannende Geschichte, es entwickelt sich auch das Psychogram­m eines Serienmörd­ers.

Die Geschichte steht und fällt mit der Hauptdarst­ellerin Cecily. Sie ist mit Christina Hilsenbeck ideal besetzt. Die junge Frau hat im Lotto 100 000 Pfund gewonnen. Und nun will sie leben, nachholen, was das Leben ihr bisher versagt hat. Ihren langjährig­en Verlobten schickt sie buchstäbli­ch in die Wüste. Und dann läuft ihr noch Bruce über den Weg, in den sie sich Hals über Kopf verliebt. Bedenken ihrer Freunde und Verwandten schlägt sie in den Wind. Hilsenbeck wandelt sich aus einer zögerlich jungfernha­ften Frau in einen vor Lebenslust sprühenden Menschen. Sie betet ihren Mann förmlich an, sieht großzügig über kleine Besonderhe­iten hinweg, deren Zunahme sie aber allmählich argwöhnisc­h werden lässt. Irgendetwa­s Unheimlich­es geht von ihm aus. Eine brüchige Stimme der Darsteller­in ist Ausdruck ihrer Angst. Die Nuancierun­gen in Sprache und Ausdruck fasziniere­n.

Bruce, für dessen Rolle Otmar Walcher eigens erblondete, lässt die Zuschauer sehr schnell erahnen, welch teuflische­n Gedanken er hegt. In Verhalten und Aussehen gleicht er einem Playboy nach amerikanis­chem Vorbild: überbreite­r Kragen, buntaufdri­ngliches Hemd. Er goutiert die vorbehaltl­ose Hingabe seiner Frau, die bedenkenlo­s ein Schriftstü­ck unterschre­ibt, nicht wissend, dass sie ihr gesamtes Vermögen ihrem Mann vermacht. Überzeugen­d wirkt Walcher dann, wenn er cholerisch auf Alltäglich­es reagiert, was Cecily stutzig macht.

In der Rolle des Ex-Verlobten Nigel ist Sven Hilsenbeck zu sehen. Er kann und will nicht begreifen, warum er verlassen worden ist und wird doch zum Schluss der Anker, nach dem Cecily schreit. Ulrich Warkus in der Rolle des Arztes Dr. Gribble lüftet durch seine Kenntnisse in Krimi- nologie ein wenig den Schleier des Geheimnisv­ollen. Serienkill­er morden, aber mit Abständen. Weniger um nicht aufzufalle­n, sondern weil sich dieses Töten als eine Art Sucht darstellt, was die Tat nicht weniger abstoßend macht. Ute Leitner als Tante Lou weicht von ihrer sonst betonten Larmoyanz ab, Horst Bärreiter schlüpft in die liebenswür­dige Rolle des Gärtners Hodgson und Romy Walcher gibt die Rat gebende Cousine.

In diesem Krimi muss nicht geraten werden, wer der Mörder ist. Das erahnt man schnell. Was die Aufführung sehenswert macht, ist das messerscha­rfe Profil des Täters, das sich durch die Regie herauskris­tallisiert. Erst wenn der Vorhang fällt, löst sich die Spannung im Saal.

Freitag, 4. Mai, 19.30 Uhr, Mittwoch, 9., 19.30 Uhr, Sonntag, 13., 18 Uhr, Mittwoch, 16., 19.30 Uhr und Samstag, 19. Mai, 19.30 Uhr. Karten gibt es an der Abend kasse oder können in der Buchhand lung Kelichhaus unter der Telefonnum­mer 07306/32678 vorbestell­t werden.

 ?? Foto: Ursula Katharina Balken ?? Spannung bis zuletzt: Cecily (Christina Hilsenbeck) erkennt, welch teuflische­s Spiel ihr Mann (Otmar Walcher) mit ihr treibt. Für die Vorstellun­g der Vöhringer Bühne Podium 70 gab es minutenlan­gen Beifall.
Foto: Ursula Katharina Balken Spannung bis zuletzt: Cecily (Christina Hilsenbeck) erkennt, welch teuflische­s Spiel ihr Mann (Otmar Walcher) mit ihr treibt. Für die Vorstellun­g der Vöhringer Bühne Podium 70 gab es minutenlan­gen Beifall.

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