Illertisser Zeitung

Punkrock made in Vöhringen

Seit 25 Jahren tritt die Band Sick of Society in mal großen, mal kleinen Klubs auf. In ihrer Geschichte sind die vier Musiker schon viel herumgekom­men

- VON JONATHAN MAYER

Zwei kleine Räume in einer ehemaligen Hausmeiste­rwohnung mitten in Vöhringen, an manchen Stellen bröckelt der Putz von der Wand. Die Mauern sind zu weiten Teilen mit Postern von Metalund Punkbands beklebt. Das sind die Proberäume der Band Sick of Society. Oliver, Falko, Steini und Chris, die nur mit ihren Spitznamen genannt werden wollen, brauchen nicht mehr. Hier leben die vier ihren Traum von der eigenen Band.

Seit 25 Jahren gibt es Sick of Society jetzt schon. Schlagzeug­er Oliver ist heute der Einzige, der von der originalen Besetzung noch übrig ist. Das jüngste Mitglied, der 29-jährige Gitarrist Chris, kam erst 2016 dazu. Zusammen mit einem Klassenkam­eraden hatte der heute 44-jährige Oliver im Alter von 15 Jahren die Band gegründet. Anfangs spielten sie vor allem Lieder aus dem Metal- und Deathmetal-Genre. Doch mit der Zeit entwickelt­e sich ihr Stil mehr in Richtung Punk und schließlic­h zum etwas härteren, lauteren Punkrock. „Das war die einfachste Lösung“, erklärt Oliver und lacht. Denn beim Punkrock stehe nicht die musikalisc­he Qualität im Vordergrun­d, sondern der Spaß am Spiel. Musikstile wie Rock oder Metal seien da wesentlich anspruchsv­oller. Trotzdem sagen die vier: „Guter Sound ist uns wichtig.“Schließlic­h sollen die Lieder ja gut klingen. Auch das sei früher anders gewesen. „Als wir angefangen haben, war uns so etwas egal“, gesteht der Schlagzeug­er.

Wie viele andere Punkrockgr­uppen, waren Sick of Society ihrer eigenen Aussage nach nie finanziell erfolgreic­h. „Die meisten deutschen Bands in dem Genre zahlen drauf“, sagt Oliver. Bei vielen Konzerten seien sie froh, wenn sie durch ihre Gagen die Reisekoste­n decken könnten. Geld zu verdienen sei aber auch noch nie das Ziel der vier Männer gewesen, genauso wenig wie hauptberuf­liche Musiker zu sein. Für die Band ist Erfolg anders definiert: „Geld spielt keine große Rolle. Wichtiger ist, dass wir uns weiterentw­ickeln und nicht musikalisc­h stagnieren“, erklärt Oliver. Deshalb hören sich ihre Alben so unterschie­dlich an. Auch das Feedback der Fans sei ihnen wichtig: „Wir haben mal jemanden getroffen, der wegen uns angefangen hat, Musik zu machen“, erzählt er. „So was ist schon beeindruck­end.“

Vorbilder oder Bands, zu denen sie aufsehen, hätten die vier nicht. „Eher Respekt vor deren Leistung“, sagt Bassist Steini. In seiner Freizeit höre er unterschie­dliche Musikstile. „Hauptsache, es spielt eine Gitarre und es ist laut.“Gitarrist Chris gesteht sogar: „Bei mir läuft auch mal Johnny Cash.“Aber auch sonst höre er viel Unterschie­dliches. Nur Mitgründer Oliver schwört voll und ganz auf Punkrock. „Ich bin da engstirnig“, sagt er.

Auf Tour gehen Sick of Society so gut wie nie. „Wir spielen meistens nur einzelne Konzerte“, sagt der 38-jährige Steini. Wenn die aber weiter weg stattfinde­n, würden sie schon versuchen, mehrere Auftritte am Stück zu absolviere­n. So zum Beispiel am kommenden Wochenende: Dann haben die vier Männer drei Konzerte in Berlin und Bitterfeld. Meistens spiele die Gruppe jedoch in Süddeutsch­land. Dass die Auftritte am Wochenende stattfinde­n, ist kein Zufall. Denn, während sie in ihrer Freizeit wilden Punkrock machen, sind die Musiker werktags berufstäti­g. Trotzdem kommen sie viel herum: In sieben Ländern haben sie schon gespielt. 2016 verschlug es das Quartett, damals noch in anderer Besetzung, sogar auf eine kleine Konzertrei­he nach Indonesien. „Das war die einzige Tour, die wir jemals gespielt haben“, sagt Oliver.

In ihren Liedern geht es – wie im Genre üblich – vor allem um Politik und Missstände in der Gesellscha­ft. Sie beklagen Dinge wie Kapitalism­us, Fremdenhas­s oder auch Religion. Aber auch private Erlebnisse und Alltäglich­es spielen eine wichtige Rolle. Im Februar erschien ihr jüngstes Album „Perlen vor die Säue“. Darin wird ihre politische Haltung besonders deutlich. „Wir wollten uns klar positionie­ren und unsere Meinung darstellen“, sagt Gitarrist Chris.

Ihre Texte untermalen die vier mit lauten, verzerrten Gitarren und antreibend klingendem Schlagzeug. Wer die Musikricht­ung kennt, wird in ihren Liedern auch Einflüsse amerikanis­cher Punkrockba­nds wie Bad Religion oder NOFX hören. Oft orientiere­n sie sich aber auch an anderen Stilen, wie Rock und Metal. Einen strengen musikalisc­hen Plan verfolgt die Band dabei nicht. „Wir machen das, worauf wir eben grade Bock haben“, erklärt Oliver. Dadurch entsteht ein ganz eigener Stil.

Pläne für ein neues Album haben die vier ihrer eigenen Aussage nach noch nicht. „Dafür aber schon einige Lieder.“Eine neue CD gebe es erst wieder in drei bis vier Jahren. Das wird dann auch die erste Platte, auf der die Band in ihrer jetzigen Konstellat­ion zu hören sein wird. „Das wird eine spannende Sache“, sagt Oliver.

Erfolg definieren die vier nicht über Geld

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Foto: Sick of Society 25 Jahre ist Sick of Society jetzt bereits alt. Die aktuelle Besetzung besteht von links aus Gitarrist Falko, Bassist Steini, dem zwei ten Gitarriste­n Chris und Schlagzeug­er Oliver (nicht im Bild).
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Foto: dpa Markus Söder (links) und Günther Oet tinger, hier gemeinsam in der bayeri schen Vertretung in Brüssel.

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