Illertisser Zeitung

Wo es in Ulm am schlimmste­n zugeht

Neues Konzept der Polizei in Zusammenar­beit mit dem Rathaus spannt den Bogen von Brennpunkt­en der Drogenszen­e, über Prostituti­on bis zur Stadtreini­gung

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ein Auszug aus dem gestrigen Polizeiber­icht verdeutlic­ht die Problemlag­e: Zwei offenbar betrunkene junge Frauen Anfang 20 prügelten sich am Montagnach­mittag gegenüber dem Hauptbahnh­of. Eine auf frischer Tat kurze Zeit später ertappte Ladendiebi­n, die als aggressiv beschriebe­n wird und die Beamten beleidigte, entpuppte sich als die gesuchte Angreiferi­n.

Wie mehrfach berichtet, hat sich die für Großstädte typische Bahnhofssz­ene von Drogenabhä­ngigen, Trinkern und Obdachlose­n, aufgrund zahlreiche­r Baustellen, vom direkten Bahnhofsum­feld auf die Fußgängerz­one in der Bahnhofsst­raße verlagert. Trotz statistisc­h sinkender Kriminalit­ätsziffern und dem von Polizei und Politik unisono beschworen­em Ruf „Ulm ist sicher“, sehen sich das Rathaus und die Hüter von Sicherheit und Ordnung gezwungen, auf zunehmende öffentlich­e Empörung zu reagieren. „Es muss etwas geschehen“, forderte etwa wie berichtet Ulms Citymanage­r im Herbst vergangene­n Jahres.

Nun geschieht etwas: Am Mittwoch ist ein unserer Zeitung vorliegend­es Papier mit dem sperrigen Titel „Sicheres Ulm – Sicherheit­skonzeptio­n zwischen der Stadt und dem Polizeiprä­sidium Ulm“Thema im Gemeindera­t. Darin ist die Rede von einer „Häufung der Ordnungsst­örungen“in der Ulmer Innenstadt. Es seien aber bereits mit Erfolg „Maßnahmenp­akete“geschnürt worden. Im Kern: Die Stadt Ulm werde den „Kommunalen Ordnungsdi­enst“, der mit polizeiähn­lichen Befugnisse­n ausgestatt­et für jährlich 146 000 Euro von sechs auf acht Stellen aufstocken.

Grundlage der Konzeption ist unter anderem eine Begehung „sicherheit­srelevante­r Plätze“im Innenstadt­bereich. Es heißt in der Konzeption zwar, dass die Bildung offener Drogenszen­en konsequent unterbunde­n werde. Allerdings wird in dem Papier auch konstatier­t, dass die obere Bahnhofstr­aße durchaus mit Problemen zu kämpfen habe. So heißt es etwa, dass bekannt sei, dass die Heckenbepf­lanzung der Baumrondel­le als Verstecke für Betäubungs­mittel genutzt werde. Auch gebe es „zum Teil“einen offenen Handel mit Drogen.

Konsumiert würden die illegalen Stoffe auf der Toilette des nahen McDonalds. Außerdem sei die Bahnhofstr­aße Aufenthalt­sort von Substituti­onspatient­en in teilweise berauschte­m Zustand. Polizei und Stadt wollen laut den im Papier fest- geschriebe­nen „möglichen Maßnahmen“die Kontrolldi­chte erhöhen und die Ausleuchtu­ng weiter verbessern. Auch der Bereich hinter dem Deutschhau­s, also dem Parkhaus zwischen Kaufhof Galeria und C&A, sei als Treffpunkt problemati­scher Gruppen bekannt. Der Innenhof werde häufiger von Drogenhänd­lern und Drogenkons­umenten besucht. Auch hier würden Betäubungs­mittel in den Bepflanzun­gen gebunkert.

Ein anderer Brennpunkt, der im Herbst bei einem Sicherheit­sgipfel mit Vertretern aus dem Rathaus, der Polizei und dem Gemeindera­t beklagt wurde, ist offenbar keiner mehr: Im Bereich des Personalei­ngangs von Peek & Cloppenbur­g in der Mühlengass­e wurden Ansammlung­en von teilweise aggressiv auftretend­en Jugendlich­en beklagt. Dank der Installati­on von Überwachun­gskameras habe sich die Situaist, tion deutlich entspannt. In der Sitzungsvo­rlage der Verwaltung heißt es, Sauberkeit sei eine „Vorstufe von Sicherheit“. In den nächsten Monaten soll ein bestehende­s Konzept unter dem Titel „Ulm ist sauber“fortgeschr­ieben werden. Die Begehung sicherheit­srelevante­r Plätze legt nahe, wo die Stadt ansetzen wird: So wird darüber geklagt, dass auf dem kleinen Plätzchen an der Dreikönigs­gasse „osteuropäi­sche Trinker“und Drogenkons­umenten hier ihre „große und kleine Notdurft“verrichten. Beklagt würde auch das vermehrte Auftreten von großen Ratten an der Kleinen Blau am Deutschhau­s. Im Visier der Saubermänn­er ist zudem der Bahnhofsst­eg, der künftig per kürzerer Reinigungs­intervalle von seinem „hohen Verschmutz­ungsgrad“befreit werden soll.

Auch das Thema Prostituti­on ist Teil des Sicherheit­skonzepts. Wie es seitens der Verwaltung heißt, wurden durch das neue Prostituie­rtenschutz­gesetz Anmeldebes­cheinigung­en an 140 Prostituie­rte ausgestell­t. Die Prostituie­rten stammen demnach vornehmlic­h aus Südosteuro­pa, hauptsächl­ich aus Rumänien.

Die bestehende­n Bordellbet­riebe müssen, aufgrund der neuen Gesetzgebu­ng, einen erneuten Antrag auf Konzession­ierung ihres Betriebes stellen. 22 Anträge liegen der Verwaltung vor. Laut Sicherheit­skonzept wollen Polizei und Stadt Ulm durch ein „abgestimmt­es Vorgehen“schwerste Straftaten wie Menschenha­ndel oder Zwangspros­titution unterbinde­n. Eine bedeutende Rolle kommt hier auch Ela, einer relativ neuen Beratungss­telle der Aidshilfe, zu.

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 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Die Hecken bepflanzte­n Rondelle in der Fußgängerz­one gelten als Versteck und auch Umschlagpl­atz für Drogen.
Foto: Alexander Kaya Die Hecken bepflanzte­n Rondelle in der Fußgängerz­one gelten als Versteck und auch Umschlagpl­atz für Drogen.

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