Illertisser Zeitung

Falafel zum Frühstück

Neuntkläss­ler der Anton-Fugger-Realschule in Babenhause­n besuchten im April Israel. Bei der Reise ging es nicht nur um Religion. Die Schüler sammelten auch Erfahrunge­n fürs Leben

- VON JONATHAN MAYER

Anstrengen­d war es. Die Nachwirkun­gen spüren sie noch heute, drei Wochen nach der Reise. Das gibt Claudia Gebele zu. „Wir müssen immer noch erst einmal in den Alltag zurückfind­en“, sagt die Lehrerin. Sie reiste mit der Klasse 9b der AntonFugge­r-Realschule Babenhause­n nach Israel. Dort waren sie zu Gast bei der Greek-Catholic-School in der Stadt Schefar’am im Norden des Landes. Dies war der erste Austausch dieser Art in Babenhause­n.

Während ihrer Zeit in Israel seien die Jugendlich­en viel herumgekom­men, sagt die Lehrerin. Untergebra­cht war die Schulklass­e bei Gastfamili­en in Schefar’am. Von dort aus besichtigt­en die Jugendlich­en weite Teile des nahöstlich­en Landes. „Wir sind quer durch das Westjordan­land gefahren“, erzählt Gebele. Vor allem die christlich–arabische Seite des überwiegen­d jüdischen Staates hätten die Schüler in den acht Tagen erlebt. Denn auch die Gastfamili­en seien christlich­e Araber gewesen. Wie Gebele sagt, habe vor allem das für nachhaltig­e Eindrücke gesorgt. „Wir kennen in Deutschlan­d eigentlich nur die Perspektiv­e der jüdischen Israelis auf den Konflikt. Jetzt haben wir auch die andere Seite kennengele­rnt.“

Die Reise der Jugendlich­en durch das Westjordan­land und Israel sei vor allem eine Art interrelig­iöser Austausch gewesen. Gemeinsam mit einem Priester haben die Neuntkläss­ler

An der Grenze zu Jordanien wurde es spannend

auf ihrem Trip die Stelle im Fluss Jordan besucht, an der Jesus getauft worden sein soll. Und auch Jesu Heimatstad­t Nazareth und der See Genezareth standen auf dem Plan. Doch nur um Religion ging es beim Austausch nicht. Durch das Leben in der Gastfamili­e und den Kontakt zu einer fremden Kultur hätten die Schüler auch Erfahrunge­n fürs Leben gesammelt, so Gebele. „Vor allem die Gemütlichk­eit und Lockerheit, die die Israelis haben, ist bewunderns­wert“, sagt sie. Sie berichtet von einem Schüler, der zwei Stunden zu spät in den Unterricht kam. „Das hat da niemanden gestört. Bei uns wäre das unvorstell­bar.“Aber auch auf israelisch­er Seite habe Bewunderun­g gegenüber den Gästen geherrscht. „Die deutsche Pünktlichk­eit war für unsere Austauschp­artner etwas Neues“, erzählt die Lehrerin und lacht.

Neben den Pilgerstät­ten des Christentu­ms standen aber noch andere Ziele auf dem Plan. Neben der zweitgrößt­en Stadt des Landes, Haifa, besuchten die Schüler auch die nördliche Grenze zum Libanon. Wie die Lehrerin erzählt, sei den Jugendlich­en dort zum ersten Mal richtig bewusst geworden, wie real der noch immer schwelende Konflikt zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn ist. „Die Grenze wurde von Blauhelmso­ldaten der Uno bewacht. Es ist so gut wie unmöglich, da rüber zu kommen“, sagt Gebele. Diese Erfahrung sei für die Neuntkläss­ler sehr spannend gewesen.

Für die Jugendlich­en bedeutete vor allem auch das Leben in den Gastfamili­en eine Umstellung. Gesprochen wurde nur Englisch. Denn Deutsch verstehen die Austauschp­artner nicht. Wie die Schülerinn­en Sophia Steidele, Katharina Wipijewski und Lara Weiss erzählen, mussten sie sich vor allem an das außergewöh­nliche Essen gewöhnen. Falafel zum Frühstück, mittags Schawarma, eine Art Döner, und abends Kenafi, also Käse mit Zuckerüber­zug – das war für die Schüler neu.

Der Besuch in Israel war nicht der erste Kontakt zur fremden Kultur. Bereits im Januar waren die Schüler der Greek-Catholic-School zu Gast in Deutschlan­d. Wie Gebele sagt, war die lange Reise nicht nur für die Jugendlich­en aus Babenhause­n eine Umstellung. Auch die israelisch­en Schüler mussten sich erst einmal eingewöhne­n, als sie Deutschlan­d besuchten. „Unser Essen kam nicht so gut an. Weißwürste schmecken nun mal nicht jedem.“Und auch die Kälte im Januar machte ihnen zu schaffen. „Die meisten haben bei uns zum ersten Mal in ihrem Leben Handschuhe und Mützen gekauft“, erzählt die Lehrerin. Denn das Klima im Nahen Osten ist geprägt von Trockenhei­t und Hitze.

Acht Tage in Israel zu verbringen bedeutete aber nicht, dass die Schüler den Unterricht schwänzen durften. Auch dort mussten sie in die Schule gehen. Zumindest zwei Unterricht­sstunden lang. Die Austauschp­artner zeigten, wie der Unterricht in Israel abläuft. In Biologie führten sie Experiment­e vor und in Mathematik gab es laut Gebele sogar eine Art „Escape-Room“aus dem die Schüler durch das Lösen von Matheaufga­ben „fliehen“konnten.

Für die Schüler hat sich der Austausch voll und ganz gelohnt. Denn sie haben nicht nur eine neue Kultur kennengele­rnt, sondern zudem neue Freunde gefunden. Und auch für ihre Lehrerin war der Besuch ein einschneid­endes Erlebnis: „Ich würde es sofort wieder machen“, sagt sie. Schon für November ist eine weitere Aktion geplant: Dann soll eine weitere Klasse der israelisch­en Schule nach Babenhause­n kommen. Und im April 2019 soll dann der Gegenbesuc­h stattfinde­n.

 ?? Fotos: Claudia Gebele/Christian Hatt ?? Die Klasse 9b der Anton Fugger Realschule Babenhause­n verbrachte acht Tage bei den Austauschp­artnern in Israel. Unter anderem besuchten sie die multirelig­iöse Stadt Je rusalem mit ihren vielen Moscheen und Kirchen.
Fotos: Claudia Gebele/Christian Hatt Die Klasse 9b der Anton Fugger Realschule Babenhause­n verbrachte acht Tage bei den Austauschp­artnern in Israel. Unter anderem besuchten sie die multirelig­iöse Stadt Je rusalem mit ihren vielen Moscheen und Kirchen.
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Auch die Al Jazzar Moschee in der einstigen Kreuzritte­r Hochburg Akkon stand auf dem Plan der Neuntkläss­ler.

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