Die Macht der Nacht
In Weißenhorn kommt auch das Kleine wieder ganz groß raus – und sehr, sehr viele Menschen sind dabei
Weit über 60 Veranstaltungen an 32 Spielorten konnten die Macher der Weißenhorner Kulturnacht auch in diesem Jahr wieder auf die Beine stellen. Das Angebot reichte diesmal von gregorianischem Gesang in der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt über Rock und Pop auf der großen Bühne des Hauptplatzes bis hin zu Balladen der Siebzigerjahre in der Schlegel’schen Buchhandlung.
Dort spielten Winfried Bader, Ulrich Nitmann und Ulrich Hoffmann zwischen Bildbänden, Romanen und Sachbüchern englisch- und deutschsprachige Songs. Das Trio ist ein Urgestein der Kulturnacht: Seit der ersten Stunde vor neun Jahren beteiligen sich die drei Musiker am Weißenhorner Event. Perkussionist Hoffmann ist immer wieder gerne mit dabei und schwärmt: „Diese Stadt atmet Kultur und bietet mit tollen Lokalitäten für jeden Geschmack etwas.“Damit sei man weit über die Stadtgrenzen zu einem Begriff geworden.
Und tatsächlich bleibt kein noch so außergewöhnlicher Schauplatz an diesem Abend unbespielt: Im Sitzungssaal des Rathauses singen Chöre, im Turm des Unteren Tores werden Geschichten von feuerspeienden Drachen und milchtrinkenden Schlangen erzählt und vor dem Eingang der Heilig-Geist-Kirche befindet sich für einen Abend lang der Fußballplatz der Fußballmannschaft „Bananenflanke“– ein Projekt für Kinder und Jugendliche mit Behinderung.
Als viel zu klein für die Fans des Engels Aloisius stellte sich das historische Stadttheater heraus: Schon lange, bevor sich der Vorhang hob, mussten zahlreiche Besucher wegen Platzmangels abgewiesen werden. Die rund 100 Menschen, die das Glück hatten, den Berufsgrantler Alois Hingerl live auf der Bühne zu erleben, bekamen die „göttlichen Eingebungen“des Engels aus erster Hand erzählt. Eine Lösung für die Klinikdebatte könne er mit himmlischem Beistand bieten, wenn er seinen Freund, den Boandlkramer, bitten würde, im Neu-Ulmer Land- kreis Sonderschichten zu leisten. Mit so vielen Todesfällen hätte sich die Frage nach drei Krankenhäusern schnell erledigt. Zweifel hatte der himmlische Bote daran, dass sich die Stadt Neu-Ulm vom Landkreis jemals lösen könne. Schließlich müsse dem der Landtag zustimmen und „den Schwaben sind die noch nie entgegengekommen“.
Eine der jüngsten aktiven Teilnehmer ist Amelie Werdich. In der Altstadtgalerie von ihrem Opa, dem Stadtmaler Walter Werdich, stellte die junge Künstlerin gleich mehrere ihrer Aquarelle aus. Bemerkenswert ausdrucksvoll porträtiert die 13-Jährige Bienen, Katzen und Löwen.
Im Besucherstrom der Hauptstraße haben sich die Musiker von Shendoah vor dem Instrumentenstüble aufgestellt. Mit einem Mix aus geistlichen Liedern und moderner Popmusik bringen sie so manchen Besucher dazu, einen Moment auf den Bierbänken vor der Gruppe Platz zu nehmen. So werden aus vorübergehenden Schaulustigen bisweilen aufmerksame Zuhörer.