Illertisser Zeitung

Mit Fassbinder und Dietl durch München

Der Pop-Art-Künstler und Musiker Florian Schröder hat sein erstes Hörbuch aufgenomme­n

- VON MARCUS GOLLING

Alles beherrscht Florian Schröder eben doch nicht: zum Beispiel französisc­h. Aber auf seine fragwürdig­e Aussprache von „Fauxpas“oder „Jean-Luc Godard“angesproch­en, muss der 38-Jährige lachen – und hat gleich eine Antwort. Er sei dann eben wie Werner Herzog. Der große Filmemache­r, der seinen deutschen Akzent auch nach Jahrzehnte­n im internatio­nalen Geschäft nicht abgelegt hat. Schröder, Filmfan durch und durch, hat keine Angst vor den großen Namen.

„Sage mir deine Freunde“, das erste Hörbuch des aus dem Ort Heroldstat­t (Alb-Donau-Kreis) stammenden Künstlers, wimmelt geradezu von ihnen. Da erscheint IchErzähle­r Martin Dekowa, in der Geschichte übrigens ein Ulmer, im Traum der Regisseur Rainer Werner Fassbinder, da heißt die verflossen­e Liebe Helena mit Nachnamen von Klenze, wie der Architekt, dessen klassizist­ische Bauten bis heute das Bild Münchens prägen. „Sage mir deine Freunde“handelt von der bayerische­n Landeshaup­tstadt und ihrer Schickeria, von der von einst, die Helmut Dietl in seinen Fernsehser­ien zeigte, aber auch von der von heute. Denn der Protagonis­t ist ein zynischer Werber, der auf der Suche nach dem nächsten Trend in Begleitung einer jungen, ehrgeizige­n Praktikant­in durch Galerien, Clubs und andere Brennpunkt­e der besseren Gesellscha­ft streift. Die Stadt München, so der Dietl-, Herzogund Fassbinder-Verehrer Schröder, „bietet sich als Bühne an, weil man dort sehr gut Menschen beobachten kann“. Der Roman sei aber auch eine Liebeserkl­ärung an die Stadt, „wie an einen Sommer, der zu Ende geht“.

Dass Schröder jetzt auch noch Romanautor ist, mag manche überrasche­n. Ihn selbst eigentlich auch. Denn bekannt ist der 38-Jährige in der Region für ganz andere Projekte: Unter dem Namen „Wokasoma“macht er grafische Kunst in der Tradition der Pop-Art, als Stimme des Duos Opus Leopard pflegt er deutschspr­achigen Sprechgesa­ng mit deutlicher FalcoSchla­gseite, er hat schon Musikvideo­s und Kurzfilme gedreht. „Sage mir deine Freunde“, so erzählt Schröder, habe als Konzept für eine Fernsehser­ie begonnen. Aber als er selbst das Drehbuch schreiben wollte, sei er dabei „total gescheiter­t“. Er schwenkte um auf die Romanform – es funktionie­rte. Nachdem auch seine Freunde von dem Ergebnis angetan waren, entschloss er sich zur Veröffentl­ichung. Verleger habe er gar nicht groß angegangen, sagt er. Weil er selbst Literatur gerne als Hörbuch genießt, entschloss er sich, selbst eines zu machen. Die Aufnahme fand im Studio von Sascha Klammt (alias Quasi Modo von Kinderzimm­er Production­s) statt – und dauerte eine Woche. „Ich habe das unterschät­zt“, gesteht Schröder. Es ist aber auch ein Mammutwerk geworden: „Sage mir deine Freunde“hat eine Laufzeit von zehn Stunden.

Trotz dieser Strapazen: Florian Schröder ist glücklich mit dem Ergebnis – und hat das Schreiben lieb gewonnen. Jetzt mache er eben Pop-Art mit den Mitteln der Literatur. Das Beste daran sei: Anders als beim Film brauche man zum Schreiben überhaupt kein Budget „und kann sogar noch selber performen“, freut sich der Autor. „Der Roman war für mich ein Befreiungs­schlag. Nie wieder stelle ich mich hinter eine Kamera.“

Ob aus „Sage mir deine Freunde“eine Serie wird, ist übrigens noch nicht klar. „Das ist noch in der Schwebe“, sagt Schröder. Es stört ihn nicht weiter: Er schreibt schon am nächsten Roman. Der soll in Ulm spielen.

Am Anfang stand ein Konzept für eine Fernsehser­ie

„Sage mir deine Freunde“ist bei gängigen Download und Strea ming Portalen verfügbar, unter anderem bei Audible, Spotify und Apple Music.

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