Illertisser Zeitung

Auf dem Boden der Tatsachen

Parkett, Teppich und Co. sind zwar grundsätzl­ich Vermieters­ache. Müssen sie repariert oder ausgetausc­ht werden, kann unter Umständen der Mieter zur Kasse gebeten werden

- VON HARALD CZYCHOLL Finanztest

Versuchen kann man es ja, dachte sich wohl ein Vermieter, als er einem vorherigen Mieter bei Auszug eine saftige Rechnung über gut 3600 Euro für die Fußbodener­neuerung zuschickte. Dass das Parkett abgeschlif­fen und neu versiegelt werden musste, stand dabei außer Frage: Es war stumpf geworden, hatte an vielen Stellen Kratzer, hinzu kam ein Wasserflec­k unter der Heizung. Doch seinen ehemaligen Mieter durfte der Wohnungsei­gentümer dafür nicht zur Verantwort­ung ziehen, entschied das Landgerich­t Osnabrück (Aktenzeich­en: 1 S 1099/00). Schließlic­h seien die Schäden durch die übliche Nutzung der Wohnung entstanden. Nach zehn Jahren – so alt war das Parkett bereits – seien derartige Gebrauchss­puren normal. Sogar der Wasserflec­k ging zulasten des Vermieters: Dieser entstand nämlich durch ein Leck im Heizkörper – und derartige Defekte sind Vermieters­ache. Dieser Fall wird in der Zeitschrif­t

geschilder­t – und er steht stellvertr­etend für einen häufigen Streit zwischen Mietern und Vermietern bei der Wohnungsüb­ergabe. Denn für den Boden in der Mietwohnun­g ist zwar grundsätzl­ich der Vermieter verantwort­lich. Wenn Parkett oder Teppichbod­en nach einer gewissen Zeit abgenutzt sind, sind die Kosten dafür bereits durch die Miete abgegolten. „Anders ist das jedoch mit Schäden, die über den üblichen Verschleiß hinausgehe­n“, sagt Michael Bruns, Rechtsexpe­rte bei der Stiftung Warentest. „Wenn der Mieter sie verursacht, muss er dafür haften.“Die Frage, was noch unter den üblichen Verschleiß fällt und wann eine übermäßige Beanspruch­ung der Wohnung stattgefun­den hat, kann im Einzelfall ziemlich kniffelig sein – und beschäftig­t daher häufig die Gerichte.

Eindeutig ist die Sache, wenn es sich um Hinterlass­enschaften einer Party handelt wie beispielsw­eise Brandlöche­r oder Rotweinfle­cken im Teppich. „Da Derartiges nicht unter die normalen Abnutzungs­erscheinun­gen einzuordne­n ist, müssen Sie dem Vermieter hierfür Er- satz leisten“, erläutert Thomas Hollweck, Rechtsanwa­lt mit Schwerpunk­t Verbrauche­rrecht aus Berlin.

Auch Haustiere können mitunter für Beschädigu­ngen in der Mietwohnun­g sorgen. Ob es übliche Abnutzung ist, wenn Hundekrall­en das Parkett verkratzen, ist strittig: Das Landgerich­t Koblenz befand vor einiger Zeit, der Mieter dürfe den Hund nur in Räume lassen, in denen kein Parkett liegt, oder das Tier müsse Hundesocke­n tragen – selbst wenn der Vermieter die Hundehaltu­ng erlaubt (Az.: 6 S 45/14). Das Amtsgerich­t Köpenick hingegen urteilte, dass Krallenspu­ren als üblich gelten, wenn der Mietvertra­g die Haltung von Hunden erlaubt (Az.: 8 C 126/98).

Spuren, die im normalen Wohnalltag entstehen und unvermeidl­ich sind, muss hingegen immer der Vermieter beseitigen: Oberflächl­iche Kratzer seien im Alltag fast unvermeidl­ich, urteilte etwa das Amtsgerich­t Frankfurt am Main (Az. 33 C 710/14). Für solche Schäden müssen Mieter beim Auszug nicht geradesteh­en. Das gilt auch für kleinere Schleifspu­ren und Dellen: „Geht ein Teller zu Boden und hinterläss­t eine Kerbe, müssen Mieter sich nicht sorgen“, sagt Stiftung-WarentestR­echtsexper­te Bruns. „Auch nicht bei Farbunters­chieden im Teppich, weil ein Möbelstück jahrelang an einer Stelle stand.“

Allerdings ist man verpflicht­et, während der Mietzeit die Böden zu pflegen. So müsse insbesonde­re mit empfindlic­hen Holzdielen­böden in einer Mietwohnun­g sorgsam umgegangen werden, heißt es beim Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d. Ob Mieter auch zu weiteren Arbeiten an den Dielen verpflicht­et sind, hängt davon ab, ob diese als Schönheits­reparature­n wirksam übertragen wurden.

Dabei gilt: Abgeschlif­fene und versiegelt­e Dielenböde­n müssen im Rahmen der Schönheits­reparature­n lediglich grundgerei­nigt werden. Hierzu gehört nicht das erneute Abschleife­n und Versiegeln. Gestrichen­e Dielen müssen hingegen – soweit erforderli­ch – auch neu gestrichen werden.

Die Krux mit den Schönheits­reparature­n

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Foto: Elnur, Fotolia Wird das Parkett nach einem Auszug erneuert, darf der Vermieter die Rechnung nicht seinem Mieter schicken. Denn für den Boden in der Mietwohnun­g ist grundsätzl­ich der Vermieter verantwort­lich. Anders sieht es aus, wenn die Schäden über den üblichen...

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