Polizistenmörder als Retter in der Not
Rudolf Rebarczyk, der zwei Augsburger Polizeibeamte getötet hat, hat im Gefängnis wohl eine Bluttat verhindert. Das wirft Fragen nach der Sicherheit in Haftanstalten auf
Rudolf Rebarczyk wird wohl den Rest seines Lebens hinter Gefängnismauern verbringen müssen. Er hat in Augsburg zwei Polizisten ermordet, wurde deshalb zu lebenslanger Haft und Sicherungsverwahrung verurteilt. Am Dienstag darf er die Justizvollzugsanstalt in Diez in RheinlandPfalz, wo er seine Strafe verbüßt, ausnahmsweise verlassen. Streng bewacht von Polizisten wird der 63-Jährige als Zeuge in einem Strafprozess vor dem Landgericht Koblenz aussagen.
Der Grund: Der zweifache Polizistenmörder hat im Herbst vorigen Jahres einen brutalen Übergriff auf eine Frau gestoppt. Der Übergriff spielte sich im Besucherraum des Gefängnisses ab. Ein Häftling soll dort seine Frau zuerst vergewaltigt und dann mit einem selbst gebauten Messer verletzt haben. Die Justizbeamten bemerkten das erst, als Rebarczyk darauf aufmerksam geworden war und eingegriffen hatte. Der 36-jährige Angreifer ist angeklagt wegen versuchten Mordes, Vergewaltigung und Körperverletzung.
In Rheinland-Pfalz hat der Fall Diskussionen über die Sicherheit in den dortigen Gefängnissen ausgelöst. In der Haftanstalt in Diez sind vor allem Schwerverbrecher untergebracht. Vom Prozess erhoffen sich Beobachter Antworten auf die Frage, wie es passieren konnte, dass ausgerechnet dort ein Häftling unbemerkt solch eine Tat begehen konnte. Medien berichteten in der Vergangenheit über Personalmangel in den Gefängnissen des Landes.
In Polizei- und Justizkreisen in Augsburg beobachtet man den Fall ebenfalls – und stellt sich inzwischen auch die Frage, wie sicher ein Schwerverbrecher wie Rudolf Rebarczyk in einer Haftanstalt untergebracht ist, in der offenbar solch eine Sicherheitslücke bestand. Rebarczyk kam vor zwei Jahren durch ein Austauschprogramm der Bundesländer aus dem Gefängnis in Landshut nach Diez. Im Gegenzug ist ein anderer Gefangener, der in Rheinland-Pfalz einen Fluchtversuch unternommen hatte, nach Bayern verlegt worden.
Wäre ein Zwischenfall wie in dem Diezer Gefängnis auch in Bayern möglich? Wie die Besuche in den 36 bayerischen Gefängnissen durchgeführt werden, ist nach Angaben des Justizministeriums abhängig von den Verhältnissen in den einzelnen Anstalten. Möglich seien unterschiedliche Besuchsformen. Es hänge auch davon ab, wie die Anstalt die Gefährlichkeit des Gefangenen einschätze und wie er sich in der Haft verhalte. Es gibt Besuchsräume im Cafeteria-Stil – also mehrere Gefangene und Besucher in einem Raum unter Aufsicht. Es gibt aber auch Räume, in denen der Besucher durch eine Scheibe vom Gefangenen getrennt ist. Die Sprecherin des Ministeriums, Sabine Drost, sagt: „Unüberwachte Langzeitbesuche sind im bayerischen Justizvollzug nicht vorgesehen.“Übergriffe wie der Fall in Diez seien in Bayern aus den vergangenen Jahren nicht bekannt. Die Personalausstattung der bayerischen Justizvollzugsanstalten sei knapp, aber ausreichend, erklärt die Sprecherin des Justizministeriums.
Auch der Vorsitzende des Landesverbands der Justizvollzugsbediensteten, Ralf Simon, geht davon aus, dass Besuche in bayerischen Gefängnissen so engmaschig überwacht werden, dass eine Tat wie in Diez „eher unwahrscheinlich“sei. Auch in Bayern sei die Personallage aber „auf Kante genäht“. „Wir haben zwar in den vergangenen Jahren Stellenzuwächse erhalten, als ausreichend kann das aber noch nicht angesehen werden“, sagt Simon. Die Gefangenenzahlen seien auf einem hohen Niveau bei rund 12000. Ein weiteres Problem sei die schwieriger werdende Klientel. „Leider müssen wir auch mit einer Zunahme von Übergriffen gegen Bedienstete leben“, erklärt Simon.
Der Augsburger Strafverteidiger Michael Weiss kann es sich ebenfalls nicht vorstellen, dass sich so ein Fall in einem bayerischen Gefängnis abspielen könnte. „Meine Erfahrung ist, dass Besuche hier genau überwacht werden“, sagt der Rechtsanwalt. Abgetrennte Bereiche, die nur schlecht für die Justizbeamten einsehbar sind, habe er in einer bayerischen Justizvollzugsanstalt zumindest noch nie gesehen.
Nur mal angenommen, die Vorstufe zum Paradies, von einzelnen noch als Bayern bezeichnet, ist eine solche auch in finanzieller Hinsicht. Wer mag daran zweifeln? Kam doch erst vergangene Woche eine Studie des Ifo-Instituts zu dem Schluss, dass von den 20 wirtschaftsstärksten deutschen Städten und Landkreisen gleich sieben weiß-blauer Natur sind. Und dann, nur zur Erinnerung: Polizeipferde, Raumfahrtprogramm, Flugtaxis, hier eine Zulage, dort ein Bonus – da schauen’s, die Preißn!
Jetzt könnten’s ja, theoretisch, wenigstens im Spiel a bisserl Glück haben, die andern. Was passiert? Erst knackt ein Familienvater den Jackpot im Mittwochslotto – 8,3 Millionen. Wo ist er her? Oberbayern. Nur zwei Wochen später kassiert ein Mann mit einem Spielschein gleich zwei Jackpots ein, den für sechs Richtige mit und den ohne Superzahl. Zusammen 11,35 Millionen. Wo ist der Glückliche zu Hause? Mittelfranken. Wie nennt man das nun? Jawoll: konsequent.
Muss sich niemand wundern bei so viel monetärem Paradies, dass dies die Unterwelt auf den Plan ruft. Die Millionen-Nachrichten der vergangenen Tage gingen einher mit der Meldung, ein namhafter Räuber sei aus der Haft ausgebrochen und die Ermittler suchten fieberhaft nach ihm. Sollten sie ihn schnappen, wollen sie ihn endgültig dingfest machen, indem sie ihn per Rakete auf den Mond schießen – womöglich mithilfe von Söders Raumfahrtprogramm.
Der Räuber heißt Hotzenplotz. Und sein Erfinder Otfried Preußler, in dessen Nachlass die Verbrechensgeschichte entdeckt wurde, hat wo fast 65 Jahre seines Lebens verbracht? In Bayern. Vielmehr: in der Vorstufe zum Paradies.
Das Personal ist auch in Bayern knapp