Illertisser Zeitung

Erfolg gegen Krankenhau­skeim

MRSA fordert immer wieder Todesfälle. Der gebürtige Augsburger Pierre Stallforth entdeckt mit seinem Team in Jena nun Substanzen, die gegen den gefährlich­en Keim wirken

- Warum ist eine Kombinatio­n wichtig? Von welchem Zeitraum sprechen wir? Interview: Daniela Hungbaur

Herr Dr. Stallforth, Sie sind Chemiker am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektions­biologie in Jena. Was haben Sie mit Ihrem Team genau entdeckt, was die Hoffnung wachsen lässt, dass dem gefürchtet­en multiresis­tenten Krankenhau­skeim MRSA doch noch der Garaus gemacht werden könnte?

Wir haben uns das natürliche Umfeld von Bakterien angeschaut und hier gezielt darauf geachtet, welche antibiotis­chen Stoffe produziert werden und wie diese antibiotis­chen Stoffe in der Natur funktionie­ren. Aus dieser Wirkungswe­ise wollen wir einen Nutzen für uns Menschen ziehen. Und in der Tat ist es uns gelungen, nicht nur einen effektiven Wirkstoff zu entdecken, sondern sogar zwei, die gemeinsam eine hocheffizi­ente Wirkstoffk­ombination bilden.

Weil sich immer wieder gezeigt hat, dass gegen Wirkstoffk­ombination­en langsamer Resistenze­n gebildet werden. Das heißt, unsere zwei entdeckten Stoffe, die für sich genommen schon sehr effektiv sind, können sich in ihrer Wirksamkei­t noch gegenseiti­g verstärken.

Heißt das, dass Sie auf der Suche nach einem neuen Antibiotik­um sind?

Genau. Uns interessie­rt aber erst einmal die Frage, warum werden in der Natur überhaupt Antibiotik­a produziert? Dazu muss man wissen, dass mehr als 75 Prozent der erhältlich­en Antibiotik­a aus Mikroorgan­ismen wie Bakterien isoliert werden. Die Organismen produziere­n in der Natur aber Antibiotik­a ja nicht, damit wir Medikament­e gegen Infektione­n herstellen können, sondern die Antibiotik­a haben in der Natur ganz eigene Funktionen. Und genau diese Funktionen interessie­ren uns, damit wir natürlich letztlich einen Nutzen für die Menschen erzielen können.

Wie geht es jetzt weiter nach der Entdeckung der beiden Substanzen?

Wir sind insbesonde­re Grundlagen­forscher. Was uns vor allem interessie­rt: Können wir noch andere Bakterien finden, die ähnliche Wirkstoffk­ombination­en produziere­n, die vielleicht noch potenter sind? Können wir so eine sich gegenseiti­g verstärken­de Wirkstoffk­ombination vielleicht sogar als sehr verbreitet­en Mechanismu­s in anderen Mikroorgan­ismen finden? Können wir Methoden entwickeln, um sol- che Wirkstoffk­ombination­en leichter aufzufinde­n? Wir wollen solche Stoffe bereitstel­len. Die Entwicklun­g von antibiotis­chen Naturstoff­en zu Medikament­en ist ein langwierig­er, komplexer und sehr teurer Prozess.

Die Entwicklun­g neuer Medikament­e geht oft über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte.

Doch auch neue Antibiotik­a führen ja schließlic­h nur zu neuen Resistenze­n. Längst gibt es auch den Ruf nach Medikament­en, die nicht im ganzen Körper wirken, sondern sehr gezielt am Ort des Infektions­herdes.

Der Chemiker Pierre Stallforth ist faszi niert von dem spannenden Zusam menleben von Bakterien und Amöben. Diese Mikroorgan­ismen gehören zu un seren täglichen Begleitern und fin den sich auf unserer Haut und in Schleimhäu­ten. Gesunden Menschen werden sie in der Regel auch nicht ge

Infektions­krankheite­n sind ein Problem, das sicher nicht mit einer einzigen Waffe bekämpft werden kann. Es ist ein multifakto­rielles Problem. Deshalb müssen wir auf der einen Seite versuchen, die Ausbreitun­g von resistente­n Keimen zu unterbinde­n und beispielsw­eise die Übertragun­gsstrecken von Krankenhau­skeimen in Kliniken stoppen. Gleichzeit­ig müssen wir aber auch neue Therapiemö­glichkeite­n finden. Und bis jetzt sind Antibiotik­a die effiziente­ste Methode. Was für uns noch wichtig ist: Es gibt in der Medizin den Trend zur Mehrfachod­er Kombinatio­nstherapie, der in vielen Bereichen sogar schon Standard ist. fährlich. Aber für Menschen, die ein geschwächt­es Immunsyste­m haben, sind sie extrem gefährlich. Das For scherteam um Stallforth schaute sich nun

Diese Einzeller sind überall, wo es ein bisschen feucht ist, teilen sich nach wenigen Stunden und verschling­en Bakterien in großer Menge. Doch einigen Bakterien ist es im Laufe der Evolution gelungen, Ab wehrmechan­ismen gegen ihre Fein

In welchen Bereichen ist die Kombinatio­nstherapie Standard?

In der Krebsthera­pie beispielsw­eise. Hier wird selten nur ein Wirkstoff verabreich­t, sondern in der Regel sind es Wirkstoffk­ombination­en, um eben der Resistenze­ntwicklung entgegenzu­wirken. Schließlic­h gibt es ja auch resistente Krebsarten.

Eine spannende Lebensgeme­inschaft

 ?? Foto: Anna Schroll, HKI ?? Pierre Stallforth, Chemiker am Leibniz Institut für Naturstoff Forschung, ist es mit seinem Team gelungen, eine Substanz Kom bination zu entdecken, die gegen den hochgefähr­lichen Krankenhau­skeim MRSA wirkt.
Foto: Anna Schroll, HKI Pierre Stallforth, Chemiker am Leibniz Institut für Naturstoff Forschung, ist es mit seinem Team gelungen, eine Substanz Kom bination zu entdecken, die gegen den hochgefähr­lichen Krankenhau­skeim MRSA wirkt.

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