Neu Ulmer Flüchtlingsrat kritisiert Staatsregierung
Gremium will Anerkannten helfen, Geld zurückzufordern
Der Freistaat darf die Mieten für anerkannte Asylbewerber nicht willkürlich festlegen – das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof kürzlich entschieden. Die Berechnung muss nun wohl neu geregelt werden. Das hat der Flüchtlingsrat im Kreis Neu-Ulm „mit Genugtuung“zur Kenntnis genommen, wie es in einer Mitteilung heißt. Das Gremium habe erwogen, den Staat Bayern wegen Mietwuchers zu verklagen, heißt es weiter.
Doch dazu kam es nicht: Man habe dem bayerischen Flüchtlingsrat den Vorrang gelassen, so Wolfgang Milde, der Sprecher des Rats im Kreis Neu-Ulm. Er geht mit der Linie der bayerischen Staatsregierung hart in Gericht: „Die Willkommenskultur für geflüchtete Menschen ging immer nur von den einfachen Menschen aus, von denen die ein Herz haben für die Unbilden dieser Welt und niemals von denen, die im Zeichen des Kreuzes öffentlichkeitswirksam Stimmen sammeln für ein vermeintliches christliches Abendland.“
Der Flüchtlingsrat im Landkreis Neu-Ulm werde den Betroffenen und den örtlichen Helferkreisen nun eine Hilfe zur Verfügung stellen, um Geld von der bayischen Staatsregierung zurückzufordern. Darüber hinaus werde allen betroffenen Anerkannten empfohlen, keine Zahlungen mehr für die Unterkunft zu leisten, so Milde weiter.
Fast 40 Prozent der Menschen in Bayern engagieren sich in irgendeiner Form ehrenamtlich. Bei der Feuerwehr, in Vereinen, bei sozialen Einrichtungen. Es ist sicherlich nicht übertrieben, zu behaupten: Ohne die Arbeit von Ehrenamtlern wäre der Staat in vielen Bereichen überfordert.
Bestes Beispiel hierfür ist die viel zitierte „Flüchtlingskrise“, die deshalb zur Krise wurde, weil der Staat selbst mit den zahlreichen Neuankömmlingen überlastet war – was bis heute vielerorts noch zu spüren ist. Ohne die engagierte soziale Arbeit, die viele Menschen auf sich nehmen, um sowohl den Geflüchteten ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen als auch um die Gesellschaft vor einer übermäßigen Belastung zu bewahren, wäre der Unmut auf allen Seiten weitaus größer gewesen. Wer weiß, wie viel extremer der Rechtsruck in Deutschland ausgefallen wäre, wenn die Bevölkerung die Handlungsunfähigkeit der Behörden deutlicher zu spüren bekommen hätte.
Umso erstaunlicher ist es, wie wenig die öffentliche Hand bereit scheint, sich im Gegenzug offiziell bei den Menschen erkenntlich zu zeigen, die keine Gegenleistung für ihr Tätigwerden erwarten. Die Ehrenamtskarte, die nun, einige Jahre verspätet, auch der Landkreis Neu-Ulm einführt, ist da zumindest ein kleines Zeichen der Anerkennung. Wenn Landrat Thorsten Freudenberger in diesem Zusammenhang das Wort „Anerkennungskultur“verwendet, ist damit sicherlich ein treffender Begriff gefallen – ein solcher muss aber auch gelebt werden.
Einer Rabattkarte wohnt immer der Ruf des billigen Schnäppchens inne. Das Ehrenamt sollte gerade nicht zur Billigarbeit für den Landkreis degradiert werden. Bei der Feuerwehr zu arbeiten, darf sich nicht anfühlen wie Treuepunkte sammeln im Supermarkt. Umso wichtiger ist, dass die Verzahnung zwischen Behörden- und Bürgerarbeit deutlich effizienter wird.