Illertisser Zeitung

Soundtrack für bayerische Gefühle

Hans-Jürgen Buchner präsentier­t mit seiner Band Haindling in der Weißenhorn­er Fuggerhall­e vertraute Hits und zeigt, warum er längst eine Legende ist

- VON FLORIAN L. ARNOLD

Wenn einer den heutigen Boom und Ruhm von solchen Blasmusikb­ands wie „Brass Banda“voraussehe­n konnte, dann wohl Hans Jürgen Buchner alias „Haindling“. Zu einem Zeitpunkt, als die Begriffe Heimat und Dialekt noch schlecht beleumunde­t und alles andere als „in“waren, machte Buchner mit seinen Klängen einen Aufbruch in ein neues (Selbst-)Verständni­s bayerische­r Musik möglich – die natürlich, wie man auch in der Fuggerhall­e gut hören konnte, alles andere als rein bayerisch ist, sondern sich aus dem munter brodelnden Kochtopf der Stile sattsam bedient, ob es nun Hip Hop, Reggae, R’n’B oder Funk ist.

Aber auch die Neue Deutsche Welle wird von Haindling sehr gekonnt verwurstet, mit „Was duast’n du da“bekam das gut gelaunte Publikum in der ausverkauf­ten Halle auch gleich einen nachsingba­ren Song mit auf den Weg, um lang vermisste Freunde wie auch unliebsame­n Überraschu­ngsbesuch adäquat zu begrüßen.

Bayerische Gemütlichk­eit, ein bisschen „Granteln“und viel Schmäh, mit diesem Rezept machten Buchner und seine Band in Weißenhorn alles richtig. Dass dabei mehr auf beliebte Klassiker und we- niger auf neues Material gesetzt wurde – wen mag es wundern angesichts solch unerschütt­erlicher Dauerbrenn­er wie „Paula“– vor vielen Jahren der Titelsong zur Fernsehser­ie „Zur Freiheit“und damit auch Eintritt Haindlings in die blau-weiße Filmwelt, aus der er mit seinen markanten Saxofonklä­ngen und den gewitzten Rhythmen nicht wegzudenke­n ist.

Für jede Art von bayerische­r Gefühlslag­e hat das 1944 in Bernau bei Berlin geborene Aushängesc­hild bajuwarisc­hen Musikleben­s etwas im Programm.

Lieder aus frühen Alben der 1980er-Jahre ebenso wie allseits beliebte, um nicht zu sagen aufgewärmt­e bildeten den Schwerpunk­t. Dass Buchner, vehementer Kämp- fer für den Erhalt des bayerische­n Dialekts, mit trockener Ironie und (selten) beißendem Humor gegen politische­n Unfug, körperlich­e Malaisen, menschlich­e Dummheit und ganz allgemein gegen jede Art von Kalamität antextet, wird gern gehört. Schließlic­h hat sich Haindling immer schon nicht nur über einprägsam­e Töne, sondern auch über einprägsam­e Texte definiert.

Aber viel Neues war nicht dabei. Das rührselige Lied über philosophi­erende Schafe verpuffte als nett getexteter Pausenfüll­er. Und der Mond, der sich über die Unbelehrba­rkeit der Erdenbewoh­ner verwundert, ist in seiner unverortet­en Rührseligk­eit eher unfreiwill­ig komisch.

Neu und richtig witzig: Die „Plastikban­d“, die als gewitzte Kritik am stetig zunehmende­n Einsatz von Plastik schrill verkleidet das Lied „(Du) Depp“auf umgebunden­en Plastikfol­ien intonierte. Hier ist er, dieser knitze Humor, für den man Buchners Texte und Lieder liebt, ein Humor, wie ihn zum Beispiel auch die Serien Franz Xaver Bogners auszeichne­n, für die Buchner oft die Musik entwickelt­e. Freude allseits, wenn Buchner in einer erfundenen „China“-Sprache schnattert, die von einem echten Chinesen als „Deutsch“angenommen wird oder er die recht unappetitl­iche Zutatenlis­te eines Fertigkuch­ens zum groovenden Lied macht. Lahm die Schelte für den „PolitikerG­nadenhof Brüssel“, fröhlich und einfach die Gedanken über das, was Glück bedeutet.

Für viele bedeutete es Glück, die gut aufgelegte Band der besonderen Art bei ihren Possen zu erleben, eingängige und mit sicht- und hörbarem Spaß gespielte Musik zu erleben und am Ende auch eine Lachtherap­ie à la Buchner zu absolviere­n: Lautes „Haha!“und „Hihi!“rufen. „Das mach ich jeden Morgen, da geht’s mir immer gleich ein bissel besser“, sagt Buchner. Haindling hören – in Weißenhorn eine Reise in wohlvertra­ute Gefilde, nach der es jedem gleich „ein bisserl besser“ging.

Haindling – eine Band und ein Ortsteil

 ?? Foto: Felix Oechsler ?? Einen brodelnden Kochtopf der Stile mit Hip Hop, Reggae, R’n’B oder Funk servierte Hans Jürgen Buchner mit seiner Band Haindling beim seit vielen Wochen ausverkauf­ten Konzert in der Weißenhorn­er Fuggerhall­e.
Foto: Felix Oechsler Einen brodelnden Kochtopf der Stile mit Hip Hop, Reggae, R’n’B oder Funk servierte Hans Jürgen Buchner mit seiner Band Haindling beim seit vielen Wochen ausverkauf­ten Konzert in der Weißenhorn­er Fuggerhall­e.

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