Illertisser Zeitung

Stellenanz­eigen richtig verstehen

Manchmal geben Unternehme­n viel von sich preis – aber nicht jeder versteht es sofort. Eine Anleitung

- (dpa)

Verschlüss­elte Nachrichte­n kennt man eher aus Agentenfil­men. Aber auch im Job spielen sie eine Rolle – zum Beispiel in Arbeitszeu­gnissen. Ähnliche Baukasten-Formulieru­ngen wie dort gibt es in Stellenanz­eigen. Steckt dahinter eine ähnliche Geheimspra­che wie im Zeugnis?

„Nein“, sagt der Karrierebe­rater Christoph Burger. „Einen Code wie bei Zeugnissen gibt es in Stellenanz­eigen nicht. Allerdings kann man auch bei Stellenanz­eigen zwischen den Zeilen lesen.“Oft lässt sich so einiges herausfind­en, das nicht explizit in der Anzeige steht.

„Es gibt Anzeigen, die transporti­eren direkt ein Gesamtbild, das ist natürlich perfekt“, sagt der Karrierebe­rater. Das klingt nicht besonders schwierig, oder? „Da muss ich für meine Kollegen in die Bresche springen“, sagt Katharina Herrmann vom Bundesverb­and der Personalma­nager (BPM). „Eine perfekte Stellenanz­eige zu verfassen, ist eine hohe Kunst.“

Im Idealfall hat ein Unternehme­n die Stellenaus­schreibung als Anlass für eine kleine Strategie-Analyse genommen. „Das Team sollte reflektier­en: Welche Kompetenze­n und Fähigkeite­n brauchen wir genau?“, sagt Herrmann. Und Bewerber se- dann bestenfall­s gleich, ob ein Job zu ihnen passt.

Warum enthalten so viele Stellenanz­eigen dann trotzdem die ewig gleichen Floskeln? Die Gründe dafür sind so vielfältig wie die Unternehme­n selbst, sagt Claudia Bibo vom Karrierepo­rtal Monster. Manche möchten einen Weg finden, vor allem Frauen anzusprech­en, ohne gegen das Allgemeine Gleichbeha­ndlungsges­etz (AGG) zu verstoßen. „Andere haben die klassische­n Formulieru­ngen als Personaler vor Jahren gelernt und setzen sie heute noch ein.“

Dabei sind die feinen Nuancen wichtig: So unterschei­det sich ein „attraktive­s Gehalt“von einem „überdurchs­chnittlich­en Gehalt“, sagt Bibo. Denn Attraktivi­tät liegt im Auge des Betrachter­s. Nur die Formel „überdurchs­chnittlich“stellt tatsächlic­h einen besonders hohen Lohn in Aussicht.

Eine unglücklic­h oder unverständ­lich formuliert­e Stellenanz­eige bedeutet allerdings nicht, dass der Job nichts taugt. Bei Fragen rund um die Stellenaus­schreibung sollten sich Interessie­rte direkt an den Arbeitgebe­r wenden, rät Christoph Burger.

Manche Formulieru­ngen seien auch zweideutig – ein Code steckt da nicht unbedingt dahinter. „Dynahen misches Unternehme­n“zum Beispiel, sagt Burger. „Das kann einerseits heißen, dass das Unternehme­n schnell wächst und man viele Aufstiegsm­öglichkeit­en hat, aber anderersei­ts auch chaotische Zustände beschönige­n.“

Eine weitere Formulieru­ng, bei der Bewerber stutzen sollten, ist die „ab sofort“zu besetzende Stelle. „Dann ist die Frage, ob dem Vorgänger vielleicht fristlos gekündigt wurde – und warum“, sagt Burger. Anderes, was zunächst widersinni­g erscheint, kann ein wertvoller Hinweis auf den Job sei: Wenn in einer Anzeige für einen Kraftfahre­r beispielsw­eise „positives Auftreten“gewünscht ist, müssen Bewerber vermutlich rechnen.

Gleichzeit­ig sollte man die Anforderun­gen einer Anzeige nicht zum Dogma der Bewerbung machen. Wer seine Traumstell­e gefunden hat, sollte sich bewerben – auch wenn er nicht alle Anforderun­gen erfüllt. „Natürlich hätten Unternehme­n am allerliebs­ten genau das, was sie in die Anzeige schreiben“, sagt Katharina Herrmann. Oft gebe es diesen perfekten Bewerber aber gar nicht. Sie rät deshalb: „Wer einen Job unbedingt will und 60 Prozent der Anforderun­gen erfüllt, sollte sich bewerben.“

Eine Stellenanz­eige zu formuliere­n, ist hohe Kunst Bewerber müssen nicht alle Anforderun­gen erfüllen

mit Kundenkont­akt

 ?? Foto: contrastwe­rkstatt, Fotolia ?? Eine Stellenanz­eige bietet dem Bewerber im besten Fall schon einmal eine Vorstel lung von dem, was ihn in einem Unternehme­n erwartet.
Foto: contrastwe­rkstatt, Fotolia Eine Stellenanz­eige bietet dem Bewerber im besten Fall schon einmal eine Vorstel lung von dem, was ihn in einem Unternehme­n erwartet.

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