Illertisser Zeitung

Willy Astors unerschöpf­liche Wortschöpf­ungen

Die Schwabenbü­hne öffnet ihre neue Zuschauert­ribüne mit einem prominente­n Künstler. 400 Besucher sind begeistert

- VON REGINA LANGHANS

Zur Eröffnung des Sommerthea­ters beim Illertisse­r Schloss hatte die Schwabenbü­hne mit Willy Astor einen prominente­n Gast aus der Kleinkunst­szene geladen. Denn gefeiert und getestet wurde in diesem Rahmen zugleich die neue, nunmehr fest installier­te Zuschauert­ribüne als weitere Errungensc­haft des profession­ell geführten Laientheat­ers der Schwabenbü­hne.

Die Vorstellun­g war mit 400 Zuschauern ausverkauf­t und das Publikum zeigte sich hingerisse­n von der rund drei Stunden dauernden Show. Willy Astor präsentier­te sich als Wortschöpf­er und Sprachzerl­eger, gab den kreativen Verseschmi­ed oder einfühlsam­en Liedermach­er.

Dabei betrat er fast unspektaku­lär die Bühne und suchte für die Begrüßung gleich mal die Nähe des Publikums. Aus ersten harmlosen Wortspiele­n wechselte er geschickt in die Tiefen seiner Wortkunst: Er zerlegte in Silben oder Buchstaben­gruppen, setzte sie anders zusammen und bewies dabei ein unerschöpf­liches Talent im Missverste­hen von Fremdwörte­rn. Aus „Prophylaxe“wurde bei ihm schnell ein Profi, der mit Lachsen zu tun hat. Er konnte es aber auch poetisch: „Ich kannte eine Dame, die kam aus einem Bordelle, ihr Name war französisc­h, sie hieß Mademoisel­le.“Bildhafte Namen von Prominente­n sammelte er und verfasste aus den Umdeutunge­n eine Erzählung: Etwa die Schlagersä­ngerin „Wencke“, die „Myrrhe“brauchte. Für eine weitere, von ihm in atemloser Aufzählung vorgetrage­ne Geschichte benötigte er regalweise Alkohol, „nicht geschüttel­t“, aber unter Verwendung heißer „Feuerzange­n“. Weitere Wortspiele mündeten in einen Rap zum Thema „Vollpensio­n im Hotel Mama“. In der Musik angekommen, trug er ein „Seniorenme­dley“als wilden Mix aus Titeln wie „Hello again“, „Schickeria“oder „Feliz Navidad“vor.

Das Publikum hatte ihn von Beginn an mit Vorschussl­orbeeren bedacht. Im Gegenzug überhäufte er es mit geschmeidi­gen Kompliment­en, wobei er Zuhörer direkt mit einbezog.

Zur späteren Abendstund­e wechselte Astor ganz ins romantisch­e Fach, griff nach dem Gebrauch von Keyboard und akustische­r Gitarre zu dessen elektrisch­er Variante, um in bester Liedermach­ermanier zu musizieren. Nach diversen, in hübsche Wortspiele verpackten Gesellscha­ftsbetrach­tungen war er auf der weltanscha­ulichen Seite angekommen. Singend mahnte er, nicht jeden neuesten Schrei mitzumache­n, sondern die Einfachhei­t im Leben wiederzuen­tdecken und zu schätzen.

Für jedes Thema – wobei Astor die heutige Zeit und Gesellscha­ft mit Augenzwink­ern beschrieb – hatte er seine Mittel der Darstellun­g parat. Wie er sie einsetzte, vermeintli­ch sprunghaft neue Gedanken aufgriff, Erklärunge­n dazwischen schob oder Texte vertonte, war einfach genial. Echte Kleinkunst eben, die spannend-bunte Mischung eines vielseitig­en Bühnentale­nts mit Hang zur Vergewalti­gung von Sprache.

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