Willy Astors unerschöpfliche Wortschöpfungen
Die Schwabenbühne öffnet ihre neue Zuschauertribüne mit einem prominenten Künstler. 400 Besucher sind begeistert
Zur Eröffnung des Sommertheaters beim Illertisser Schloss hatte die Schwabenbühne mit Willy Astor einen prominenten Gast aus der Kleinkunstszene geladen. Denn gefeiert und getestet wurde in diesem Rahmen zugleich die neue, nunmehr fest installierte Zuschauertribüne als weitere Errungenschaft des professionell geführten Laientheaters der Schwabenbühne.
Die Vorstellung war mit 400 Zuschauern ausverkauft und das Publikum zeigte sich hingerissen von der rund drei Stunden dauernden Show. Willy Astor präsentierte sich als Wortschöpfer und Sprachzerleger, gab den kreativen Verseschmied oder einfühlsamen Liedermacher.
Dabei betrat er fast unspektakulär die Bühne und suchte für die Begrüßung gleich mal die Nähe des Publikums. Aus ersten harmlosen Wortspielen wechselte er geschickt in die Tiefen seiner Wortkunst: Er zerlegte in Silben oder Buchstabengruppen, setzte sie anders zusammen und bewies dabei ein unerschöpfliches Talent im Missverstehen von Fremdwörtern. Aus „Prophylaxe“wurde bei ihm schnell ein Profi, der mit Lachsen zu tun hat. Er konnte es aber auch poetisch: „Ich kannte eine Dame, die kam aus einem Bordelle, ihr Name war französisch, sie hieß Mademoiselle.“Bildhafte Namen von Prominenten sammelte er und verfasste aus den Umdeutungen eine Erzählung: Etwa die Schlagersängerin „Wencke“, die „Myrrhe“brauchte. Für eine weitere, von ihm in atemloser Aufzählung vorgetragene Geschichte benötigte er regalweise Alkohol, „nicht geschüttelt“, aber unter Verwendung heißer „Feuerzangen“. Weitere Wortspiele mündeten in einen Rap zum Thema „Vollpension im Hotel Mama“. In der Musik angekommen, trug er ein „Seniorenmedley“als wilden Mix aus Titeln wie „Hello again“, „Schickeria“oder „Feliz Navidad“vor.
Das Publikum hatte ihn von Beginn an mit Vorschusslorbeeren bedacht. Im Gegenzug überhäufte er es mit geschmeidigen Komplimenten, wobei er Zuhörer direkt mit einbezog.
Zur späteren Abendstunde wechselte Astor ganz ins romantische Fach, griff nach dem Gebrauch von Keyboard und akustischer Gitarre zu dessen elektrischer Variante, um in bester Liedermachermanier zu musizieren. Nach diversen, in hübsche Wortspiele verpackten Gesellschaftsbetrachtungen war er auf der weltanschaulichen Seite angekommen. Singend mahnte er, nicht jeden neuesten Schrei mitzumachen, sondern die Einfachheit im Leben wiederzuentdecken und zu schätzen.
Für jedes Thema – wobei Astor die heutige Zeit und Gesellschaft mit Augenzwinkern beschrieb – hatte er seine Mittel der Darstellung parat. Wie er sie einsetzte, vermeintlich sprunghaft neue Gedanken aufgriff, Erklärungen dazwischen schob oder Texte vertonte, war einfach genial. Echte Kleinkunst eben, die spannend-bunte Mischung eines vielseitigen Bühnentalents mit Hang zur Vergewaltigung von Sprache.