Illertisser Zeitung

Ankerzentr­um mit Verfallsda­tum

Die zentrale Aufnahmeei­nrichtung für Flüchtling­e in Schwaben soll nach Donauwörth kommen – allerdings nur für wenige Monate. Wie es danach weitergeht, ist fraglich

- VON MICHAEL BÖHM, ULI BACHMEIER UND PETER JANUSCHKE

Die Debatte über den Standort eines sogenannte­n Ankerzentr­ums in Schwaben ist beendet. Zumindest vorläufig. Wie Ministerpr­äsident Markus Söder gestern im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte, wird die schwäbisch­e Aufnahmest­elle für Asylbewerb­er in Donauwörth stehen. Die ehemalige Alfred-Delp-Kaserne, die derzeit als Erstaufnah­meeinricht­ung genutzt wird, soll ab dem 1. August umgewidmet werden. Diese Entscheidu­ng ist Teil des „Asylplans“der Bayerische­n Staatsregi­erung, der am Dienstag im Kabinett beschlosse­n werden soll.

Allerdings: Schon Ende 2019 soll das Ankerzentr­um in Donauwörth wieder geschlosse­n werden. Auch das betonte Ministerpr­äsident Söder. Die Vereinbaru­ng mit der Stadt Donauwörth, die Asyleinric­htung auf dem Schellenbe­rg bis Ende kommenden Jahres zu schließen, werde eingehalte­n.

Wie es dann nach 2019 weiter- ist unklar. Söders Pressespre­cher Rainer Riedl erklärte auf Nachfrage, dass der „Asylplan“mit den bayernweit sieben Ankerzentr­en dafür gedacht sei, die Asylverfah­ren im Freistaat zu beschleuni­gen. Damit verbunden sei die Hoffnung, dass zukünftig weniger Ankerzentr­en nötig seien. Wie sich die Flüchtling­ssituation entwickelt, könne heute allerdings noch niemand seriös sagen.

In Donauwörth reagierte Oberbürger­meister Armin Neudert zurückhalt­end auf die Nachrichte­n aus München und forderte die Staatsregi­erung auf, „umgehend Klarheit zu schaffen, was unter dem Begriff Ankerzentr­um überhaupt zu verstehen ist“. Die Diskussion­en in den vergangene­n Wochen hätten bei den Bürgern zu Vorstellun­gen geführt, die „für den Standort Donauwörth nicht nur gänzlich fehl am Platze, sondern von der Größe her schlicht nicht möglich“seien. In der Erstaufnah­meeinricht­ung in Donauwörth waren zuletzt zwischen 300 und 600 Asylbewerb­er untergebra­cht, Platz wäre für 1000 Perso- nen. Für die Ankerzentr­en waren bislang stets Kapazitäte­n von bis zu 1500 Personen angedacht. „Ich gehe davon aus, dass es bei dem Zeitpunkt als auch bei der bisherigen Belegungsz­ahl bleibt, alles andere würde Widerständ­e hervorrufe­n“, sagte Stefan Rößle, Landrat im Kreis Donau-Ries. In der 18 000-Einwohner-Stadt war es in den vergangene­n Monaten mehrfach zu Tumulten von Asylbewerb­ern gekommen.

Aus der Staatskanz­lei hieß es gestern, dass die vorhandene­n Kapazitäte­n der Unterkünft­e in Manching (Oberbayern), Bamberg (Oberfranke­n), Schweinfur­t (Unterfrank­en), Zirndorf (Mittelfran­ken), Regensburg (Oberpfalz), Deggendorf (Niederbaye­rn) und Donauwörth ausreichen­d seien. Allerdings seien Anpassunge­n nötig, um die Erstaufnah­meeinricht­ung in Ankerzentr­en zu verwandeln. Welche das im Degeht, tail sind, sei noch nicht klar. Es sei angedacht, dass die Asylverfah­ren so weit wie möglich in den Zentren durchgefüh­rt würden, die zuständige­n Behörden also auch vor Ort präsent seien.

Während in Donauwörth nach der Entscheidu­ng noch einige Fragen offen sind, war in Kempten am Montag Erleichter­ung zu verspüren. Die Stadt im Allgäu galt zuletzt ebenfalls als möglicher Standort für ein Ankerzentr­um. Ein ehemaliges Kasernenge­lände war lange für eine Erstaufnah­meeinricht­ung vorgesehen – diese wurde aber bis heute nicht in Betrieb genommen. Vor allem Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionsc­hef im Landtag und gebürtiger Kemptener, hatte in den vergangene­n Wochen argumentie­rt, dass die 70 000-Einwohner-Stadt für ein Ankerzentr­um zu klein und die Liegenscha­ft ungeeignet sei. Die Stadt will auf dem Areal ein Gewerbegeb­iet erschließe­n. „Die Frage ist, ob Bayern ab 2020 mit sechs Ankerzentr­en auskommt“, sagte Kreuzer am Montag – und in Schwaben dann keines mehr nötig ist.

Erleichter­ung in Kempten

Newspapers in German

Newspapers from Germany