Illertisser Zeitung

Kuh Regina sitzt fünf Tage in Loch fest

Urlauber entdeckt Tier in sechs Metern Tiefe. Unter einer Wiese in Halblech im Ostallgäu war ein alter Bergwerk-Stollen eingebroch­en. Wie das trächtige Rind befreit wurde

- VON KATHARINA MÜLLER

Eigentlich wollte Jürgen Vollmer bei einem Abendspazi­ergang in Halblech (Ostallgäu) nur ein paar Naturfotos machen. Was er dann aber vor die Linse bekam, konnte der Urlauber aus Kusterding­en (Baden-Württember­g) kaum glauben. Mitten auf einer Wiese entdeckte er plötzlich ein sechs Meter tiefes Loch. Und unten, da stand eine Kuh. „Ich lief sofort zu dem Bauern, dem die Wiese gehört“, erzählt Vollmer. Landwirt Sepp Alletsee sah sich das Loch an und wusste sofort: Das ist die Kuh von Markus Grieser, die seit fünf Tagen vermisst wird.

„Wir hatten sie tagelang gesucht und dachten schon, jemand hat sie geklaut. Wahrschein­lich sind wir sogar wenige Meter an dem Loch vorbeigega­ngen“, sagt Grieser. Da das Loch an der Oberfläche aber lediglich einen Durchmesse­r von 80 Zentimeter­n hatte, sei es von Weitem nicht erkennbar gewesen.

Um Regina, so heißt die Kuh, zu retten, wurde das Loch zuerst größer gebaggert und Grieser stieg mit einer Leiter hinunter. „Da hat sie einen guten Eindruck gemacht“, sagt Grieser. Mit einer Seilwinde und Schlingen wurde die Kuh, die im übrigen hochträcht­ig ist, nach und nach aus dem Schlamm gezogen. Die Feuerwehr leuchtete währenddes­sen die Stelle aus. Nach einer über dreistündi­gen Rettungsak­tion war die Mutterkuh wieder an der Oberfläche. „Sie stand auf und hat angefangen zu grasen“, erzählt Grieser. Mit einem Viehwagen brachte der Landwirt sie in den heimischen Stall. „Da hat sie noch 40 Liter Wasser gesoffen.“Seither ist Kuh putzmunter. Dass Regina den Sturz unverletzt überlebt hat, ist „ein kleines Wunder“, sagt Grieser, der einen Milchviehb­etrieb mit 60 Kühen betreibt. Als Regina mehrere Tage verschwund­en war, habe er sie eigentlich schon „abgeschrie­ben gehabt.“Jetzt könne sie ihr Kalb in Ruhe austragen. Das Loch ist inzwischen mit Kies aufgefüllt.

Doch wie entsteht eigentlich ein sechs Meter tiefes Loch mitten auf einer Wiese in Halblech? „Da war früher ein Bergwerk – von 1945 bis 1948“, berichtet Grundstück­sbesit- zer Sepp Alletsee. Damals wurde in Halblech Braunkohle abgebaut, teilte Dr. Martin Nell, Pressespre­cher der Regierung von Oberbayern mit, bei der das Bergamt Südbayern angesiedel­t ist. Durch starke Regenfälle und das Gewicht der Kuh sei nun einer der alten Stollen eingebroch­en. Von dem alten Bergwerk wisse das Bergamt Südbayern bereits seit längerem und erkunde den genauen Verlauf der unterirdis­chen Vorkommen und Stollen mit externen Sachverstä­ndigen. Vor einigen Jahren seien bereits ähnliche Lödie cher, wie das kürzlich entstanden­e, entdeckt und zugeschütt­et worden, sagt Alletsee. Einmal habe man Rehkitze in der Tiefe gefunden.

„Mir ist wichtig, dass niemand mehr in das Loch fallen kann“, sagt Jürgen Vollmer, der Regina entdeckt hat. Wäre er zu dem Tier hinunterge­stürzt, hätte es ihn schwer verletzen können, sagt der 52-Jährige, der mit seinem 13-jährigen Sohn Michael in Halblech Urlaub machte. Am kommenden Samstag heiratet Vollmers ältester Sohn. „Ich bin froh, dass ich da dabei sein kann.“

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Foto: Jürgen Vollmer Ein Urlauber hat die Kuh, die in einem Loch festsaß, entdeckt.

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