Weißenhorn verliert den Löwen
Geschäftsführer Wolfgang Ländle klagt über große Probleme in der Branche und zieht die Notbremse. Am 28. Juli öffnet die Traditionsgaststätte zum letzten Mal
Für Kenner der Weißenhorner Gastronomieszene ist die Nachricht ein Schock. Gegenüber unserer Zeitung hat der Geschäftsführer und Küchenchef des Gasthofs zum Löwen, Wolfgang Ländle, nun bestätigt, was gerüchteweise in der Fuggerstadt bereits die Runde macht: Die über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte Traditionsgaststätte macht zu. „Wir öffnen das letzte Mal am 28. Juli“, sagt Ländle. Danach werde der Familienbetrieb mit stark reduziertem Personal nur noch als Hotel weitergeführt. Übernachtung mit Frühstück – mehr wird es im „Löwen“künftig nicht mehr geben. Die Küche bleibt kalt.
Wie viele andere Gastronomiebetriebe in der Region hat der „Löwen“an den äußeren Umständen schwer zu knabbern. Den Fachkräftemangel gibt Ländle als Hauptgrund für die Schließung an. „Wir müssen die Notbremse ziehen“, sagt der 57-Jährige, dessen Bruder Andy den „Bären“an der Hauptstraße betreibt. Die Eltern helfen nach wie vor im „Löwen“mit. Sie wiederum haben die Gaststätte 1964 von ihren Eltern übernommen, die das Anwesen in der Weißenhorner Altstadt 1929 gekauft hatten.
Aktuell fehle in der Branche der Nachwuchs, erzählt Ländle – und spricht auch selbstkritisch die großen Baustellen an: „Wir müssen uns überlegen, wie wir attraktivere Arbeitsplätze anbieten und unsere Angestellten besser bezahlen können.“Die Gastronomie sei sehr personalintensiv, die Arbeitszeiten häufig unbeliebt. Andererseits gebe es bei der Preisgestaltung für die Wirte auch Grenzen. Wenngleich der Geschäftsführer betont: Die Gäste müssten auch bereit sein, für gute Qualität entsprechende Preise zu bezahlen. „Wenn man im Ausland essen geht, dann zahlt man ganz andere Preise“, sagt Ländle. „Da fehlt hierzulande vielleicht auch ein bisschen das Bewusstsein.“
Sein eigenes Restaurant sei wegen des fehlenden Personals inzwischen nicht mehr in der Lage, den gewünschten Standard zu bieten. „Bei uns haben einige Mitarbeiter gekündigt“, erzählt Ländle. Nachfolger für sie finden sich nicht, ebenso wenig Lehrlinge. „Wir suchen schon sehr lange nach Köchen.“Vier Angestellte im Service, fünf in der Küche und vier Reinigungskräfte hatte das Lokal zuletzt. Im Hotel werden neben Ländle und den Eltern nur noch zwei Angestellte tätig sein. Dem Geschäftsführer zufolge bleiben die verbliebenen RestaurantMitarbeiter aber nicht im Regen stehen: Sie haben sich entweder selbst etwas Neues gesucht oder konnten an andere Betriebe vermittelt werden.
Die Nachricht über die anstehende Schließung hat die Familie einigen Gästen schon persönlich mitgeteilt. Das Bedauern sei groß, erzählt Ländle. Sätze wie „Da fehlt ein Teil von Weißenhorn“oder „Wo sollen wir denn dann hingehen?“seien schon gefallen. Für viele Weißenhorner war der „Löwen“bislang das Ziel schlechthin, wenn sie schön Essen gehen oder Familienfeiern abhalten wollten. Doch die Betreiber erfahren auch viel Verständnis. Denn die Weißenhorner Gaststätte ist bei Weitem nicht die einzige im Umkreis, die unter der schwierigen Lage leidet – und Konsequenzen zieht.
Mit dem „Hasen“verliert die Weißenhorner Altstadt im Sommer noch ein weiteres, alteingesessenes Gasthaus. Wirt Benjamin Glöggler hatte im März im Gespräch mit unserer Zeitung ebenfalls geschildert, dass der Fachkräftemangel zu dem Entschluss geführt hatte, den Pachtvertrag auf Ende Juli zu kündigen. Und jüngst hat mit der „Krone“auch ein in der Region bekanntes Traditionslokal in Illertissen die Türen geschlossen. Mehr als drei Jahrzehnte lang leitete der Illertisser Koch Jürgen Willer das Restaurant mit gehobener Küche. Nun musste er, wie berichtet, Insolvenz anmelschon den. Der wichtigste Grund dafür aus Sicht des Pächters: Personalmangel.
Wolfgang Ländle ist über die beiden Fälle natürlich im Bilde. „Viele Betriebe sind wirtschaftlich am Kämpfen“, sagt er. Und gerade in der Gastronomie gehe der Trend eindeutig weg von der Ausbildung. Doch ewig werde das so nicht weitergehen, glaubt er. Der 57-Jährige will nicht ausschließen, dass er vielleicht eines Tages wieder den Restaurantbetrieb aufnehmen wird. Ländle könnte sich auch vorstellen, den „Löwen“ab und zu für kleinere Events oder Sonderaktionen, wie zum Beispiel Weinproben, zu öffnen. „Das steht aber noch in den Sternen“, sagt er.