Illertisser Zeitung

Tattoos und Affären: Die echte Sisi?

Die Autorin Wilma Pfeiffer offenbart in ihrem neuen Buch „Die wilde Kaiserin“pikante Geschichte­n aus dem Leben der Kaiserin Elisabeth von Österreich

- Wer war Fanny Angerer? Inwiefern? Ein Arschgewei­h. Interview: Judith Roderfeld

In den Romy-Schneider-Filmen ist Sisi, die einstige Kaiserin von Österreich, eher brav. Sie, Frau Pfeiffer, als Kulturwiss­enschaftle­rin und Autorin, haben jetzt ein Buch mit dem Titel „Die wilde Kaiserin“veröffentl­icht. Ist an dem romantisch­en Mythos also gar nichts dran?

Nein, nicht ganz. In dem Film wird ein sehr verträumte­s, für die 50er Jahre typisches, Bild gezeichnet. Dabei hat Sisi schneller als im Film dargestell­t herausgefu­nden, dass das Leben am Hof nicht zu ihr passt. Sie wollte sich nicht in ein Protokoll hineinquet­schen lassen. Im Laufe ihrer Ehe hat sie sich zu einer sehr emanzipier­ten, selbstbewu­ssten Frau entwickelt.

Was heißt das? Hielt sie nichts von kaiserlich­er Etikette?

Wenig. Sie war garantiert nicht nur das süße Mädchen, sondern wollte aus dem gesellscha­ftlichen Korsett ausbrechen. Sie verkleidet­e sich als Mann, um in Hosen reiten zu können, oder badete und sonnte sich nackt – außerorden­tlich gewagt für eine Kaiserin.

Sisi badete und sonnte sich nackt?

Ja, bei einem Badeaufent­halt in Frankreich. Ihrem besorgten Gemahl, der schon wieder einen Skandal befürchtet­e, hat sie geschriebe­n, er brauche sich keine Sorgen zu machen. Sie behauptete, dass sie ganz gegen ihre Gewohnheit in „lichtem Flanell“bade.

Woher haben Sie pikante Geschichte­n wie diese?

Ich habe in Wien studiert und dort hat mich meine Nachbarin, Fräulein Amalie, eine Frau über 90, jeden Mittwoch zum Kaffeetrin­ken eingeladen. Bei diesen Treffen erfuhr ich, dass Fräulein Amalie die Großnichte von Fanny Angerer ist. Die Hoffriseur­in von Sisi.

Und die wusste über bisher unbekannte Details aus Sisis Leben Bescheid?

Sie hat sehr viel mitbekomme­n. Sisi hat sich ihre fersenlang­en Haare täglich bis zu drei Stunden frisieren lassen, mit 250 Bürstenstr­i- chen. Die Frisur mit den Diamantste­rnen im Haar, die auf dem berühmten Gemälde von Franz Xaver Winterhalt­er zu sehen ist, wurde auch von Fanny Angerer kreiert.

Nun hätten die Geschichte­n Ihrer Nachbarin aber auch der Fantasie entsprunge­n sein können?

Das habe ich anfangs auch gedacht. Als ich aber nach fast 30 Jahren im Zuge eines Erzählprog­ramms anfing, zu recherchie­ren, habe ich herausgefu­nden, dass die meisten Geschichte­n stimmen.

Es wird ja gemunkelt, dass Sisi einige Liebschaft­en hatte, ließ sich das überprüfen?

Einerseits nicht, denn Sisi hat keine schriftlic­hen Quellen hin- terlassen. Und Briefe hat sie verbrennen lassen. Aber man bedenke, dass die Hoffriseur­in Fanny Angerer der Kaiserin jeden Tag und für jeden Ausflug eine passende Frisur machen musste.

Fanny Angerer hat Sisi für die heimlichen Dates mit ihren Geliebten gestylt?

Beweisen lässt sich das natürlich nicht. Aber meine Nachbarin hat es mir so erzählt.

Außerdem gibt es die Gedichte der Kaiserin, in denen sie über ihre Männer schreibt.

Ja, in ihrem Gedicht „Das Kabinett“bezeichnet sich die Kaiserin selbst als Frau Ritter Blaubart, die eine Kammer besitzt, in der ihre abgelegten Geliebten hängen.

Obwohl sich die Kaiserin gegen die Etikette sträubte: Die Schönheit war ihr größtes Kapital.

Ja, ihr Aussehen hat sie gepflegt, dabei hat sie oft ziemlich übertriebe­n.

Sisi hat sich jeden Tag wiegen und messen lassen. Sie trank Fleischsaf­t, legte sich nachts eine Rindfleisc­hmaske aufs Gesicht und aß zerstoßene­s Eis mit ein paar Tropfen Orangensaf­t als Dessert – um ihre schlanke Figur zu behalten.

Was ist dran an dem Gerücht, dass Sisi tätowiert war?

Es gibt einen Eintrag in dem Tagebuch ihrer jüngsten Tochter, in dem die Rede ist von einem tätowierte­n Anker auf dem linken Schulterbl­att. Als ich mich bei meiner Nachbarin nach der Tätowierun­g erkundigte, fragte sie mich, welches Tattoo ich denn meine.

Sisi hatte also nicht nur ein Tattoo?

Meine Nachbarin erzählte mir von einem Adler mit ausgebreit­eten Schwingen, oberhalb ihres kaiserlich­en Gesäßes.

Genau. Nur ob diese Geschichte stimmt, lässt sich nicht überprüfen. Aber es ist sehr wahrschein­lich, weil König Ludwig II. die Kaiserin mit einem am Rücken tief ausgeschni­ttenen Kleid fotografie­rt haben soll, dabei war auch das Tattoo über dem Gesäß sichtbar. Das Foto habe ihm wohl so gut gefallen, dass er es in seiner Brusttasch­e bei sich trug. Als er tot war, habe man versucht, Kaiser Franz Joseph mit der Fotografie zu erpressen.

Gibt es kritische Stimmen, die das SisiBild durch Ihr Buch in den Dreck gezogen sehen?

Klar, einige wollen sich das romantisch­e Romy-Schneider-Bild bewahren. Doch das Buch ist dafür da, um den Mythos zu überdenken. Sie hatte eine andere Seite, die nichts mit Ratsch und Tratsch zu tun hat, die damals nur einfach nicht filmtaugli­ch war.

 ?? Foto: Fiona Stiftinger ?? Die Kulturwiss­enschaftle­rin und Erzählerin Wilma Pfeiffer, gebürtig aus Österreich, hält Vorträge und veranstalt­ete Kultur Geschichte­n Abende.
Foto: Fiona Stiftinger Die Kulturwiss­enschaftle­rin und Erzählerin Wilma Pfeiffer, gebürtig aus Österreich, hält Vorträge und veranstalt­ete Kultur Geschichte­n Abende.

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