Ticketskandal um Sänger des WM Lieds
Am vergangenen Samstag hätte US-Star Nicky Jam in der Ratiopharm-Arena auftreten sollen. Offenbar bleiben nun nach der Absage Tausende Kartenbesitzer auf ihren Kosten sitzen
Der Interpret des offiziellen Songs der Fußballweltmeisterschaft sorgt für mächtig Frustration in Neu-Ulm: Am 2. Juni hätte Nicky Jam, der zusammen mit Hollywoodstar Will Smith „Live It Up“, das Lied zur WM, singt, in der Ratiopharm-Arena auftreten sollen. Doch nun bleiben möglicherweise Tausende Kartenkäufer auf ihren Kosten sitzen. „Bereits gekaufte Tickets können an den jeweiligen Vorverkaufsstellen, an denen sie erworben wurden, zurückgegeben werden“, teilte der Pressesprecher der Arena bereits am Donnerstag, 24. Mai, mit. Doch der Konzertveranstalter Starshine-Group, eine Firma mit Standorten in Miami (USA) und Fellbach bei Stuttgart, ist offenbar in Schwierigkeiten.
Unter der offiziellen „Info-Line“ist telefonisch niemand erreichbar. In einem auf Facebook veröffentlichten „Kündigungsstatement“ist die Rede von einer „sehr schlechten gesundheitlichen Verfassung“des Geschäftsführers, der einen „Herzanfall“erlitten habe. Die Agentur, die den Grammy-Preisträger Nicky Jam vertritt, sei in „keiner Weise“für die Absage verantwortlich. Michel Sprick, 36, schillernder Chef von Starshine, hat in einem inzwischen wieder gelöschten Video unter Tränen von einer „halben Million Schulden“gesprochen. In einer geschlossenen Facebook-Gruppe von „Betroffenen des Ticketbetrugs“mit fast 700 Mitgliedern ist es noch abrufbar.
„Jetzt habe ich alles verloren, was ich hab’“, sagt Sprick unter Tränen. Er habe den „falschen Leuten“vertraut und sei allein für Nicky Jam mit 150000 Euro in Vorleistung gegangen. Er habe „alles verloren“, das Business sei voller „Lügner und Betrüger“. Firmen, die er über die Jahre hochgezogen habe, hätten ihn „eiskalt abgezogen“. „Ich muss meine Firma schließen.“Sprick richtet sich direkt an die Käufer und entschuldigt sich dafür, dass er das Geld an die geprellten Fans nicht zurückzahlen könne. „Ich habe alles versucht“, sagt Sprick, der in vier Monaten Vater wird, unter Tränen. Und: „Scheiß auf die halbe Million.“
Offiziell hat die Firma noch keine Insolvenz beantragt, zumindest findet sich kein Eintrag im öffentlich einsehbaren Insolvenzportal. Ist ein Veranstalter offiziell zahlungsunfähig, ist es nach Expertenmeinung wahrscheinlich, dass die Kunden auf ihren Tickets sitzen bleiben.
Wie Richard King, Sprecher der Neu-Ulmer Arena, erklärt, seien die Karten für das Konzert ausschließlich über die Homepage von Starshine und nicht über gängige Portale wie etwa Eventim verkauft worden. Deswegen habe die Arena auch keinerlei Einfluss auf die Rückerstattung der Eintrittskarten, die offenbar zwischen 40 und 120 Euro kosteten. Für Vip-Tickets sollen sogar bis zu 200 Euro bezahlt worden sein. In der Vergangenheit hätten die Neu-Ulmer durchaus positive Erfahrungen mir Starshine gemacht: Ein Konzert des Latin-Stars Maluma im vergangenen Jahr war ausverkauft. Ein für den 29. Juli dieses Jahres angekündigtes „Latino Festival“in Neu-Ulm sei ebenfalls abgesagt worden. Auch hier hatte der Vorverkauf bereits begonnen, Starshine bewirbt das Konzert noch immer im Internet, wenngleich die Ticket-Kauf-Funktion deaktiviert wurde. Auch hier melden sich via Facebook etliche Menschen, die nun wohl auf ihren Kosten sitzen bleiben.
Der Ärger ist groß und bahnt sich im Internet in vielen Kommentaren den Weg. Aus ganz Süddeutschland wollten offenbar Fans nach NeuUlm anreisen. „Auch wir haben Tickets für das Nicky-Jam-Konzert in der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm gekauft. Niemand hat uns darüber informiert, dass es ausfällt, und bis heute haben wir auf die unzähligen E-Mails und Anrufe keine Antwort bekommen. Wir sind wirklich ratlos. Wir wollen unser Geld zurück“, beklagt sich etwa Eliana.
Und die Gruppe der möglicherweise geprellten Menschen wird immer größer: Am Dienstag vermeldete die Ratiopharm-Arena via Facebook, dass auch das für 29. Juli in der Neu-Ulmer Arena geplante Konzert von Daddy Yankee aus organisatorischen Gründen abgesagt wurde. Wie Hohn in der Ohren der Ticketkäufer klingt der nachfolgende Satz: Die Rückerstattung der Tickets läuft über den Veranstalter. Denn der heißt ebenfalls Starshine.
Einig Fans haben mittlerweile Anzeige erstattet, das bestätigte das Polizeipräsidium in Kempten auf Anfrage. Der Vorwurf an den Konzertveranstalter Starshine: Betrug. Nun entscheidet die Staatsanwaltschaft in Memmingen, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.