Das Treffen am Chiemsee
Als es um Deutschland (genauer: um Westdeutschland) ging, traf man sich erst einmal in Bayern. Politiker aus allen Teilen der künftigen Bundesrepublik kamen 1948 auf der Herreninsel im Chiemsee zusammen, um über eine neue deutsche Verfassung nachzusinnen und zu debattieren. Die Bayern selber hatten schon eine. Und die klang sehr nach einem eigenständigen Staat.
Dass Bayern dem Bund verfassungsrechtlich voraus war, hatte mit einem gewissen Dwight D. Eisenhower zu tun. Der war unmittelbar nach Kriegsende Chef der amerikanischen Besatzungszone und gründete per Erlass den „Staat Bayern“. Die nächste Hauptrolle spielte der SPD-Mann Wilhelm Hoeger, der sich im Schweizer Exil mit dem starken Föderalismus der Eidgenossen angefreundet hat. Zurückgekehrt ins „Gasthaus zum bayerischen Löwen“, wie er seine Heimat nannte, setzte er sich für eine Verfassung ein, die der traditionellen Eigenständigkeit Bayerns gerecht werden sollte. Wurde sie auch: Der revolutionäre Begriff des „Freistaats“wurde wiederbelebt. Und in ihm sollten „bayerische Staatsangehörige“leben.
Aber jetzt, am Chiemsee, ging es um Deutschland und um die Frage, wie stark die einzelnen Staaten im neuen Bund sein sollten. Die Haltung der Bayern war klar: Sie empfahlen den historischen und losen Begriff „deutscher Staatenbund“. Das war den Alliierten dann doch zu bayerisch. Sie setzten den Begriff „Bundesstaat“durch.
Der Entwurf vom Chiemsee wurde die Basis des späteren Grundgesetzes, das dann mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen wurde. Warum nur zwei Drittel? Ja, natürlich: