Illertisser Zeitung

Ein Refugium der Natur

Das Kettershau­ser Ried ist eines von vier Naturschut­zgebieten im Unterallgä­u. Bei einer Exkursion erfahren Teilnehmer mehr über seltene Tiere und Pflanzen

- VON CLAUDIA BADER

„Was hier alles wächst, blüht und lebt!“– Bei einer Führung durch das Kettershau­ser Ried sind die Sinneseind­rücke nur so auf die Teilnehmer eingeprass­elt. Ein sanfter Wind strich durchs feuchte Gras, Büsche und über die Haut. Rundum war Vogelgezwi­tscher, Summen, Brummen und Zirpen zu hören. In dieser Szenerie lenkte Diplom-Biologe Jens Franke vom Landschafs­pflegeverb­and (LPV) im Unterallgä­u den Blick auf die seltenen Pflanzen und Insekten, die in dem Gebiet leben. Und er machte deutlich, weshalb er mit der Renaturier­ung der Moorlandsc­haft während der zurücklieg­enden Jahre sehr zufrieden ist.

Das Kettershau­ser Ried ist eines von vier Naturschut­zgebieten im Landkreis – neben dem Hundsmoor zwischen Hawangen und Westerheim, dem Pfaffenhau­ser Moos und dem Benninger Ried. Wie Franke informiert­e, bildet die Niedermoor­landschaft zwischen Kettershau­sen, Mohrenhaus­en und Tafertshof­en eines der artenreich­sten Gebiete im europäisch­en Schutznetz­werk. Ein Ziel des im Jahr 2002 gegründete­n LPV sei es, die Lebensräum­e, die heute noch im Günztal bestehen, zu erhalten.

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg seien viele feuchte Wiesen entwässert und nutzbar gemacht worden, erzählt Franke. So wurde zum Beispiel Streu für die Ställe gewonnen. Torf wurde gestochen, um damit zu heizen. Im Laufe der Jahre habe dann eine Verbrachun­g eingesetzt. Diese Entwicklun­g galt es, zu stoppen.

Vor 20 Jahren – im Jahr 1998 – wies die Regierung von Schwaben das rund 40 Hektar große Ried als Naturschut­zgebiet im Unterallgä­u aus. Die Verordnung trat im August in Kraft – und mit ihr Regeln, um die Natur zu schützen. Um die Vielfalt an Strukturen und Wiesentype­n zu erhalten, müssten die Maßnah- zur Pflege des Naturschut­zgebietes laut Franke genau ausgelotet werden. „Manche Flächen muss man einmal im Jahr mähen, andere länger stehen lassen“, erklärte der Biologe. So können seltene Pflanzen aussamen – und die Artenvielf­alt bleibt erhalten.

Die sich im Laufe der Jahre im Kettershau­ser Ried entwickelt­e Struktur biete zum Beispiel ideale Bedingunge­n für Orchideen. So haben sich dort etwa das gefleckte Knabenkrau­t und das Zweiblatt wieder angesiedel­t.

Bei dem Rundgang durch die feuchte Wiesen wies Franke die Teilnehmer auch auf typische Pflanzen hin, die in dem Niedermoor­gebiet gedeihen, zum Beispiel Gilbweider­ich, Baldrian, Rossminze, kantiges Johanniskr­aut und Wiesenknöt­erich. Auch Wald-Simse und Herbstzeit­lose sprießen.

In diesem Umfeld fühlten sich Libellen wie die geräderte Prachtlibe­lmen le und seltene Schmetterl­inge wie der Riedteufel, der Scheckenfa­lter, Moorfalter und der braune Waldvogel wohl. Letzterer wird auch als „Schornstei­nfeger“bezeichnet. In der Nähe von fließendem Wasser kann man im Kettershau­ser Ried auch die Helmazurju­ngfer, eine vom Aussterben bedrohte Libelle, finden. „Man braucht solche Refugien wie das Kettershau­ser Ried, in denen die Natur an erster Stelle steht“, sagte der Biologe.

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Fotos: C. Bader Bei einer Exkursion durch das Kettershau­ser Ried lenkte Biologe Jens Franke den Blick auf seltene Pflanzen und Tiere. Von diesen finden sich einige in dem Gebiet.
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Auch Scheckenfa­lter sind im Ried zu fin den.

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