Illertisser Zeitung

Chancen für hunderte Kinder

Der Verein „Hilfe für Kinder in Uganda“feiert am Freitag sein 20-jähriges Bestehen. Die Ehrenamtli­chen haben einiges erreicht und erlebt. Ein Rückblick

- VON SABRINA SCHATZ

Diese dunklen Kinderauge­n werde er nie vergessen. Es war Reinhold Reinöhls erste Reise nach Uganda, 1999. Er schenkte Grundschül­ern Buntstifte, die Mädchen und Buben lachten ihm entgegen, als hätte er ihnen soeben eine Schatztruh­e überreicht. Die meisten Kinder hatten wohl noch nie einen weißen Mann gesehen. Sie wollten durch sein helles Haar streichen.

Momente wie diese sind es, für die der Verein „Hilfe für Kinder in Uganda“kämpft – und das seit nunmehr 20 Jahren. Die Summe, die in dieser Zeit für die schulische Bildung in Buswa, einem Dorf im Busch, zusammenka­m, ist enorm: rund zwei Millionen Euro. Hunderten Kindern wurde es möglich, zu lernen und ihre Zukunft selbst zu gestalten.

Angefangen hatte alles 1995 mit einer Begegnung. Pater Lawrence Ssemusu aus Uganda war als Sommervert­retung in Kettershau­sen tätig. Dort kam er mit vielen Menschen ins Gespräch, erzählte von seiner Heimat, in der er gegen Analphabet­ismus kämpfte; von bis zu 80 Kindern, die gedrängt auf dem Boden eines einzigen Klassenzim­mers saßen. Auch Reinöhl, der zu dieser Zeit den FCBayern-Fanclub Babenhause­n/ Allgäu leitete, lernte den Geistliche­n kennen. Der Oberschöne­gger fragte den Afrikaner prompt, ob er denn den Münchner Fußballver­ein kenne. Pater Lawrence bejahte. „Von da an hatte er gewonnen“, scherzt Reinöhl rückblicke­nd. Um den Bau neuer Schulräume zu unterstütz­en, sammelten die Unterallgä­uer in den folgenden Jahren Spenden. Im September 1998 gründete eine Gruppe, darunter Reinöhl, einen eigenen Verein.

Reinöhls erste Reise nach Uganda fand ein Jahr später statt. „Das war ein riesen Abenteuer für mich“, erinnert sich der heute 72-Jährige. Im Pfarrheim bei Pater Lawrence habe es Weißbrot und Aufgusskaf­fee gegeben – „da haben sich alle an den Händen gehalten und gesungen: Gott ist gut. Das war eine andere Welt, verglichen mit Deutschlan­d“, sagt der Unterallgä­uer. Neun weitere Reisen nach Uganda folgten, die jüngste liegt ein Jahr zurück. Abwechseln­d besuchten sich Reinöhl Pater Lawrence, mal in Deutschlan­d, dann in Uganda. „Ich habe so viele Kilometer zurückgele­gt in meinem Leben, dass ich sechsmal die Erde umrundet habe“, sagt der Oberschöne­gger, der früher Lastwagen für die örtliche Molkerei steuerte.

Konzerte, Zahngold-Aktionen, Tombolas – was die Menschen in der Region, was die Ehrenamtli­chen im Verein bewegt haben und bewegen, ließe sich kaum in Worte fassen. In Erinnerung geblieben ist vielen ein Benefizspi­el, das 2000 in Babenhause­n ausgetrage­n wurde. Profis wie Thomas Strunz und Sami Kuffour kickten mit. Das Ergebnis: 2:12 – und 54 000 Mark an Spenden.

Seinen Posten im Vorstand des Fanclubs gab Reinöhl nach insgesamt 15 Jahren auf. Seither widmet er sich ganz seiner Herzensang­elegenheit: der Uganda-Hilfe. Die Verbindung zum FC Bayern riss aber dadurch nicht ab. Ottmar Hitzfeld etwa habe ihn bisweilen auf einen Kaffee besucht, erzählt Reinöhl. Und Michael Ballack habe eine Patenschaf­t übernommen.

Wie viel Kraft ihm selbst die Uganda-Hilfe gibt, wurde Reinöhl klar, als ihn einige Schicksals­schläge trafen. Erzählt er heute davon, stockt seine Stimme. Bei einer Spendenübe­rgabe erlitt er einen Schlaganfa­ll, der ihn prägte. Mit Unterstütz­ung seiner Frau Annemarie kämpfte er sich ins Leben zurück. 2013 wurde Reinöhl das Bundesverd­ienstkreuz verliehen.

Aus den anfangs zehn Mitglieder­n wurden bis heute 220. Rund 1000 Patenschaf­ten wurden abgeschlos­sen, mehr als ein Dutzend Gebäude errichtet, renoviert und erweitert. In diesen können Kinder, oft Waisen oder Halbwaisen, einen Unterund richt besuchen, übernachte­n, wohnen. „Das hätte kein Mensch gedacht, was da entstanden ist. Es ist wie ein Wunder, wenn man an so etwas glaubt.“Er sei ja nur ein einfacher Lastwagenf­ahrer gewesen, kein Promi. „Beim ersten Gebäude brauchten wir 25000 Mark. Da dachte ich noch: Wie sollen wir das nur zusammenbr­ingen? Und jetzt sind wir bei dieser unglaublic­hen Summe“, sagt der 72-Jährige und schüttelt den Kopf, als könne er es selbst noch nicht ganz glauben, was die Begegnung mit Pater „Larry“damals ins Rollen gebracht hatte.

Pläne hat der Verein auch nach 20 Jahren noch genügend: den Bau einer Berufsschu­le, in der Ugander etwa lernen, Mauern zu ziehen oder Fenster zu bauen. Oder ein Übernachtu­ngshaus für Mädchen. Auch Kooperatio­nen mit anderen Uganda-Vereinen seien denkbar.

Endlich hat der bayrische Fußballfan die Möglichkei­t, mit kräftigem Schluck aus Glas und Flasche die Konjunktur zu stützen. Denn als einziges Bundesland misst Bayern das Wohl und Wehe seiner Wirtschaft mit dem Weißbierin­dex. Am Bild eines vollen oder halb leeren Weißbiergl­ases kann jedermann den Zustand der bajuwarisc­hen Konjunktur mühelos ablesen.

Die Fußball-WM wird sich auf den Weißbierin­dex sehr positiv auswirken. Wer bei einem erfolglose­n Spiel unserer Mannschaft das Glas voller Kummer leert und jeden deutschen Torschuss in vollen Zügen genießt, treibt nicht nur den allgemeine­n Konsum, sondern auch den Index in die Höhe.

Damit erfüllt sich für Biertrinke­r ein Traum: Man muss bei der Verfolgung der Spiele nur tief genug ins Glas schauen, schon stärkt man Bayerns wirtschaft­liche Stellung unter den Bundesländ­ern. Manche Ehefrau machte bisher beim Wegräumen der Bierflasch­en ein säuerliche­s Gesicht. Künftig kann sie mit Stolz auf ihren Gatten blicken und mit süßem Lächeln flüstern: „Nur weiter so!“Falls sich eine WMMännerru­nde vor dem Fernsehger­ät versammelt, kann sie sich sogar auf den Segen großer Dichter berufen. Goethe hat vielleicht den Weißbierin­dex vorausgeah­nt, als er in seine Ballade „Der getreue Eckart“die Zeilen einfügte: „Doch siehe, man kostet: ein herrliches Bier! / Man trinkt in die Runde schon dreimal und vier, / Und noch nimmt der Krug nicht ein Ende.“

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Fotos: Sammlung Reinöhl Der Verein „Hilfe für Kinder in Uganda“wurde vor 20 Jahren gegründet. Seither bekamen Hunderte Mädchen und Buben die Chan ce, eine Schule zu besuchen. Das Bild zeigt Reinöhl bei einer seiner Reisen in das Land.
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Mehrere Gebäude sind durch die Spen den in Uganda entstanden.
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Reinhold Reinöhl

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