Wenn Folterknechte über Menschenrechte reden Debatte
Ist Israel undemokratischer als Nordkorea? Ein UN-Gremium scheint das tatsächlich zu glauben
VON RUDI WAIS dürften, die die „höchsten Standards“bei den Menschenrechten erfüllen, sind die Demokratien des Westens mit ihren unzweifelhaft hohen Standards eine Minderheit unter autoritären Ein-ParteienRegimen wie dem chinesischen oder ähnlich repressiven und im Umgang mit ihren Bürgern wenig skrupellosen Mitgliedern wie Venezuela, Pakistan, Afghanistan, Nigeria, dem Irak, Kuba oder den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Wie bizarr in dieser Runde von insgesamt 47 Staaten gelegentlich diskutiert und entschieden wird, zeigt ein Blick auf die Resolutionen des Rates in den ersten zehn Jahren nach seiner Gründung 2006: Israel, die einzige Demokratie des Nahen Ostens, wurde in dieser Zeit 68 Mal verurteilt, das Mörderregime des syrischen Machthabers Baschar al-Assad dagegen nur magere 20 Mal. Nordkorea, das Syno- schlechthin für Unfreiheit und Unterdrückung, kam gar mit neun Ermahnungen davon, an der Situation in China, in der Türkei oder in Somalia hatte der Rat zehn Jahre lang überhaupt nichts auszusetzen. Auch die Anträge westlicher Länder, sich kritisch mit der Politik des Iran oder dem Terror der Hamas im Gazastreifen zu beschäftigen, scheitern regelmäßig am Block der muslimischen Länder. Dafür ist die „menschenrechtliche Situation in Palästina und anderen besetzten Gebieten“heute fester Tagesordnungspunkt jeder Sitzung.
So wurde mit den Jahren der Bock zum Gärtner gemacht. Länder, die es mit den Menschenrechten nicht allzu genau nehmen oder sie sogar bewusst missachten, unterdrücken jede Kritik oder schützen sich teilweise sogar gegenseitig. Die Kritik der amerikanischen UNBotschafterin Nikki Haley, der Rat sei „eine Jauchegrube der politischen Voreingenommenheit“, mag im Ton überzogen sein. In der Sache allerdings haben die streitbare Diplomatin und US-Präsident Donald Trump recht: So lange sich das Gremium nur als Plattform für politische Intrigen und antisemitische Ressentiments versteht, ist jede weitere Zusammenarbeit sinnlos.
Gegründet, um weltweit die Bürgerrechte zu schützen und zu fördern, hat der Rat sich zu einem abnym surden politischen Zirkel entwickelt, in dem es allenfalls noch am Rande um die Menschenrechte geht. Die Kritik aus Deutschland und anderen EU-Staaten an der amerikanischen Entscheidung hat deshalb etwas Heuchlerisches und Wohlfeiles: Sie blendet die eigentlichen Probleme aus und zielt vor allem auf Trump selbst, der das Klimaabkommen aufgekündigt hat, den Atompakt mit dem Iran, die Mitgliedschaft in der Kulturorganisation Unesco und nun auch noch die im Menschenrechtsrat.
In einer Welt, die nicht friedlicher wird, könnte ein Rat für Menschenrechte Frühwarnsystem und moralische Instanz zugleich werden. Dazu aber müssen seine Mitglieder über jeden Zweifel erhaben sein und ihre Urteile unbestechlich. So lange das nicht der Fall ist, ist jeder Sitzungstag am Genfer See einer zu viel.