Illertisser Zeitung

So wird Schwörmont­ag zum Feiertag

Ein Abgeordnet­er schaltet schon einmal den Innenminis­ter ein, andere sehen den Vorstoß kritisch. Wer die Entscheidu­ng trifft – und wer davon profitiere­n dürfte

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Es ist derzeit vielleicht Thema in Ulm: Soll der Schwörmont­ag ein gesetzlich­er Feiertag werden? Begonnen hatte die Diskussion mit der Überlegung, die Schwörtags­traditione­n ins bundesweit­e Verzeichni­s des immateriel­len Kulturerbe­s aufzunehme­n. Ein Punkt, der auch auf der Tagesordnu­ng für die Gemeindera­tssitzung am gestrigen Mittwoch stand. Doch eine Entscheidu­ng durften die Räte nicht treffen – und es gibt nicht nur Widerspruc­h, sondern auch Hinderniss­e.

Das größte: Örtlich begrenzte Feiertage sieht das baden-württember­gische Landesrech­t nicht vor. Damit der Schwörmont­ag zum offizielle­n Feiertag wird, müsste der Landtag das Feiertagsg­esetz ändern. „Theoretisc­h ist das natürlich möglich“, sagt eine Sprecherin des Innenminis­teriums in Stuttgart auf Anfrage unserer Zeitung. Noch am Sonntag hat Jürgen Filius, GrünenLand­tagsabgeor­dneter aus Ulm, einen Brief an Innenminis­ter Thomas Strobl geschriebe­n und ihn gebeten, sich für eine solche Gesetzesän­derung einzusetze­n. Filius hebt das landesweit einmalige Fest hervor und betont, wie wichtig es für die Ulmer Bürger ist, der Schwörrede des Oberbürger­meisters zuhören zu können. „Dafür ist es aus meiner Sicht unabdingba­r, den Schwörmont­ag als lokalen gesetzlich­en Feiertag zu etablieren“, schreibt Filius.

Filius’ Ulmer Kollege im Landtag, SPD-Mann Martin Rivoir, sieht die Überlegung­en kritischer. „Die Diskussion scheint alle fünf Jahre wiederzuko­mmen“, sagt er. „Ich finde den Schwörmont­ag so, wie er ist, in Ordnung.“Rivoir spricht von der städtische­n Komponente des Tags. Die zeige sich auch darin, dass die Geschäfte am Vormittag geöffnet hätten. Der Politiker, der auch im Ulmer Gemeindera­t sitzt, fürchtet, dass viele Bürger bei einem offizielle­n Feiertag das dann lange Wochenende nutzen könnten, um wegzufahre­n. „Mir wäre es lieber, der Tag nach Schwörmont­ag wäre frei“, er. Wenn sich der Gemeindera­t oder die Bevölkerun­g für einen eigenen offizielle­n Feiertag ausspräche­n, werde er den Wunsch aber mittragen, verspricht Rivoir.

Ulms Stadtoberh­aupt Gunter Czisch schlägt in eine ähnliche Kerbe. „Dass das unser großer Feiertag ist, muss man nicht groß betonen“, sagt er. Das Entscheide­nde sei nicht, dass der Tag ein freier Tag sei, – sondern, dass möglichst jeder zur Schwörrede komme. „Das ist das Gleiche wie bei christlich­en Feiertagen“, meint der Oberbürger­meister. „Das ist nicht nur eine Festmeile, sondern ein Stadtfeier­tag.“

Die Ulmer Industrie- und Handelskam­mer (IHK) ist gegen den neuen Feiertag. „Das ist ein negativer Standortfa­ktor für Unternehme­n“, gibt Hauptgesch­äftsführer Otto Sälzle zu bedenken. Er findet: „Wir haben wirklich genügend Feischerzt ertage.“Bei der Kammer halte man es „nicht für ulmisch“, wenn am Schwörmont­ag die Geschäfte geschlosse­n bleiben sollten: Der Tag würde dadurch seinen Charakter verlieren, befürchtet Sälzle. Der bestehe aus seiner Sicht nämlich auch darin, dass für die Ulmer erst am Nachmittag aus dem Arbeits- ein Feiertag wird. Kommt der offizielle Feiertag tatsächlic­h, dürften davon vor allem die Neu-Ulmer Einzelhänd­ler profitiere­n. Das zeigt der Blick nach Bayern. Dort gibt es lokal begrenzte Feiertage, zum Beispiel das Augsburger Hohe Friedensfe­st am 8. August. Ein Tag, an dem die Geschäfte umliegende­r Orte wie Friedberg und Gersthofen voll von Augsburger­n sind. „Es werden nie 100 Prozent an einer Feierlichk­eit teilnehmen – auch wenn in Ulm wirklich viele dabei sind“, sagt Thorsten Keller, CenterMana­ger der Glacis-Galerie. Schon jetzt sei das Einkaufsze­ntrum ein Anlaufpunk­t für alle, die sich abseits der Feierlichk­eiten versorgen wollen. Wären die Geschäfte in Ulm geschlosse­n, würden die Neu-Ulmer noch stärker profitiere­n, ist Keller überzeugt. Ums Einkaufen geht es dem Landtagsab­geordneten Jürgen Filius gar nicht. Die Bürger sollten frei haben, um zur Schwörrede auf den Weinhof zu kommen, sagt er. „Ich kann mir schon vorstellen, dass sich Baden-Württember­g das unter dem Aspekt der Gleichheit überlegt.“In Bayern gebe es schließlic­h auch lokale Feiertage – wie eben das Friedensfe­st. „Da ist der Schwörmont­ag völlig vergleichb­ar“, findet Filius. „Ich halte das für durchsetzb­ar. Aber man wird erst einmal Überzeugun­gsarbeit im Parlament leisten müssen.“

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Archivfoto: Felix Oechsler Am Schwörmont­ag ist die Stadt voller Menschen – hier auf dem Münsterpla­tz. Doch wer früh feiern möchte, muss an diesem Tag freinehmen.
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