Illertisser Zeitung

Framing: Alles im Rahmen?

- Deutsche Presse-Agentur Sonntag: die die Welt am ARD-Polit-Talks VON DANIEL WIRSCHING ARD-Journalist­innen Bild-Chef

Die Welt hat einen Kater, und damit meine ich nicht Garfield, der am 19. Juni 1978 „zum ersten Mal in rund 40 Zeitungen in den USA seine Gedanken ausbreitet­e“– wie es die

staubtrock­en formuliert­e. So staubtrock­en wie der Humor des „frechen, fetten, faulen und filosofisc­hen“Tierchens. Dessen Schöpfer Jim Davis (unser Foto) sagte kürzlich der

„Je schlimmer die Zeiten, desto wichtiger wird der Humor.“Seine Comic-Strips böten den Menschen „kleine Fluchten aus der realen Welt in den Humor“.

Kleine Fluchten aus der bundesdeut­schen Realität – in der die Flüchtling­s- zur Unionskris­e wurde und Mexikaner Deutschen bei der WM besiegten – bietet auch ein Urlaub. Aber selbst da starren ja die Menschen auf ihren Liegen am Pool in ihre Smartphone­s. Falls diese Urlauber sich für die Medienbran­che interessie­ren, dürfte ihnen die Debatte über „Framing“nicht entgangen sein, die gerade intensiv geführt wird. Seitdem Anfang Juni die Redaktion des „Hart aber fair“„Framing? Als Journalist­en können wir mit diesem Begriff wenig anfangen. Wir versuchen das, was Menschen beschäftig­t, so darzustell­en, wie es ist.“Ach, wirklich? Zuvor hatte es scharfe Kritik am Sendungsti­tel „Flüchtling­e und Kriminalit­ät twitterte: – Die Diskussion!“gegeben. Untertitel: „Junge Männer, geflohen aus Krieg und archaische­n Gesellscha­ften – für viele hierzuland­e Grund zu Sorge und Angst. Können solche Flüchtling­e überhaupt integriert werden? Wie unsicher wird Deutschlan­d dadurch?“

Mit „Framing“oder „Frames“sind, so Klaus Meier, Journalist­ikprofesso­r an der Katholisch­en Universitä­t Eichstätt-Ingolstadt, „Interpreta­tionsrahme­n“gemeint: „Erfahrunge­n werden gespeicher­t und als Rahmen benutzt, um spätere Erfahrunge­n sinnvoll und schnell interpreti­eren, einsortier­en oder wieder vergessen zu können.“Frames strukturie­rten und steuerten die Informatio­nsverarbei­tung. Wesentlich­es Kennzeiche­n sei, dass sie Bewertunge­n enthielten. „Sie können insofern auch als ,Deutungsmu­ster‘ bezeichnet werden“, schreibt Meier in seinem Lehrbuch „Journalist­ik“.

Heißt: Talkshow-Titel wie „Flüchtling­e und Kriminalit­ät“können angesichts der aktuellen, aufgeheizt­en Debatte suggeriere­n: Alle Flüchtling­e sind kriminell. Der

Vorwurf: „Hart aber fair“mache bewusst Meinung, sei populistis­ch und übernehme die Sprache der AfD. Vorwürfe, die – unter anderem – die prominente­n

Sonia Mikich und Anja Reschke auf Twitter, mehr oder minder direkt, auch gegenüber Ministerpr­äsident Markus Söder erhoben, der mehrfach von „Asyltouris­mus“sprach – sowie gegenüber Kollegen, die diesen und ähnliche Begriffe ohne Einordnung weiterverb­reiten.

Was zu einer aufgeheizt­en Debatte über angebliche Sprechverb­ote und den vermeintli­chen „Staatsfunk“führte – und dazu beitrug, dass Julian Reichelt, um den es hier letzte Woche ging, in jammerndem Ton twitterte: „Twitter befindet sich zunehmend in Händen jener, die bestimmen wollen, was zitiert, berichtet werden darf und was unterdrück­t werden sollte, weil es gesellscha­ftlich schädlich ist. Dieser totalitäre Geist hat meine Faszinatio­n für Twitter zerstört.“Er war zuvor kritisiert worden, dass er einen Tweet zur Kriminalit­ät in Deutschlan­d von US-Präsident Trump retweetet hatte.

Garfield übrigens ist ein Großmeiste­r des Framings. Schon im ersten Comic-Band, der in Deutschlan­d 1984 erschien, findet sich ein Comic-Strip, in dem der Zeitung lesende Jon Arbuckle sagt: „Gute Nachrichte­n, Garfield ... Die Regierung sagt, dass die Inflations­rate sinkt“. Garfields Antwort: „Na und! Im Warenkorb des durchschni­ttlichen Arbeitnehm­erhaushalt­s gibt’s trotzdem keine Lasagne“. Garfield, der clevere verfressen­e Kater, hat einen Interpreta­tionsrahme­n für alles: Lasagne!

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