Fußball schauen am Arbeitsplatz?
Heute Nachmittag kicken die Deutschen gegen die Südkoreaner. Für viele Berufstätige fällt das Spiel genau in die Arbeitszeit. Wie Chefs in der Region damit umgehen
Für die Nationalelf geht es gegen Südkorea um den Einzug ins Achtelfinale. Vor der Fußball-Weltmeisterschaft hofften die Fans, dass die Mannschaft im letzten Vorrundenspiel höchstens noch den Gruppensieg klar machen muss. Doch jetzt wird es richtig spannend. Anpfiff ist um 16 Uhr – nicht gerade eine arbeitnehmerfreundliche Zeit. Wie gehen die Chefs und Arbeitnehmer in der Region damit um? Und wie sieht es eigentlich während des Nachmittagsunterrichts in den Schulen aus?
Eines gleich vorweg: Erlaubt ist das Fußballschauen am Arbeitsplatz nicht. Zumindest, wenn der Chef es nicht ausdrücklich genehmigt. So groß die Fußballeuphorie nach dem Tor von Toni Kroos gegen Schweden in buchstäblich letzter Minute also auch sein mag – arbeitsrechtlich sind weder Fernseher noch Radio ohne Absprache mit dem Vorgesetzten im Büro gestattet.
Im Landratsamt in Neu-Ulm gibt es keine Sonderregel während der WM – auch wenn Jogis Jungs antreten. Laut Pressesprecherin Kerstin Weidner müssen die Büros mindestens bis 12.30 Uhr besetzt sein, denn so lauten die üblichen Öffnungszeiten der Behörde. Danach könne jeder Mitarbeiter getreu der Gleitzeitregelung selbst entscheiden, wann er Feierabend macht. Weidner sagt: „Ich werde das Spiel auf jeden Fall anschauen. Ich bin schon gespannt.“● Anders ist das im Getränkemarkt Finkbeiner in Illertissen: „Geschäft ist Geschäft“, sagt Marktleiter Lutz Kattein. Soll heißen: Die WM beeinflusst den Marktbetrieb nicht. So sei das auch in anderen, größeren Märkten üblich. Manche Mitarbeiter können dennoch Fußball schauen: Jene, die in dieser Woche Frühschicht und damit nachmittags frei haben. ● Ganz ähnlich wie der Getränkemarktleiter Kattein sieht es der Altenstadter Stefan Joser. Er ist Handwerker und leitet eine eigene gleichnamige Holz- und Montagebaufirma. „Wir arbeiten ganz normal bis etwa 17 Uhr“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Viele seiner Mitarbeiter würden sich ohnehin nicht so sehr für Fußball interessieren. Das Radio darf in seinem aber trotzdem mit auf die Baustellen, sagt er. „Die erste Halbzeit werden wir verpassen, aber wir haben ja das Radio dabei.“Er selbst ist kein begeisterter Fußballfan, verfolgt aber dennoch das ein oder andere WM-Spiel. Und heute nach 17 Uhr hat er ja auch noch die Gelegenheit, zumindest die zweite Hälfte des Deutschlandspiels anzusehen. ● Dass die Arbeit vor den Weltmeisterschaftsspielen Vorrang hat, findet auch Martin Bucher, Vorsitzender des Betriebsrats der Wieland-Werke Ulm. „Es ist nicht möglich, während der Arbeit Fußball zu schauen“, sagt er. Das gehe bei Wieland schon wegen der Sicherheitsvorkehrungen in den Werken gar nicht. Dennoch, so Bucher, sei das Unternehmen sehr flexibel aufgestellt. Nach Absprache mit der Geschäftsführung hätten die Mitarbeiter die Möglichkeit, an Tagen mit WM-Spielen freizunehmen. Vorausgesetzt natürlich, der Betrieb läuft wie gewohnt weiter und es sind noch genügend Mitarbeiter vor Ort. Das habe bisher aber immer gut funktioniert, versichert der Betriebsratsvorsitzende. Er selbst versucht, auf jeden Fall das Spiel zu verfolgen – zumindest ab der zweiten Halbzeit. Ob er rechtzeitig vor dem Fernsehgerät sitzen wird, sei aber noch ungewiss. Das könne er erst kurzfristig planen. ● Bessere Karten als Bucher haben da die Schüler des IllertalBetrieb Gymnasiums Vöhringen. Wie Schulleiter Ralf Schabel auf Nachfrage mitteilt, habe man mit den Schülern eine Absprache getroffen: Heute Nachmittag bekommen sie frei – müssen die eingebüßten Unterrichtsstunden jedoch am Abend nach der WM-Partie wieder reinholen. Dann findet am IGV ein Vortrag für die Schüler statt, den sie besuchen müssen, so Schabel. Betroffen von der Regelung seien ohnehin hauptsächlich Oberstufenschüler und Zehntklässler. „Am Mittwochnachmittag findet bei uns nicht viel Pflichtunterricht statt“, sagt er.
Und für alle, die während der WM durcharbeiten müssen: Die Ergebnisse der Spiele und vor allem, ob Deutschland es ins Achtelfinale geschafft hat, lesen Sie morgen in unserer Zeitung.
Fußball ohne Bratwurst, Bier und schwarz-rot-goldener Schminke auf den Wangen: Damit müssen sich heute Nachmittag viele Fans der deutschen Mannschaft abfinden. Denn das Spiel gegen Südkorea beginnt um 16 Uhr. Mancher sitzt da noch auf dem Gabelstapler oder lässt die Finger über die Tastatur huschen. Chefs sollten während dieser 90 Minuten nachsichtig sein.
Es ist verständlich, dass sich nicht jeder Mitarbeiter pünktlich um 15.45 Uhr in den Feierabend verabschieden kann. Manche Firmen haben genau getaktete Arbeitsabläufe und müssen Aufträge pünktlich erfüllen. Aber wenn die Fans komplett verpassen, wie sich Jogis Jungs schlagen, kann das zu Unmut führen. Und das wollen ja auch die meisten Arbeitgeber vermeiden.
Sie sollten deshalb tolerieren, wenn das Spiel im Büro über einen Fernseher flimmert. Auch, dass Mitarbeiter einen Live-Ticker im Internet oder im Radio verfolgen, sollte geduldet sein. Anders ist das bei Arbeiten, bei denen Unkonzentriertheit gefährlich werden kann.
In solchen Fällen ist es ratsam, wenn die Mitarbeiter während des Spiels eine Pause einlegen. Der positive Nebeneffekt dabei: Fußballschauen mit Kollegen kann zu mehr Zusammenhalt führen. Wie oft liegen sich Fans bei einem fulminanten Tor plötzlich in den Armen. Oder maulen gemeinsam, wenn die Flanke schon wieder daneben ging. Das schweißt zusammen. Und Firmen suchen doch „Teamplayer“.
Ein gutes Verhältnis innerhalb der Belegschaft öffnet wiederum eine dritte Möglichkeit: Kollegen helfen sich gegenseitig aus. Wen Fußball nicht die Bohne interessiert, der kann vielleicht einspringen und Aufgaben, die während des Spiels anfallen, übernehmen. Die Fußballfans könnten sich revanchieren, indem sie dem Anderen ebenfalls Arbeiten abnehmen.
So oft kommt die WM Unternehmen, Betrieben und Geschäften übringens gar nicht in die Quere: Gewinnt die deutsche Elf heute, kann nur noch das Achtelfinale auf einen Nachmittag unter der Woche fallen. Darüber kann man alle vier Jahre hinwegsehen.
Manche nehmen sich extra frei