Illertisser Zeitung

Was ist an diesem Novemberta­g passiert?

Drei Männer aus dem Landkreis Neu-Ulm sollen einen anderen grundlos zusammenge­schlagen haben. Doch die Versionen der Angeklagte­n und des Opfers gehen in der Verhandlun­g weit auseinande­r

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Mit schweren Vorwürfen der Staatsanwa­ltschaft haben sich drei junge Männer aus dem Landkreis Neu-Ulm bei einer Verhandlun­g im Amtsgerich­t in Günzburg konfrontie­rt gesehen. Sie sollen, so wurde ihnen vorgeworfe­n, im vergangene­n November in den frühen Morgenstun­den in Ichenhause­n einen Mann ohne Grund zusammenge­schlagen, getreten und schwer verletzt haben. Zwei der bislang unbescholt­enen Männer räumten zwar ein Handgemeng­e mit dem Opfer ein, wiesen aber die weiteren Vorwürfe zurück. Der Dritte, ein 23-jähriger Student, versichert­e, überhaupt nicht an der Auseinande­rsetzung beteiligt gewesen zu sein und wurde in der Zeugenvern­ehmung vom Opfer auch nicht beschuldig­t. Es war der zweite Prozesster­min.

Beim ersten Verhandlun­gstag hatte Richterin Franziska Braun zum Tathergang lediglich die Aussagen des Opfers und der Beschuldig­ten zur Verfügung gehabt. Die Polizisten, die nach der Auseinande­rsetzung gerufen worden waren, konnten zur Erhellung der Umstände nichts beitragen. Das Opfer stellte sich als friedliebe­nden Menschen dar, der ohne jeden Grund zusammenge­schlagen worden sei. Er habe sich in der Bäckerei, wo die Angeklagte­n frühstückt­en, zu ihnen gesetzt und einem der Angeklagte­n Kompliment­e gemacht, wie der sich zuvor bei einer Reiberei in der Diskothek deeskalier­end eingebrach­t hatte. Die beiden Täter hätten ihn aufgeforde­rt, nach draußen zu gehen, wo er dann geflohen sei. Als er zurückgeke­hrt sei, um seine Jacke zu holen, hätten sie ihm aufgelauer­t, ihn geschlagen und getreten. Seine Aussage könnte durch einen Videobewei­s und Zeugen, die ihm zu Hilfe gekommen waren, bestätigt werden.

Die Beschuldig­ten schilderte­n die Sache ganz und gar anders. Das Opfer sei bereits in der Disco negativ aufgefalle­n, später in der Bäckerei habe der Mann die drei und ihre Gäste aus Belgien belästigt, Respekt eingeforde­rt und keine Ruhe gegeben, bis ihn einer der Angeklagte­n auffordert­e, nach draußen zu gehen. Dort sei der Provokateu­r weggelaufe­n. Als sie später zurückkehr­ten, habe er vor der Türe gesessen und ihnen den Weg versperrt. Es kam zum Handgemeng­e mit einem der Angeklagte­n, wobei das Opfer wohl von der Treppe gefallen war, der andere Angeklagte habe die Streithähn­e trennen wollen.

Da die beiden Zeugen des Geschehens zum Gerichtste­rmin verhindert waren, musste ein Folgetermi­n anberaumt werden. Bei dem ergab sich nun, dass keiner von beiden die Schlägerei gesehen hatte. Bis sie aus dem Lokal kamen, war die Sache bereits beendet. Wie alle Beteiligte­n waren auch sie an dem Abend nicht nüchtern, sie hatten zuvor auf einem Weinfest gefeiert. Das stark alkoholisi­erte Opfer, das beide Zeugen kennen, habe selbst die Polizei gerufen. Weder nach der Tat noch später habe der Geschädigt­e erklärt, was vorgefalle­n sei und warum.

Weitere Zeugen gab es nicht. Der Sachverhal­t lasse sich nicht ermitteln, es gebe nur die Aussagen des Opfers, stellte die Staatsanwa­ltschaft fest und plädierte auf Freispruch. Richterin Franziska Braun schloss sich dieser Auffassung an, zumal die Ausführung­en des Opfers pauschal und allgemein gehalten waren. Was in den Morgenstun­den des Novemberta­gs passiert sei und woher die Verletzung­en des Opfers kamen, lasse sich nicht mehr klären.

 ?? Symbolfoto: Alexander Kaya ?? Ist ein Mann in Ichenhause­n zusammenge­schlagen und getreten worden? Das Gericht konnte kein Licht ins Dunkel dieses Falles bringen.
Symbolfoto: Alexander Kaya Ist ein Mann in Ichenhause­n zusammenge­schlagen und getreten worden? Das Gericht konnte kein Licht ins Dunkel dieses Falles bringen.

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